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Die Tochter der Konkubine

Die Tochter der Konkubine

Titel: Die Tochter der Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pai Kit Fai
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namens Holzapfel mit ruhigen Augen, in denen von wundersamen Dingen zu lesen war, die nur ihr bekannt waren.
    »Beifuß und Erdnuss sind Zwillinge und so lebhaft wie Grillen. Zusammen sind sie stark wie ein Ochse, doch ihre Herzen sind sogar noch stärker.« Die Zwillinge waren vielleicht neun oder zehn Jahre alt, eine so kräftig wie die andere. Sie bewegten sich, als seien sie eins, nahmen Li-Xia fest bei der Hand.
    »Kleiner Kiesel ist uns allen Mutter und Vater, Schwester und Bruder. Dir wird sie das alles ebenfalls sein«, meinte Beifuß mit ernsthafter Miene.
    »Wir sind also eine Familie, und die Mondfrau ist unsere Mutter«, sagte Kiesel lächelnd. »Und nun verstaue deine Sachen, verschließe deine Kiste und verstecke den Schlüssel, und dann essen wir.«
    Wie durch Zauberhand erschienen Schüsseln. Aus einem Eimer
mit Deckel befüllte Kiesel jede davon mit Klebreis und fügte einen genau bemessenen Streifen Salzfisch oder gebratenen Aal und ein bisschen Kohl dazu.
    »Holzapfel, wenn du satt bist, leg dich schlafen. Wir waschen uns vor dem Morgengrauen im Fluss und essen im Speisehaus, noch ehe Sonnenlicht auf die Weiden fällt. Dafür müssen wir die Ersten sein. Das Geheimnis unseres Überlebens liegt darin, in allen Dingen die Ersten zu sein - als Erste aufzustehen, als Erste zu baden, als Erste zu essen, als Erste bei den Hainen zu sein, als Erste unsere Körbe zu füllen, als Erste im Speisehaus zu sein und als Erste zu schlafen. Vielleicht geht es in der Welt da draußen auch so zu, aber sicher bin ich mir nicht, denn die kenne ich nicht.«
    Einen Augenblick lang aßen sie schweigend, hungrig auf den salzigen Reis, schaufelten geräuschvoll mit geschäftigen Stäbchen aus den Schüsseln, die sie sich dicht unters Kinn hielten.
    »Es gibt noch einen Grund, sich als Erste die Körbe auszusuchen«, meinte Kiesel. »Denn dann fahren wir auf dem Eselskarren unseres Freundes Riese Yun mit, wo andere zu Fuß gehen müssen. Wir tun so, als wäre er der goldene Palankin der Kaiserin und wir wären ihre Kinder, die zu den Palastgärten kutschiert würden, um Lychees zu pflücken und auf dem Drachen zu reiten.«
    Sie tat, als sei ihr Essstäbchen eine Pfeife, paffte mit großem Genuss eingebildeten Rauch und grinste angesichts von Li-Xias Unsicherheit.
    »Keine Bange, Holzapfel, wir sind ja bei dir. Riese Yun ist stark wie ein Ochse und fast so hässlich, doch sein Herz ist so leicht wie ein Seidenraupenkokon und so sanft wie der Kuss einer Mutter«, sagte Kiesel voller Hochachtung, ehe sie den restlichen Reis hinunterschluckte und sich dann jedes Reiskorn von den Lippen leckte.
    »Erzähl ihr die Geschichte von Riese Yun«, sagte Knoblauch und legte sich zurück, um zuzuhören. »Ja, ja, die Geschichte von Yun«, fielen die anderen ein.
    Das muss ja eine sehr gute Geschichte sein , sagte Li-Xia ihrem Herzen, sie haben sie schon viele Male gehört .

    »Die Geschichte ist wahr.« Schildkröte nickte voller Hochachtung. Sie bildeten einen Kreis, saßen, lagen, knieten. Kiesel sprang mit Kriegerinnenmiene in die Mitte.
    »Yun-Yinh-Chi war einst ein großer Tempelboxer, manche sagen, der größte in ganz China. Mit einem einzigen Schlag seiner Eisenhand konnte er einen angreifenden Bullen oder ein galoppierendes Pferd niederstrecken.
    Aus jeder Provinz kamen Herausforderer herbei, aber niemand konnte ihn besiegen. Kriegsherren und ihre besten Krieger mit glänzenden Schwertern und mit Stahlspitzen versehenen Lanzen auf gepanzerten Kriegspferden … aber Riese Yun streckte sie alle mir nichts, dir nichts nieder. Ein Kriegsherr kam und bot Yun sein Gewicht in wertvoller Jade an, wenn er Champion würde und der kaiserlichen Garde seine kriegerischen Fertigkeiten beibrächte. Aber Yun war immer so frei wie eine Blaumeise in hohem Bambus, hatte sich treiben lassen, wohin die vier Winde ihn tragen mochten. Er war nicht auf die Welt gekommen, um Befehle auszuführen, und verschwand in eine ferne Provinz … doch die Soldaten, die ihm folgten, waren selbst für ihn zu viel. Es heißt, er habe hundert Mann getötet, ehe sie ihn mit einem Netz einfangen konnten. Sie hackten ihm die Hände ab, damit er für niemanden mehr kämpfen konnte.«
    Sie warf die Hände hoch, ließ sie mit Wucht wieder hinunterfallen und blickte, wie eine Geschichtenerzählerin es tut, in die Runde, während die mung-cha-cha nickten, ihre Zustimmung murmelten.
    »Daher setzte er den Zauber seines Chi ein, um die Kraft in die Füße zu leiten. Seine

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