Die Tochter der Wälder
oder meine Schwester zu verteidigen oder meinen Brüdern in Zeiten der Gefahr zu helfen. Aber erspare mir deine Kriege. Ich will nichts damit zu tun haben.«
Vater konnte es nicht glauben – noch war er zu verblüfft, um wütend zu werden, aber seine Augen waren wie Gletscher. Was immer er erwartet hatte, es war ganz bestimmt nicht diese Art von Konfrontation. Liam setzte abermals dazu an, etwas zu sagen, aber Vater brachte ihn mit einem wilden Blick zum Schweigen.
»Erzähl uns mehr davon«, lud er Finbar höflich ein, wie ein Raubtier, das seine Mahlzeit in eine honigversüßte Falle lockt. »Kann es sein, dass du dir der Bedrohung für unser Land, ja unser ganzes Leben hier so wenig bewusst bist? Man hat dich von alle diesen Angelegenheiten unterrichtet – du hast gesehen, wie meine Männer blutend aus dem Kampf zurückkehrten, hast gesehen, welchen Schaden diese Briten an Leben und Land anrichten. Deine eigenen Brüder halten es für ehrenhaft, neben ihrem Vater zu kämpfen, damit ihr anderen Frieden und Wohlstand genießen könnt. Sie setzen ihr Leben aufs Spiel, um unsere kostbaren Inseln wiederzuerlangen, die unserem Volk von diesen Banden entrissen wurden. Hast du so wenig Vertrauen in ihre Urteilskraft? Wo hast du diesen absurden Unsinn gehört?«
»Ich habe es mit eigenen Augen gesehen«, erklärte Finbar schlicht. »Während du Jahr um Jahr damit zubringst, diesen eingebildeten Feind zu Land und zu Wasser zu verfolgen, werden die Dorfbewohner krank und sterben, und es gibt keinen Herrn, an den sie sich um Hilfe wenden können. Die Skrupellosen beuten die Schwachen aus. Ernten werden schlecht gelagert, Vieh vernachlässigt. Der Wald bewacht uns. Das ist gut so, denn du hättest ansonsten längst Heim und Menschen an die Finnghaill verloren.«
Vater holte tief Luft. Seine Männer traten einen Schritt oder zwei zurück. »Fahr bitte fort«, sagte er mit vollkommen ausdrucksloser Stimme. »Ich sehe, dass du ein Experte für das Thema Nordmänner bist.«
»Vielleicht …«, sagte Liam.
»Still!« Diesmal war es ein Brüllen, das Liam beinahe schon aufhielt, bevor er auch nur dieses eine Wort geäußert hatte. »Das hier ist zwischen deinem Bruder und mir. Heraus damit, Junge! Welche anderen Aspekte meiner Verwaltung hast du in deiner großen Weisheit beklagenswert gefunden? Sprich ganz offen, nachdem du schon einmal damit begonnen hast.«
»Genügt das nicht?«
Ich bemerkte endlich einen Hauch von Unsicherheit in Finbars Stimme. Immerhin war er noch ein Junge.
»Dir ist die Verfolgung eines weit entfernten Feindes wichtiger, als dein eigenes Haus in Ordnung zu halten. Du sprichst von den Briten, als wären sie Ungeheuer. Sind es denn nicht Menschen wie wir?«
»Du kannst ein solches Volk kaum mit dem Ehrentitel Mensch würdigen«, erklärte unser Vater, endlich zu einer direkten Antwort veranlasst. Seine Stimme war rau von wachsendem Zorn. »Sie kommen mit böser Absicht und reißen in barbarischer Weise das an sich, was von Rechts wegen uns gehört. Möchtest du etwa sehen müssen, wie deine Schwester ihrem wilden Treiben ausgesetzt ist? Willst du, dass dein Zuhause von ihrem Schmutz überzogen wird? Deine Argumente zeigen nur, dass du die Tatsachen nicht kennst und dass du betrübliche Lücken in deiner Bildung hast. Was nützt dir deine schöne Philosophie, wenn du deinem Feind mit dem bloßen Schwert in der Hand gegenüberstehst? Wach auf, Junge. Da draußen ist eine wirkliche Welt, und die Briten haben das Blut unseres Volks an ihren Händen. Es ist meine Pflicht ebenso wie deine, Rache zu nehmen und wiederzubeanspruchen, was von Rechts wegen uns gehört.«
Finbar hatte Vater die ganze Zeit über weiterhin angesehen.
»Ich bin mir dieser Dinge bewusst«, sagte er immer noch ruhig. »Pikten und Wikinger haben uns angegriffen. Sie haben ihr Zeichen in unserem Geist hinterlassen, obwohl sie uns nicht zerstören konnten. Das erkenne ich an. Aber die Briten haben ebenfalls Land und Leben bei diesen Überfällen verloren. Wir verstehen nicht ganz, was sie damit bezwecken, unsere Inseln zu erobern und diese Fehde am Leben zu erhalten. Vielleicht sollten wir uns lieber mit ihnen gegen unsere gemeinsamen Feinde verbünden. Aber nein: deine Strategie wie die ihre besteht darin, zu töten und zu verstümmeln und nie nach Antworten zu suchen. Im Laufe der Zeit wirst du deine Söhne verlieren, wie du deine Brüder verloren hast, in blinder Verfolgung eines schlecht umrissenen Ziels. Um diesen Krieg zu
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