Die Tochter des Königs
riesigen, in Blätter gewickelten Käselaib, den er auf dem Markt gekauft hatte, während sie schließlich doch noch die für Eigon richtige Richtung einschlugen.
Erst am späten Nachmittag gelangte sie zu dem Treffpunkt, an dem Commios und Drusilla so lange vergeblich auf sie gewartet hatten. Sie waren schon längst fort, hatten aber in der Villa bei einem Sklaven eine Nachricht für sie hinterlassen, falls sie doch noch auftauchen sollte. Der Sklave erkannte Eigon anhand der Beschreibung sofort und zeigte ihr ein Wachstäfelchen, auf das Commios etwas geschrieben hatte. Zunächst machte ihr Herz einen Satz vor Freude über die Nachricht, dass beide tatsächlich frei waren, doch beim Weiterlesen wurde ihr bang. Sie wollten ihrem ursprünglichen Plan folgen und nach Westen Richtung Venta Silurum gehen. Beim Lesen berührte Eigon die Tafel kurz mit der Fingerspitze. Die Botschaft war mit dem Zeichen des Fisches unterzeichnet.
Die beiden waren ohne sie aufgebrochen. Sie sagten weder, welcher Straße sie folgen wollten, noch welche Städte an ihrer Route lagen. Der Sklave beobachtete sie schweigend. »Die haben dich verlassen, was?«, sagte er nach einer Weile und lächelte wehmütig.
Sie nickte. »Sie müssen die Hoffnung aufgegeben haben, mich je wiederzusehen.«
»Und was machst du jetzt?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Ich muss ihnen folgen, aber ich habe kein Geld.«
Er deutete mit dem Kopf auf das Täfelchen, das sie in der Hand hielt. »Das Fischzeichen kenne ich.« Er schaute zu ihr. »Ich kenne jemanden, der dir wahrscheinlich helfen kann.«
Erstaunt schaute sie zu ihm auf. »Wer?«
Er warf einen prüfenden Blick über die Schulter, ob ihnen auch niemand zuhörte. »Er wohnt im Wald, am Fuß der Downs. Das ist nicht weit von hier. Ich bitte einen Träger, dich zu dem Meilenstein mitzunehmen, wo die Leute manchmal Lebensmittel und Vorräte für ihn deponieren. Von dort musst du dem Pfad folgen, er wird dich finden. Er ist ein großartiger Mensch.« Er sah sich wieder um. »Ich sage niemandem, dass du hier warst, aber du solltest sobald wie möglich aufbrechen. Deine Freunde haben gesagt, dass Soldaten hinter dir her sind.« Offenbar hatten sie diesem Mann vertraut. Er bemerkte ihren musternden Blick und grinste. »Keine Sorge, ich kann die römische Armee genau so wenig leiden wie du. Dieser Mann hilft dir, das verspreche ich dir.«
Gut zwei Stunden später kam er zu ihr an den Platz in der Ecke, an dem sie auf seinen Vorschlag hin gewartet hatte. Er brachte ihr einen Krug Dünnbier und eine Pastete, die er von seinem Trinkgeld bezahlt hatte. »Ich habe jemanden gefunden, der dich hinbringt«, flüsterte er. »Nur gut, denn in der Zwischenzeit ist jemand hier gewesen, der nach dir gefragt hat. Ein Soldat.« Als sie entsetzt die Augen aufriss, schüttelte er beruhigend den Kopf. »Keine Sorge, ich habe ihn in die andere Richtung geschickt.« Er zwinkerte. »Zieh dir die Kapuze tief ins Gesicht und komm mit mir.«
Sie befolgte seinen Rat und ließ sich dann von ihm auf die Sitzbank eines schwer beladenen Fuhrwerks helfen. Der Kutscher würdigte sie keines Blickes und blieb stumm neben ihr sitzen. Fest in ihren Umhang gehüllt, saß sie eine schier
endlos lange Zeit dort, bis der Wagen schließlich schlingernd und rumpelnd von der befestigten Straße auf einen Weg bog, der kurz darauf in die dicht bewaldete Hügellandschaft führte.
Es wurde schon dunkel, als der Kutscher schließlich anhielt. Dort am Weg stand tatsächlich ein großer Meilenstein, aber es war kein römischer. Eigon sah die keltische Inschrift und auch die Inschriften an der Seite, die in der geheimen Schrift der Druiden geschrieben waren. Mit einem Lächeln des Danks glitt sie vom Wagen, während der Kutscher einige Bündel herunterhob und neben den Stein stellte. Er verneigte sich ein wenig, und immer noch wortlos schwang er sich auf die Zugstange, wo er mit baumelnden Beinen sitzen blieb. Ohne einen Befehl abzuwarten, setzten sich die Ochsen wieder in Gang, und innerhalb erschreckend kurzer Zeit war das Fuhrwerk in die Dunkelheit der Bäume verschwunden, und Eigon blieb ganz allein zurück.
Befangen sah sie sich um. Auf allen Seiten war sie von Bäumen umgeben. Im schwindenden Licht konnte sie keinen Pfad ausmachen, und das einzige Geräusch war der Wind, in dem das trockene Herbstlaub leise raschelte. Langsam wurde es kalt. Sie versuchte, ihrer Angst Herr zu werden, hüllte sich fester in ihren Umhang, zog die Kapuze vor der
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