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Die Tochter der Konkubine

Die Tochter der Konkubine

Titel: Die Tochter der Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pai Kit Fai
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störe. Wie ich sehe, hat mein Meister, nachdem sein Ziegenjunge seinen Ansprüchen nicht genügte, eine wahre Schülerin gefunden.« Er verbeugte sich, allerdings eher herausfordernd als respektvoll, und änderte dann den Tonfall. »Ich bin gekommen, um dir zu sagen, dass das Schilfboot bald für die Seeüberquerung bereit ist, allerdings wollte ich solch eine Meisterin nicht unterbrechen.«
    Von dem bescheidenen Jungen, der am Ort klaren Wassers so überzeugende Tränen vergossen hatte, war nichts mehr zu sehen. Vor ihr stand Ah-Keung, der Energische. »Du kannst nicht allein hier bleiben, nun, da sie fort sind. Ich kann helfen, ihr Versprechen einzulösen: Ich habe auf einer Dschunke, die uns nach Macao bringt, für dich eine Koje organisiert.«
    Er warf ihr ein Bündel mit Knabenkleidung vor die Füße. »Die musst du anziehen. Es wäre unklug, auf solch einer Reise als Kirschenmädchen aufzutreten.« Er lachte unangenehm. »Du solltest mir dankbar sein, Kleiner Stern. Auf einer ohnehin schon überfüllten Dschunke einen Platz zu bekommen ist nicht einfach. Meinen habe ich schon vor Tagen gebucht, aber der Dschunkenmeister hat mir zuliebe ein Auge zugedrückt und nimmt dich auch noch mit.
    Vom Goldenen Hügel aus ist Macao nur eine Stunde entfernt. Man
kennt mich dort, wir können bei Freunden von mir unterkommen. Glaub mir, zusammen werden wir das Haus deines Vaters schon finden.« Er wandte sich zum Gehen. »Wir dürfen nur das mitnehmen, was wir wirklich brauchen. Der Fluss hat mehr Diebe als Fische.«
    Sie folgte ihm über den Hang und bemerkte unwillkürlich den seltsamen Schwung seines Schrittes, als wäre ein Fuß ein wenig schwerer als der andere, wodurch ein leichtes Ungleichgewicht entstand. In diesem kurzem Augenblick ging ihr auf, dass sie ihn mit dem Auge einer Kriegerin betrachtete, die bei einem Gegner eine Schwachstelle suchte.
    In der Hütte trat Ah-Keung mit der Schuhspitze gegen die schwere Holztruhe unter dem Bett des Meisters. »Dir hat er das Geheimnis der Schlösser doch sicher erklärt. Wir müssen sie aufmachen und alles Silber mitnehmen, das wir finden können.« Als sie zögerte, grinste er über ihre Einfalt. »Hast du etwa geglaubt, diese Reise wäre ein Geschenk und du müsstest dem Dschunkenmeister für eine Woche auf dem Fluss nach Shanghai und fast zwei auf dem offenen Meer nach Macao nichts zahlen? Du bist zu behütet aufgewachsen, mein Kleiner Stern. Die Welt jenseits der Berge nimmt alles und gibt nichts. Damit musst du rechnen.«
    »In der Truhe ist kein Silber, nur Bücher und Papiere, die für einen Dschunkenmeister wertlos sind.«
    Ah-Keung machte eine hilflose Geste, ohne ärgerlich zu werden. »Dann muss ich ohne dich aufbrechen und meine Überfahrt abarbeiten. Das Boot setzt demnächst über den See, und die Dschunke fährt um zwölf Uhr mittags ab.« Er wandte sich zum Gehen.
    »Dann bleib halt allein hier zurück und schau zu, wie die Schilfschneider sich über die Truhe, die Kräuter und alles, was sie sonst noch finden, hermachen. Sie halten diesen Ort für schlecht und dich für eine Dämonin. Nun, da er fort ist, werden sie diese Hütte mit dir darin verbrennen.«
    Da sie nicht daran zweifelte, dass er recht hatte, zog sie die Truhe unter dem Bett hervor, drehte die Metallstifte, bis sich das Schloss öffnete, hob dann den Deckel und nahm das perlenbesetzte Tragetuch
heraus. »Siehst du … da sind ein paar kleine, wertlose Dinge, die dem Alten gehört haben, und die Worte und Bilder des Meisters.«
    »Und was steckt in dem hübschen Beutel?«
    Sie zeigte ihm die beiden in Seide gebundenen Bücher. »Kleine Dinge, die mir meine Mutter hinterlassen hat und die nur für mich einen Wert haben.«
    Er kramte in dem Beutel, entdeckte den Bambusbehälter, hielt ihn sich ans Ohr und schüttelte ihn. »Was ist das?«
    »Nur ein Behälter für Pinsel und Tuschesteine.«
    Ah-Keung warf den Beutel wieder zurück und nahm die Fotografie in die Hand. »Und der Bilderrahmen? Ist der nicht aus Silber?« Sie nahm die Fotografie ohne Murren aus dem Rahmen. Wenn sie dadurch ihre Reise beginnen und ihn von den Schriftrollen ablenken konnte, war es ihr recht. Hätte er lesen können, hätte er ihren wahren Wert vielleicht erkannt.
    Als er fort war, nahm sie den Behälter, packte ihn gut ein und versteckte ihn sorgfältig ganz unten in ihrer Tasche.

    Nicht an große Menschenmengen und die unsauberen Angewohnheiten zu vieler Leute auf zu engem Raum gewöhnt, suchte Siu-Sing nach einem

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