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Die Tochter Der Goldzeit

Die Tochter Der Goldzeit

Titel: Die Tochter Der Goldzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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meine Sache. Wenn du dafür sorgen willst, dass er danach stirbt, ist das deine Sache.«
    Sie ließ den Hauptmann stehen, folgte den Jägern mit dem Gefangenen und versorgte dessen Wunden.
    Später wusch sie sich die blutigen Hände in einer Schüssel auf der Veranda. Danach kniete sie wieder vor ihrem Fernrohr nieder. Trotz der einsetzenden Dämmerung war der Rote noch gut zu erkennen. Die Sternenkonstellation, durch die der Planet zog, verblasste bereits: das Tor des Winters. »Starke Kerle« hatte der Gnom prophezeit. Und was brachte der Rote im Tor des Winters? Einen gefesselten und zerschlagenen jungen Wilden. Unwillig schüttelte Katanja den Kopf.
    Hinter Nebelschwaden ging die Sonne auf. Katanja packte ihr Fernrohr ein und schrieb den begonnen Brief zu Ende.
    Im Wachhaus an der Palisade schrie der Gefangene. Sie versuchten ihn zum Reden zu bringen.
    Katanja fröstelte.
    Dann näherten sich Schritte auf dem Hauptsteg, und die Tür zur Veranda wurde aufgezogen. »Wir brauchen dich, Seherin.« Der Hauptmann schlug einen förmlichen Ton an. »Der Tiefländer redet nicht. Komm mit und versuche, seine Gedanken erkennen!«
    Unter den neugierigen Blicken der Dorfbewohner folgte sie ihm am Ufer entlang zur Palisade. Neben dem Tor zum Flusswald stand dort das Wachhaus, eine lange flache Hütte aus unbearbeiteten Stämmen, in der sich bei Regen die Wachen aufhielten.
    Sie bückten sich in den niedrigen Eingang. Der Anblick des Gefangenen traf Katanja wie ein Fausthieb. Sie hatten ihn kopfüber mit seinen Fußfesseln an die Decke gehängt. Er war nackt und von blutigen Striemen bedeckt. Als Katanja genauer hinsah, erkannte sie, dass an seiner rechten Hand der kleine Finger und an beiden Füßen ein paar Zehennägel fehlten. Vier Jäger standen um ihn herum, drei hielten Peitschen oder Ruten in den Händen, der vierte eine Zange.
    Zwei oder drei Atemzüge lang herrschte Stille. Die Jäger ließen Schlagwerkzeuge und Zange sinken und wichen Katanjas Blick aus. »Häng ihn ab«, sagte sie zum Hauptmann. »Und lass Öl, Wasser und Verbandszeug bringen.«
    »Er ist ein Späher der Tiefländer!« Die Miene des Hauptmanns nahm einen trotzigen Zug an. »Und die Poruzzen sind die Schlimmsten. Dieser Dreckscanide hat unser Dorf ausgespäht. Frag ihn, wie viele sie sind! Frag ihn, über welche Waffen sie verfügen!« Er beugte sich zu ihr und senkte die Stimme. »Und lies die Antworten in seinen Gedanken, wenn er nicht reden will.«
    »In seinem Geist toben Angst und Verzweiflung«, entgegnete Katanja leise. »Mehr werde ich dort nicht lesen können. Ihr müsst ihn abnehmen, wenn du mehr erfahren willst.«
    »Frag ihn, Seherin!« Die Augen des Hauptmanns verengten sich.
    Die Blicke der vier Jäger flogen zwischen Katanja und dem Hauptmann hin und her. Der von der Decke hängende Poruzze starrte Katanja an. Tränen und Blut vermischten sich und sickerten in sein langes Haar.
    »Nein.« Sie drehte sich um und machte Anstalten, die Baracke zu verlassen.
    »Warte!«, rief der Hauptmann ihr hinterher. Und dann, zähneknirschend, an die Adresse der Jäger: »Hängt ihn ab! Und besorgt Öl, frisches Wasser und Verbandszeug!«
    Die Männer gehorchten, warfen den Gequälten auf eine Strohmatte und legten ihm eine Eisenkette um den Hals, die sie an einem Wandhaken befestigten. Frauen brachten Wasser, Wundöl und Stoffstreifen. Katanja ließ sich auf dem Boden nieder und sah zu, wie sie die Wunden des Gefangenen wuschen, ölten und verbanden. Sein Körper bebte, er atmete keuchend. Unablässig starrte er sie an.
    Als die Frauen ihn versorgt hatten, schraubte Katanja einen Wassersack auf. Sie rutschte zu ihm und schob ihre Rechte unter seinen Nacken. Er war glühend heiß. Sie hob seinen Kopf an und setzte das Mundstück an seine Lippen. Er trank gierig und ließ sie auch dabei keinen Moment lang aus den Augen. Anschließend träufelte sie ihm aus einem Tonfläschchen ein paar Tropfen Weißbaumrindenextrakt auf die Zunge und gab ihm noch einmal Wasser zu trinken.
    Katanja hörte, wie der Hauptmann sich hinter ihr auf dem Boden niederließ. Sie versuchte ihn und seine Jäger zu ignorieren und sah dem jungen Tiefländer in die Augen. Sein Blick war starr und verhangen. Als sie seinen Geist berührte, schlug ihr eine Woge aus Angst, Schmerz und Wut entgegen. Sie sah einen Schwarm kleiner grauer Kolks über ein Schiff herfallen. Der Tiefländer war viel zu aufgewühlt, um einen klaren Gedanken fassen zu können.
    Katanja holte ihre Flöte aus dem

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