Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tochter der Konkubine

Die Tochter der Konkubine

Titel: Die Tochter der Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pai Kit Fai
Vom Netzwerk:
willkommen.«
    »Dann darf sie gerne im kaiserlichen Palankin mitfahren, und ich stehe ihr zu Diensten.«
    Vor dem Schuppen standen Stapel geflochtener Körbe und dazu Tragestangen aus Bambus. Kiesel wählte zwei Körbe und eine Stange aus und warf sie Li-Xia zu.
    »Such dir immer die leichtesten Körbe und die älteste Stange aus, eine, die sich wie eine Weidenrute biegt und leicht auf der Schulter liegt. Wirf sie in den Karren und steig ein. Heute haben die Seidenwürmer Hunger.«
    Die ersten kräftigen Sonnenstrahlen fielen auf Riese Yuns breite Schultern, als er, mit Lederriemen an die Deichsel geschirrt, den gewundenen Pfad entlangtrottete.
    Es dauerte nur kurz, bis sie die Maulbeerbäume erreichten, aber für Li-Xia war es eine magische Reise, die sie immer höher brachte, bis sie auf den Fluss und die endlose Welt jenseits davon hinunterblicken konnte. Sie betraten einen Hain, in dem Bambusleitern in belaubte Zweige führten, die mit Kokons bedeckt waren, so dicht beieinander wie Schneeflocken auf einem Winterast.
    »Willkommen in den Gärten der Seidenraupe. Folge uns und mach uns alles nach. Als Erstes füllen wir unsere Körbe. Wenn sie voll sind, entleeren wir sie in den Karren, und Yun fährt es dann hinunter. Er fährt ein Dutzend Ladungen, ehe er in seine Hütte zurückkehrt und sich einen Aal oder einen Katzenfisch zum Abendessen fängt.«
    Von diesem Augenblick an - als die mui-mui wie eine Schar zwitschernder Vögel auf dem Hügel ankamen, ins vom frühen
Licht frisch gefegte Tal hinunterblickten und Körbe von ihren Schultern schwangen - erfreute Li-Xia sich an ihrem ersten Stück reinen Goldes.

    Am Eingang zu jeder der vier Hütten stand ein Schrein zu Ehren Tu-Tis, des Erdgottes, der über Zehn Weiden wachte. Jedes Gut hatte seinen eigenen Erdgott, und der Tu-Ti verlangte einen kleinen Schrein mit einem Altar, auf dem die fünf Kultgegenstände korrekt angeordnet sein mussten: zwei Blumenvasen, zwei Kerzenständer und eine Kohlenpfanne, in der Gold - und Silberpapier verbrannt wurde. Im Gegenzug wohnte die Gottheit allen wichtigen Ereignissen bei, von Geburten über Hochzeiten bis zu Beerdigungen, Geburtstagen und Festen.
    Aus Lehmziegeln gebaut und nur so groß wie eine Hundehütte, damit der heilige Ort besser vor Eindringlingen geschützt war, beherbergte der Schrein das Tonbild von Tu-Ti, der, so glaubte man, allen Klatsch hörte und bei jeglichem Anzeichen von Uneinigkeit ein furchtbares Gericht hielt. Jeden Morgen wurden die Blumen erneuert und ein Räucherstäbchen angezündet, um den Wohlstand Zehn Weidens und seines großzügigen Herrn zu erhalten; die Kokons zu segnen, so dass ihre Zahl ebenso groß war wie die der Sterne am Sommerhimmel und der Schneeflocken auf einem Winterast; und für gutes Gedeihen der Seidenraupen durch die ehrliche Arbeit und Dankbarkeit der mui-mui zu beten.
    Die Schweine und Ziegen wurden hinter den Hütten in Verschlägen gehalten, und ein Pfad führte durch Reihen von Kohl, Melonen und Rettich. Ein Stück weiter des Wegs hatte man eine Grube für Abfall und Jauche gegraben - ein abstoßender Ort, an dem Hunde nach Essbarem herumstöberten und dem sich nur die larn-jai näherten.
    In der Mitte dieses behelfsmäßigen Lagers stand ein dicker Pfahl, an dem ein eisernes Dreieck befestigt war, darunter ein Paar rostiger Fußschellen. Hier, so wurde Li-Xia erklärt, wurden die Bestrafungen durchgeführt. Daneben breitete ein riesiger Ginkgobaum
seine alten Äste aus. Seine Zweige warfen einen beständigen Schatten, und er wurde als Geistbaum verehrt. An seinen Ästen flatterten Papiergebete, in denen Straftaten beschrieben und um Vergebung und Gnade gebeten wurde, verfasst von jenen, die den Schrecken und die Demütigung der Ringe durchgemacht hatten.

    Tage wurden zu Wochen und Wochen zu Monaten. Mit Hilfe und unter Leitung von Kleinem Kiesel und ihrer neu gefundenen Familie hatte Li-Xia ihren Platz in dem baufälligen Heim der mui-mui gefunden. Ihre Körbe füllte sie so schnell mit Kokons wie jede andere. Und nach der Arbeit schloss sie sich ihren Schwestern an und fing mit gezwirbelten Seidensträngen und einem Fischgrätenhaken Aale, um sie dann in einem Topf mit Kräutern und Wildpilzen zu dünsten. Sie lernte, wie man aus dem Kopfknochen eines Katzenwelses einen Kamm fertigte und wo man in den Binsen Entennester fand und entlang des Flussufers, das über und über mit leuchtend orangefarbener und gelber Kapuzinerkresse bewachsen war, Frösche

Weitere Kostenlose Bücher