Die Tochter des Leuchtturmmeisters

drehte am Ehering, so dass der große Stein genau über den drei kleineren des Verlobungsrings saß.
    »Ich rufe an, sobald ich Bescheid habe«, sagte Karin.
    Siri stand auf, und Karin begleitete sie zum Wagen.
    Ein Mann mit einem Teleobjektiv beobachtete sie aus der Ferne.
     
    Die Strecke vom Medicinarberget zum Polizeigebäude war kurz, aber Straßenarbeiten und Schulklassen auf Stadtbesuch sorgten dafür, dass die Fahrt an diesem Morgen alles andere als schnell ging.
    Als Karin gerade dabei war, Carsten von den morgendlichen Ereignissen zu berichten, wurde sie von einem Klopfen an der Tür unterbrochen. Es war Jerker von der Spurensicherung, der gerade erst von seiner Hochzeitsreise zurückgekehrt war und dem es unverschämt gut zu gehen schien. Er hielt einen kleinen Gegenstand zwischen Daumen undZeigefinger. Karin erkannte den Ehering sofort wieder, mit dem Roland, der Bauleiter auf Hamneskär, zu ihnen gekommen war.
    »Der Bericht folgt später, aber ich dachte, ihr wollt den hier wiedersehen. Oder vielleicht vor allem etwas über ihn hören.« Jerker wirkte geheimnisvoll.
    »Hattet ihr eine schöne Hochzeitsreise?«, fragte Karin.
    »Wunderschön, danke der Nachfrage. Sonne und Meer.« Karin konnte Jerker ansehen, dass er etwas erzählen wollte, und zwar nicht von der Hochzeitsreise. Er wusste nicht, auf welchem Bein er stehen sollte, und sank schließlich auf einen der Besuchersessel. Er saß auf der äußersten Kante, als wollte er gleich wieder los, hätte keine Ruhe, sich ordentlich hinzusetzen und anzulehnen.
    »Ich habe doch bei jeder Menge Juweliere nach einem Ehering für meine Frau gesucht, und jetzt geht mir eine Sache nicht aus dem Kopf, was diesen Pater-Noster-Burschen betrifft.«
    »Arvid«, korrigierte Karin.
    »Ja, ich weiß. Ich habe heimlich in die Papiere geguckt. Seht euch meinen Ring an.« Er zog ihn vom Finger. Ein weißer Streifen wurde am linken Ringfinger sichtbar, dort, wo die Sonne nicht hingekommen war. »Wir haben uns ja nicht erst verlobt, sondern gleich geheiratet, was bedeutet, dass ich diesen Ring hier nur die zwei Wochen seit unserer Hochzeit getragen habe. Nicht besonders lange, aber schaut mal, wie viele Kratzer ich mir eingehandelt habe, und dann seht euch mal die Gravur innen an.«
    Karin nahm den Ring. Carsten beugte sich vor, um besser sehen zu können.
    »Und?«, fragte er auffordernd.
    »Arvid schien sich auch nicht verlobt, sondern gleich geheiratet zu haben, weil ja nur ein Datum im Ring steht. Wenn wir nun die Außenseite des Rings betrachten, sehen wir zwar ein paar wenige Kratzer, doch die sind sehr speziell.« Jerkerwar jetzt ganz aufgeregt und schien verwundert, dass die Schrammen des Rings nur auf ein so kühles Interesse stießen.
    »Nun gehen wir zurück zu meinem Ring. Macht mal eure ab, dann versteht ihr, was ich meine.« Karin wand sich ein wenig und sah, dass Carsten vergeblich versuchte, Jerker ein Zeichen zu geben, als er seinen eigenen Ehering auf den Schreibtisch legte.
    »Du auch, Karin«, sagte Jerker.
    »Ich habe meinen nicht mehr«, erwiderte Karin und sah aus dem Augenwinkel, dass Carsten leicht den Kopf schüttelte, was an Jerker aber spurlos vorüberging. Er begriff noch immer nicht, was mit Karins Verlobungsring passiert war.
    »Hast du ihn verloren?«
    »Ich habe weder den Ring noch den Verlobten mehr«, verdeutlichte sie, und bevor er etwas erwidern konnte, fügte sie hinzu: »Ist schon in Ordnung, Jerker. Konntest du ja nicht wissen. Mach weiter, bevor wir vor Spannung platzen.«
    Jerker tätschelte Karin unbeholfen den Arm, bevor er fortfuhr: »Jetzt schauen wir mal in Carstens Ring nach. Seht ihr, wie viel Schmutz sich in der Gravur gesammelt hat? Dasselbe bei mir, obwohl ich ihn erst seit zwei Wochen trage.«
    Er blickte Carsten und Karin an, bevor er den Ring des Mannes hochhielt, von dem sie jetzt wussten, dass er Arvid hieß.
    »Und nun die Gravur in diesem Ring. Die ist völlig sauber. Was die Kratzer an der Außenseite betrifft, sind sie viel zu regelmäßig. Meiner Meinung nach stammen sie von irgendeiner Art Schleifpapier.« Jerkers Augen leuchteten.
    Karin hob die Brauen.
    »Ist das wahr? Manchmal habe ich wirklich das Gefühl, es hat einen Grund, dass
du
bei der Spurensicherung bist und nicht
ich
.«
    »Meinst du, der Ring ist neu?«, fragte Carsten verwundert von seinem Platz hinter dem Schreibtisch.
    »Das wage ich zu behaupten«, sagte Jerker und erhob sich von seinem Sessel. »Jetzt habt ihr was zum Nachdenken«, sagte er