Die Toechter der Familie Faraday
unterbrach sie. »Maggie, wie hast du mich gefunden?«
»Leo hat einen Privatdetektiv engagiert.«
»Nach all diesen Jahren?«
»Er ist auf ein Foto gestoßen …« Sie erzählte Sadie alles. Sie plapperte wild drauflos. Sadie lauschte aufmerksam auf jedes Wort. Maggie sah nach unten, die Hand war zur Faust geballt. Sie holte tief Luft. Sie sprach doch mit ihrer Tante. Mit Sadie. »Würdest du dich mit mir treffen, Sadie? Kann ich zu dir kommen? Mit dir sprechen?«
»Das geht nicht, Maggie. Wir können uns nicht bei mir treffen, das ist zu heikel.«
»Dann vielleicht irgendwo anders? Wo immer du willst.«
Sadie schlug einen Treffpunkt in der Nähe des Phoenix Park vor. An den Polofeldern neben dem Zoo. Neben dem Pavillon war ein Parkplatz. Dort war nie viel los, sagte Sadie, besonders nicht um diese Tageszeit. Dort könnten sie ein wenig spazieren gehen. »Ich habe aber nicht sehr viel Zeit, Maggie, es tut mir leid.«
»Ich könnte sofort kommen, wenn du willst.«
Danach rief Maggie umgehend Gabriel an. Er schien sich für sie zu freuen. »Ich komme an die Rezeption und gebe dir die Autoschlüssel.«
»Du willst nicht mit?«
»Wärst du denn nicht lieber allein?«
»Ich fände es schön, wenn du dabei wärst.«
»Dann komme ich selbstverständlich mit.«
Maggie und Gabriel waren vor Sadie da. Es war ein herrlicher Sommermorgen. Die Sonne schimmerte sanft durch die Bäume, ließ das grüne, akkurat gemähte Polofeld und das frische Weiß des Pavillons strahlen. Aus den farbigen Blumenkästen quollen üppige Blumen. In der Ferne hörte man das Rauschen des Verkehrs, einen Rasenmäher und Vogelgezwitscher. Rehe ästen auf einer kleinen Lichtung. Gabriel wies auf ein Eichhörnchen, das über den Rasen sauste, sein heller Schwanz blitzte.
Sie hörten Sadies Auto schon von Weitem.
»Wünsch mir Glück«, sagte Maggie wieder.
»Du brauchst es auch heute nicht«, sagte er.
Diesmal war es von Beginn an anders. Sie umarmten sich. Maggie ging auf Sadie zu, und Sadie breitete die Arme aus.
»Maggie«, sagte sie, »lass dich anschauen.« Sie trat ein wenig zurück, hielt Maggie noch immer an den Schultern und sah sie an. »Du warst als Kind schon hinreißend, aber heute bist du noch toller. Du bist eine Schönheit.«
»Bin ich nicht, trotzdem danke. Aber du. Du siehst großartig aus.« Maggie sah die leuchtenden Wangen, die Lachfältchen um die Augen. Sadie wirkte zufrieden. Glücklich.
»Ich sehe weder großartig noch schön aus. Das habe ich nie. Aber du.« Sie schob Maggie das Haar hinter die Ohren. »Und die hier auch. Ich bin froh, dass sich das nie geändert hat.«
»Deine Tochter hat es mit den Ohren ein wenig besser getroffen.«
Sadie reagierte angespannt. »Du hast Maudie gesehen?«
»Nur auf dem Foto, das uns der Privatdetektiv gegeben hat.«
Sadie beruhigte sich wieder und lächelte. »Mir sind die Ohren gleich bei ihrer Geburt aufgefallen. Aber ihre sind nicht so hinreißend wie deine.«
Maudie. Es war komisch, ihren Namen zu hören, den Namen der Cousine, die sie nie kennengelernt hatte.
Die Unterhaltung blieb oberflächlich, sie waren beide nervös.
»Wer ist dein Begleiter?«, fragte Sadie und wies zum Wagen. »Der Mann von gestern?«
»Gabriel. Ein Freund aus New York.«
»New York?«
»Da lebe ich seit drei Monaten.«
»Wirklich? Das hast du mir gar nicht geschrieben.«
»Das steht alles in meinem Weihnachtsbrief. Hast du ihn denn noch nicht bekommen?«
»Noch nicht. Die Priester sind nicht immer die zuverlässigsten Postboten.«
»Ich habe dir wieder Briefpapier geschickt. Obwohl du das inzwischen bestimmt leid bist.«
»Nein, Maggie, niemals. Ganz sicher nicht.«
Eine weitere Pause, ein plötzlicher Moment voller Befangenheit. Maggie beeilte sich, ihn zu überbrücken. »Ich weiß nicht, wo ich anfangen, was ich sagen soll. Ich weiß ja nicht einmal, wie ich dich nennen soll. Sally geht irgendwie nicht.«
»Dann nenn mich Sadie. Hier macht es mir nichts aus, hier sind wir ja allein.«
Sie gingen los zu einem Weg, der einem eisernen Gitter folgte. Dahinter lag das Haus des irischen Präsidenten, erklärte Sadie, es würde gleich in Sichtweite kommen.
Sadie packte das Thema als Erste an. »Warum bist du hier, Maggie? Warum jetzt, nach so vielen Jahren?«
»Leo möchte dich sehen.«
Sadie nickte, gab aber keine Antwort.
»Er will, dass du zurückkommst.«
Noch immer Schweigen.
»Er ist alt«, sagte Maggie. »Er ist fast achtzig. Ich glaube, er möchte noch so viel wie
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