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Die Tochter der Konkubine

Die Tochter der Konkubine

Titel: Die Tochter der Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pai Kit Fai
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Kiesel wischte sich mit einer Hand über die Nase, ihre lebhaften Augen blinzelten in den letzten goldenen Sonnenstrahlen, während die Sonne langsam in den Fluss glitt. In diesem Augenblick sah sie wie eine Kriegerkönigin aus, fand Li-Xia.
    »Aber meine O-Beine sagen, sie war eine Hakka, die mich vermutlich so mühelos in einen Graben hat fallen lassen, wie eine Büffelkuh ihr Kalb fallen lässt, und mich dann auf ihrer Hüfte zum Reisfeld getragen hat. Diese Beine tun ihren Dienst doch gut, findest du nicht?« Sie hielt einen ihrer sonderbar platten Füße mit erstaunlichem Gleichgewichtsvermögen hoch. Li-Xia sah, dass
die Sohle dick und schwielig wie das Knie einer uralten Ziege war. Kiesel trat fest damit auf und verursachte eine Staubwolke. »Und diese feinen Füße verspüren keine Schmerzen mehr und sind kräftiger als ein Stiefel.«
    Sie grinste noch breiter, und ihr schaukelnder Gang verwandelte sich in Hüpfen.
    »In meinem Herzen wurde ich als Tänzerin und Opernstar geboren.« Sie nahm eine theatralische Pose ein und tremolierte einen hohen Ton. »Aber wen scheren die Träume einer mui-mui schon? Wer weiß, woher wir kommen, und wen kümmert es, wohin wir gehen? Wir haben keinen Namen außer dem, den wir uns geben. Ich habe mich Kleiner Kiesel getauft, weil ein Diamant zunächst mal auch nur ein Kiesel von vielen ist. Er liegt tief vergraben in der Erde und wartet darauf, gefunden und zum Glänzen gebracht zu werden wie der hellste Stern. Er muss nicht groß sein, um von hohem Wert zu sein.«
    Sie lachte, ein sorgloses Glucksen, das zu ihrem verschmitzten Grinsen passte. »Siehst du? Das ist mein ›Kiesel-die-Tänzerin-Gesicht‹.« Schlagartig war das Lächeln verschwunden und hatte einer Grimmigkeit Platz gemacht, die an ihren Mundwinkeln zog und ihr Kinn vorstreckte, der Blick wurde unfreundlich. »Und das ist mein ›Kiesel-die-Kriegerin-Gesicht‹.« Angesichts Li-Xias Verwirrung brach sie in Gelächter aus. »Ich mag dich, Schöne. Ich sehe in deine Augen. Du hast ein gutes Herz und ein starkes noch dazu; es enthält bereits viele Geheimnisse. Aber niemand besitzt ein Herz, das mehr Geheimnisse enthält als Kleiner Kiesel.« Sie klopfte mit dicklichen Fingern auf ihre Brust. »Ich platze vor Geheimnissen. Sie sind alles, was ich habe, folglich kann ich sie nicht teilen oder hergeben oder sie mir von jemandem stehlen lassen. Vielleicht kommen wir eines Tages ins Geschäft, eines von deinen gegen eines von meinen, so dass unsere Herzen nie leer sein werden.«
    Die Aufseherin drehte sich unvermittelt auf den Zehen eines Fußes um, als würde ihr das beim Denken helfen. »Aber zuerst müssen wir dir einen mui-mui -Namen geben. Wir werden dich Holzapfel
nennen, der gut genug aussieht, dass man ihn essen möchte, aber sauer schmeckt.« Sie näherten sich einem Wassertrog, an dem Ziegen getränkt wurden. »Ja, ich mag dich, Holzapfel … du hast keine Angst. Ich kann Angst genauso sicher riechen wie Salzfisch von den vor Anker liegenden Schiffen, wenn der Wind landeinwärts bläst. Lass sie doch denken, du wärst eine Fuchsfee, wie die schwarze Krähe sagt. Wenn sie sich nicht sicher über deine Kräfte sind, bringt dir das Respekt ein.«
    Sie ließen die Spinnerei und ihr geordnetes Gelände hinter sich, durchschritten einen mit Geißblatt bewachsenen Torbogen und näherten sich dem ältesten und prächtigsten Bestand an Weiden entlang des Flussufers. Unter schimmernden grünen Blattvorhängen standen in ihren Schatten gemütlich in einer Reihe vier marode, windschiefe Hütten aus gewobenen Matten, die an krummen Bambusrahmen befestigt waren.
    »Diese Weiden haben vielen Stürmen getrotzt. Sie neigen sich im Wind, egal, wie stürmisch er ist, brechen aber nie. Wenn die Eiche entwurzelt wird und die Zweige des Tungbaums zerbrochen und zu Boden geworfen werden, steht die Weide immer noch. Sie verdankt ihr Leben dem Fluss.« Sie legte Li-Xia beschützend den Arm um die Schulter. »Du bist immer noch ein Baby, aber ich glaube, du hast schon gelernt, wie eine Weide zu sein.«

5. KAPITEL
    Die Familie Mung-cha-cha
    Sie betraten die erste der strohgedeckten, zu den Seiten hin offenen Hütten, und Kiesel ging an Reihen von Betten vorbei. Am Fuß jedes Bettes stand eine Rattankiste, und darüber hingen von einem wilden Kreuzundquer zerrissene Moskitonetze an Bambusbalken herab. In einer der hinteren Ecken, wo sechs Betten nebeneinander standen und die Mattenwände mit Muscheln und Sträußen von Trockenblumen

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