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Die Tochter Der Midgardschlange: Die Asgard-Saga

Titel: Die Tochter Der Midgardschlange: Die Asgard-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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fast unmöglich lang erscheinenden Zöpfen von hellblonder Farbe eingerahmt. Außerdem war es jetzt sauber gewaschen. Katharina erkannte es trotzdem sofort. Als sie das letzte Mal in diese großen Augen gesehen hatte, waren sie von schierer Todesangst erfüllt gewesen; jetzt blickten sie nur sehr aufmerksam und fast freundlich.
    Die hellblonden Brauen darüber zogen sich zu einem steilen »V« zusammen.
    »Du?«, murmelte sie. »Du bist …«
    Eine innere Stimme riet ihr, lieber still zu sein, und sie schluckte den Rest dessen, was sie hatte sagen wollen, herunter. Oder versuchte es wenigstens.
    »Ein was?«, fragte der Bursche. Er klang irgendwie … lauernd.
    »Ein Mensch«, antwortete Katharina unbehaglich.
    »Stört dich etwas daran?«, fragte er weiter.
    »Nein«, erwiderte sie hastig. »Es ist nur … ähm … also wenn ich das gewusst hätte …«
    »Hättest du mich fallen lassen?«, fragte er. Seine Stimme war deutlich spröder geworden.
    »Natürlich nicht«, versicherte sie rasch. »Es ist nur … also ich … ich meine, es tut mir leid, dass ich dich geschlagen habe.«
    »Ja, das war nicht sehr nett«, bestätigte der Junge. Er konnte kaum älter sein als sie selbst, dachte Katharina. Seine Stimme klang jetzt leicht spöttisch. »Was machen deine Rippen?«
    Dasselbe wie ihr Kopf: Jetzt, wo der Junge sie darauf angesprochen hatte, spürte sie die unsichtbare Messerklinge wieder, die sich langsam in ihre Seite bohrte.
    »Es geht«, antwortete sie gepresst.
    »Das freut mich«, sagte er. »Ich wäre wirklich untröstlich, wenn ich meinem Lebensretter wehgetan hätte.«
    »So schlimm war es nun auch wieder –«, begann Katharina, fuhr dann mit einem Ruck herum und konnte sich gerade noch im allerletzten Moment über die niedrige Bordwand beugen, bevor sie nicht nur das gerade erst getrunkene Wasser, sondern auch noch den Rest ihres Mageninhalts von sich gab.
    »Du bist nicht besonders seefest, wie?«, feixte der Bursche.
    Katharina hätte ihm gerne entsprechend geantwortet, aber sie war voll und ganz damit beschäftigt, bittere Galle ins Wasser zu spucken. Es lag nicht daran, dass sie zu gierig oder zu viel getrunken hatte. Ihr Magen war längst leer, aber die Welt drehte sich immer noch wie wild um sie herum, und dazu schwankte sie in Richtungen, von denen sie noch gar nicht gewusst hatte, dass es sie gab.
    »Mach dir keine Sorgen«, sagte ihr Wohltäter. »Das ist nur am Anfang so schlimm.«
    »Ach?«, würgte Katharina. Mehr brachte sie nicht heraus.
    »Ganz bestimmt«, versicherte er. »Später wird es schlimmer.«
    Ja, das war witzig, dachte Katharina. Ihr war viel zu übel, als dass sie wirklich zornig werden konnte, aber sie hatte das Gefühl, es eigentlich werden zu sollen. Später. Vielleicht hatte sie doch einen schlechten Tausch gemacht und sollte sich lieber wünschen, im Fegefeuer aufgewacht zu sein.
    »Nein, jetzt ernsthaft: Das vergeht. Du wirst sehen. In ein paar Stunden fühlst du dich bestimmt wieder besser. Die meisten gewöhnen sich schnell daran.«
    Diesmal brachte sie immerhin zwei Worte heraus. »Die meisten?«
    Das Feixen auf dem schmalen Gesicht wurde schon geradezu dreist. »Nicht alle«, bestätigte er. Aber da war auch eine Spur von echtem Mitgefühl hinter dem spöttischen Glitzern in seinen Augen.
    Wenigstens redete sie sich das ein.
    Ihr Magen malträtierte sie noch eine geraume Weile, aber irgendwann war einfach nichts mehr darin, was sie von sich geben konnte, und sie ließ sich erschöpft zurücksinken und lehnte Hinterkopf und Schultern gegen das raue Holz der Bordwand. Es wurde noch nicht wirklich besser, denn das Schiff schwankte und zitterte unter ihr, als würde es vom Sturm gebeutelt. Dabei war der Himmel vollkommen wolkenlos und klar, und das rot und weiß gestreifte Segel über ihren Köpfen hing schlaff von der Rahe.
    »Bleib hier sitzen«, sagte der Junge. »Ich bin gleich zurück.«
    Katharina hatte nichts anderes angenommen. Das Schiff war groß – für ein Schiff –, maß aber dennoch nicht viel mehr als dreißig Schritte in der Länge und kaum fünf oder sechs in der Breite. Entsprechend groß war das Gedränge, das an Bord herrschte. Sie vermochte nicht einmal zu schätzen, wie viele Männer es waren, aber Graf Pardevilles Vermutung war wohl eher vorsichtig gewesen; und dazu kann, dass die Männer immer noch eine gewisse Ähnlichkeit mit Dämonen hatten; oder auch Bären, in diesem Punkt war sie noch nicht ganz schlüssig. Sie schienen ausnahmslos

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