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Die Tochter des Königs

Titel: Die Tochter des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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Götter, und obendrein Götter, die zumeist im Zorn angerufen wurden. Eigon hatte diesen Ort nicht gefunden, ebenso wenig wie die sterblichen Überreste ihres kleinen Bruders. Das war einer der Gründe, weshalb sie nicht in Frieden ruhen konnte.
    Und was war mit Gwladys? Hatte sie seinen Leichnam gefunden? Musste das kleine Mädchen auch noch mit diesem Trauma zurechtkommen? Mit geschlossenen Augen wartete er, dass sich die Bilder einstellten. Nein, sie hatte gesucht, aber dann war sie fortgegangen. Warum? Dann sah er es. Jemand anderes hatte sie gefunden. Sie führten sie fort von dem letzten Ort, an dem sie ihre Mutter und ihren Bruder und ihre Schwester gesehen hatte. Diese Person, wer immer es war, hatte sie in die Berge des Nordens gebracht, in die Länder der Ordovicer, und die hatten sie bei sich aufgenommen, hatten ihre Fähigkeiten bemerkt und sie benutzt, hatten ihren Zorn und ihre Bitterkeit zu ihren eigenen Zwecken genährt. Meryn blieb reglos stehen, die Hände auf die Felsen gelegt. Diese Felsen waren tief im Herzen des Landes verwurzelt, sie dienten als Verbindung zur Geschichte, zu allen Träumen, zu den alten und den neuen Göttern. Vorsichtig tastete er sich vor. War Gwladys der Schlüssel zu diesem Geheimnis? Dieses Kind, das auf den Pfad des Bösen geleitet worden war? Nicht Eigon, nicht einmal Titus, sondern Gwladys, die jüngste Tochter Caradocs?
    Hinter sich hörte er ein Kichern. Er spitzte die Ohren, drehte sich aber nicht um.

    Spielst du mit mir?
    »Welches Spiel willst du denn spielen, Gwladys?« Er hielt sich an den Steinen fest und achtete darauf, dass sein Kopf leer blieb.
    Glads. Ich heiße Glads. Eigon hat mich Glads genannt!
    »Dann nenne ich dich auch Glads. Das ist viel hübscher.« Er sprach sehr leise. »Wo ist deine Schwester? Weißt du das?«
    Sie ist weggegangen. Sie hatte keine Lust mehr zu spielen.
    »Aber sie ist zurückgekommen. Sobald sie konnte, ist sie zurückgekommen, um nach dir zu suchen. Sie hat dich nie vergessen, Glads. Sie hat dich immer in ihre Gebete eingeschlossen.« Er zögerte kurz. »Wie die andere Frau, Jess. Sie versucht so sehr, dir zu helfen, Glads. Weißt du, wo sie ist?«
    Sie will mit mir spielen!
    »Und ich auch, Glads. Aber wir wollen alle zusammen spielen. Zeigst du mir, wo sie ist?«
    Spielst du mit mir?
    »Ja, aber zuerst möchte ich Jess finden.« Er sprach weiter mit ruhiger Stimme und widerstand dem Drang, sich umzudrehen. Er spürte, dass sie sich näherte. »Was sollen wir denn spielen, Glads?«
    Sein sechster Sinn leistete ihm gute Dienste. Im letzten Moment wirbelte er herum. Sie stand direkt hinter ihm, eine große, gertenschlanke Frau, durchsichtig wie Wasser, und in der Hand hielt sie ein Messer. Während sie damit zustieß, duckte er sich zur Seite, und es landete in dem Stein, vor dem er gestanden hatte. Sowohl der Stein als auch das Messer schienen weich wie Butter.
    »Genug!«, fuhr er sie an. »Im Namen der Götter, die dir heilig sind, lass ab von diesem Irrsinn. Willst du deine Familie
finden oder nicht?« Zu seiner eigenen Überraschung stand sie immer noch vor ihm. »Weißt du, was du getan hast? Du hast das Grab deines kleinen Bruders entweiht!«
    Einen Moment herrschte entsetzte Stille, er sah Überraschung und Kummer auf ihrem weißen, makellosen Gesicht, dann verblasste sie. Innerhalb weniger Sekunden war sie fort.
    »Verdammt!« Jetzt hatte er seine Möglichkeit vertan, von ihr herauszufinden, wo Jess war. Er war sich ziemlich sicher, dass sie es wusste.
    »Also gut, Marcia!« Er drehte sich wieder zum Felsen. »Jetzt sehen wir doch mal, ob du so gut bist, wie du glaubst. Du hast hier keine persönlichen Interessen, oder doch?« Er sprach laut und merkte sofort, dass sie von irgendwoher zuhörte. »Und ich wette, du würdest Titus gerne leiden sehen. Hat er dich übertölpelt? Hat er dich verachtet, obwohl er dich um Rat bat?« Sein Zorn trübte seine Klarheit nicht, im Gegenteil, er verlieh ihr noch mehr Schärfe. Jetzt sah er sie, diese Seherin aus dem antiken Rom, ihre hellen, intelligenten Augen funkelten vor Belustigung. Eine ältere Frau, selbstbewusst ob ihrer Fähigkeiten, das Haar unter dem Schleier war weiß, aber ihre Haut war ebenso makellos wie die eines Kindes. Sie beobachtete alles von ihrem Stadthaus hinter dem Tempel der Vesta aus. »Spielt mit ihm, solange Ihr wollt, Herrin«, sagte Meryn langsam. »In diesen Hügeln ist Böses, von dem sie gereinigt werden müssen. Es kommt vom Blut der Schlacht und von

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