Die Tochter des Königs
aufgehoben. Sie schlief sofort ein, gewiegt vom Geräusch des Windes in den Bäumen und dem ruhigen Ruf der Eule, die Gort von seinem Haus tief in den Wald folgte.
Am nächsten Morgen wachte Eigon zum munteren Prasseln des Feuers und dem Duft von frisch gebackenem Brot auf. Als sie sich beim Frühstück gegenübersaßen, betrachtete er sie mit einem bohrenden Blick. »Du hast mir nicht gesagt, dass du die Tochter Caradocs bist.«
Sie erstarrte. »Woher weißt du das?«
»Ich habe Erkundigungen eingezogen.« Er zog die Stirn kraus. »Willst du in das Land vom Volk deines Vaters oder deiner Mutter zurück?«
»Das meiner Mutter. Dort bin ich zu Hause.«
»Werden sie dich freundlich empfangen?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Ich gehe nicht als Kriegsführerin dorthin.«
»Als solche werden sie dich auch nicht akzeptieren. Also, weshalb willst du dorthin?«
»Jesu Apostel Petrus meinte, ich solle nach Hause gehen.«
»Um uns von deinem Gott zu lehren?« Forschend sah er sie an.
»Das ist ein Gedanke, der ihm immer sehr am Herzen lag. Sie haben mich aber auch fortgeschickt, damit ich außer Gefahr bin.«
»Dieser Mann Titus?«
Sie nickte. Sie hatte ihm am Abend zuvor ihr ganzes Leben erzählt; nur ihre Familienherkunft hatte sie ihm verschwiegen.
»Und du willst herausfinden, was mit deinem Bruder und deiner Schwester passiert ist?«
Wieder nickte sie. »Frieden finde ich erst, wenn ich das weiß.«
»Du hast gesagt, dass der Druide Melinus dich in die Heilkunst der Druiden eingewiesen hat.«
Sie lächelte. »Er hatte auch das Gefühl, dass Christus zu dienen sehr gut zum Leben eines Druiden passte.«
Er nickte und betrachtete sie weiter. »Ich spüre große Kraft in dir, Eigon. Ich glaube, du unterschätzt deine Fähigkeiten. Ich spüre, dass du alles erreichen kannst, was du dir zum Ziel setzt.« Er wandte sich ab und schaute eine Weile schweigend ins Feuer, dann drehte er sich wieder zu ihr. »Wenn du einen Begleiter auf deiner Reise nach Westen möchtest, ich komme gerne mit dir.«
Fassungslos starrte sie ihn an. »Aber du kannst doch nicht einfach weggehen. Du hast hier ein Zuhause.«
Er lächelte. »Mein Zuhause ist überall dort, wo ich bin. Ich lösche das Feuer, ich bitte meine Freunde, die Vögel und Tiere, mein Haus für mich im Auge zu behalten.« Er deutete auf die umstehenden Bäume. »Sie werden noch hier sein, wenn ich wiederkomme.«
»Und meine Freunde?«, fragte sie beklommen. »Commios und Drusilla? Was ist mit ihnen?«
»Wenn sie wirklich nach Venta Silurum wollen, wirst du sie dort wiedersehen.«
»Und Titus?«
Er verzog das Gesicht. »Ich fürchte, den wirst du auch wiedersehen. Er ist sehr nah.« Er seufzte. »Ihr werdet aufeinandertreffen, Eigon, aber mit Hilfe deines Gottes und meines werden wir siegen. Er wird in die Finsternis verbannt werden.«
Kapitel 36
M eryn schauderte. Die Finsternis. Jemand verwendete kraftvolle Worte gegen Titus, aber sie waren nicht kraftvoll genug. Nachdenklich lehnte er sich an einen Baum und schaute in die Ferne.
»Ist es Marcia?«, flüsterte Rhodri.
Meryn schüttelte den Kopf. »Ich spüre einen neuen Mitspieler. Marcia hat sich mir verschlossen.«
»Und Jess?« Rhodris Stimme stockte, als er den Namen aussprach.
Meryn warf einen kurzen Blick zu ihm. »Geben Sie die Hoffnung nicht auf. Sie ist hier, gar nicht so weit von uns entfernt.« Er stieß sich vom Baumstamm ab, in der Nähe hatte eine Eule gerufen. Er runzelte die Stirn. »Rhodri, gehen Sie jetzt ins Haus zurück. Warten Sie dort auf mich. Ich muss wieder eine Weile allein sein.«
Rhodri nickte. »Wenn Sie etwas finden …«
»Dann sind Sie der Erste, der es erfährt.«
Er wartete, bis Rhodris Schritte nicht mehr zu hören waren, dann machte er sich an den Aufstieg zum Gipfel. Die Steine da oben verströmten eine immense Kraft. Dort lagen die Knochen des kleinen Togo noch immer ungestört und unerkannt, außer von Jess. Meryn ging zu den Steinen und legte seine Hände darauf. Das Kind sollte zumindest seinen, Meryns, Segen und seine Gebete für eine sichere Reise nach Tir n’an Og haben.
Er spürte die Kraft unter seinen Fingerspitzen knistern. Dies war seit alters ein Ort der Andacht. Hier trafen die Gebete von Tausenden von Jahren aufeinander. Meryn verzog das Gesicht. Halb hatte er erwartet zu spüren, dass Eigon diesen Ort aufgesucht und ihn mit ihren christlichen Gebeten gesegnet hatte, aber hier waren keine christlichen Gefühle. Diese Götter waren sehr alte
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