Die Tochter des Tuchkaufmanns: Historischer Kriminalroman (German Edition)
paar Zander, strich mit dem Finger darüber,
um zu fühlen, wie glitschig die Schuppen waren, sah sich die trüben Augen an und
war sicher, dass die Fische nicht das versprachen, was der Händler durch sein vollmundiges
Anpreisen vorgab.
»Guter Mann!«
rief sie dem Fischer zu. »Wie viel kosten diese Zander hier? Sie riechen, als lägen
sie schon eine Woche außerhalb des Wassers.«
Der Mann
wandte sich von einer Kundin ab, der er gerade sein Sortiment aufzählte. »Die sind
von gestern und gut gelagert. Wie Ihr sicher wisst, werden wir streng kontrolliert.«
Er zog die Brauen zusammen und nannte einen Preis, der Jolanthe nicht lange überlegen
ließ. Sie drehte sich um.
»Was tut
Ihr?«, fragte Katrein besorgt. »Ihr wollt einfach so gehen? Frau Sieglinde war der
Fisch besonders wichtig.«
»Ich weiß«,
antwortete Jolanthe und begab sich zurück zu dem Bauern mit den Forellen, dessen
Angebot um etliche Pfennige billiger ausfiel und der sich freute, ihr seine Ware
zu verkaufen.
»Und wenn
Sieglinde mit Forellen aus der Zucht nichts anzufangen weiß, sondern lieber dieses
faulende Etwas von Zander aus dem Fluss haben will, dann soll sie mich gern haben.
So etwas kaufe ich nicht«, sagte sie zufrieden zu Katrein, als sie das Geschäft
getätigt hatte.
Jemand zupfte
sie am Ärmel. Sie sah nach unten. Ein Kind in Lumpen, die ihm vom mageren Körper
hingen, schaute mit großen Augen zu ihr hoch und streckte ihr wortlos seine Hand
entgegen. Jolanthe strich ihm mit dem Finger über die schmutzige Wange, drehte sich
zu Katrein und zog eine der mit Honig gesüßten Seelen aus Dinkelmehl aus dem Korb.
Die gab sie dem kleinen Bettler, der das Gebäck mit einer schnellen Bewegung an
sich riss und weghuschte, so als könne seine Wohltäterin ihre Gesinnung ändern,
wenn er nicht schnell genug reagierte.
Jolanthe
ging weiter, schaute sich rechts und links die Waren an und hielt beim Stand des
Schlachters inne, der gerade mit Schwung ein Beil auf den Hals eines Huhnes niederfahren
ließ. Blut spritzte auf seine Schürze. Er schob den abgetrennten Kopf auf den Boden
und begann, das Huhn zu rupfen.
»Wollte
meine Schwester nicht auch ein Huhn für morgen?«, fragte Jolanthe. Katrein nickte
eilfertig.
Sie sprach
die Frau des Schlachters an, die ebenfalls eine blutige Schürze trug und ein Fleischmesser
in der Hand hielt.
»Gebt mir
zwei von diesen Hühnchen und macht mir einen guten Preis. Ich hoffe, der Stoff,
den ich Euch letzte Woche liefern ließ, kleidet Eure Tochter vorzüglich? Ein so
günstiges Angebot zu solch hoher Qualität war ein großes Glück, dem seid versichert.
Die Leute schlagen sich geradezu um diese Ware.«
Die Frau
lächelte erfreut, als sie Jolanthe erkannte. »Sie war bereits beim Schneider damit.
Er wird das Kleid nächste Woche liefern. Zwei Hühner wollt Ihr? Schaut her, ich
habe da prächtige Exemplare.«
Jolanthe
suchte sorgfältig aus und wartete, bis ihr das Gewünschte gereicht wurde. Ein paar
Stände weiter kaufte sie noch ein paar Veilchen, die sie in einer Vase auf dem Esstisch
drapieren wollte. Schließlich lenkte sie ihre Schritte vorbei an einem Stand mit
Töpferwaren in Richtung eines Gewürzhändlers, der ihr auf dem Hinweg bereits aufgefallen
war. Sein Angebot umfasste Alltägliches ebenso wie teuren Koriander. Sieglinde erwartete
Pfeffer.
»Ihr kommt
von weit her?« fragte sie, während sie die Gewürze betrachtete. Es war immer gut,
erst einmal ein allgemeines Gespräch zu beginnen, um die Stimmung zu lockern.
»Ich komme
mal von hier, mal von dort. In Ulm war ich schon seit längerer Zeit nicht mehr,
falls Ihr das meint.«
Jolanthe
nickte und deutete auf ein grünes Glasgefäß. »Was ist darin?«
»Reiner
und echter Safran, meine Liebe, wenn Ihr wisst, was das ist. Ein sehr wertvolles
Gewürz, was in keiner gehobenen Küche fehlen sollte. Ich rieche Fisch in Eurem Korb,
lasst Euch gesagt sein, dass Safran vorzüglich mit Fisch …«
Jolanthe
winkte ab, was glaubte der Kerl? Natürlich wusste sie, was Safran war, doch bislang
hatte sie es nicht für nötig befunden, welchen zu kaufen. Er war ihr zu teuer gewesen
für den geringen Nutzen, den er brachte. Dennoch warf sie einen Blick in das geöffnete
Gefäß, das er ihr hinhielt. Goldgelbe Fäden sah sie.
»Ihr habt
ganz außergewöhnliche Schätze hier liegen. Wie viel würdet Ihr für den Safran verlangen?«
»Kommt drauf
an, wie viel Ihr mir abnehmt.«
Der Händler
reizte mit dieser Antwort ihren Widerspruch. »Wie
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