Die Toechter der Familie Faraday
so leer. Ich werde dich jeden einzelnen Tag vermissen.«
Sie umarmte ihn besonders fest. »Ich werde dich auch vermissen, Tollpatsch.«
Leo nahm seinen Mantel und ging zur Tür. Als er schon mit einem Fuß auf der Schwelle stand, sagte Sadie: »Ich fahre auch, Dad.«
Leo drehte sich um. »Sadie, natürlich, es tut mir leid.« Er kam zurück, beugte sich vor und küsste sie auf die Stirn. »Dir auch ganz viel Spaß.«
Maggie tanzte am Flughafen um ihre Mutter und ihre Tante herum. Sie trug einen kleinen Rucksack. Darin waren eine Wasserflasche, zwei kleine Brötchen, die Clementine fürs Mittagessen gemacht hatte – eines mit Maggies und eines mit Sadies Namen darauf -, ein Buch, ihr Teddybär und das Bild von Clementine.
Sie saßen im Café und warteten darauf, dass ihr Flug aufgerufen wurde. Maggie war so aufgeregt, dass sie mit den Beinen gegen den Tisch trat. Clementine bat sie drei Mal, damit aufzuhören, weil ihr Kaffee überschwappte. Maggie holte das Buch aus ihrem Rucksack.
»Ist mit dir alles in Ordnung, Sadie?«, fragte ihre Mutter.
»Bestens, danke.«
»Du kommst mir so geistesabwesend vor. Bist du sicher, dass das hier für dich in Ordnung ist?«
»Alles bestens, wie ich schon sagte.«
»Okay.«
Maggie blätterte einige Seiten weiter. Ihre Mutter und ihre Tante sagten eine Zeit lang nichts.
»Du rufst doch an und sagst Bescheid, dass ihr gut angekommen seid, oder?«
»Sobald wir gelandet sind.«
»Und berichtest, wie ihr zurechtkommt?«
»Wie denn? Du bist doch in der Wildnis.«
»In der ersten Woche sind wir noch im Lager, aber wenn etwas sein sollte, wird man mich schon erreichen.«
»Es wird alles gut gehen.«
»Sadie, bist du sicher, dass du in Ordnung bist?«
»Ich nicht«, sagte Maggie. »Ich will nicht länger warten.«
Am Gate umarmte sie ihre Mutter ganz fest. Sie wurde ein wenig traurig, weil ihre Mutter weinte, aber ihr selbst war nicht zum Weinen zumute. Sie war viel zu aufgeregt.
»Ich hab dich sehr, sehr, sehr, sehr, sehr doll lieb, Maggie«, sagte Clementine.
Ein »sehr« für jedes Lebensjahr. Maggie fing an, zweiundzwanzigmal »sehr« zu Clementine zu sagen, aber Sadie unterbrach sie und meinte, sie müssten jetzt ins Flugzeug steigen.
Als sie über das Rollfeld gingen und dann die zwölf Metallstufen zum Flugzeug hochstiegen, drehte sich Maggie zu ihrer Mutter um.
»Ich freue mich ganz doll, Sadie«, sagte sie, als sie sich auf ihre Plätze setzten. 10A und 10B.
Sadie sah aus dem Fenster. Maggie zupfte sie am Ärmel.
»Sadie, freust du dich auch?«
Sadie nickte.
»Du siehst aber nicht so aus«, sagte Maggie.
»Tut mir leid, Maggie.« Sadie lächelte. »Ist das besser?«
»Viel besser.«
Sie riefen Clementine von einer Telefonzelle aus an, sobald sie in Melbourne gelandet waren. Maggie konnte vor Aufregung kaum sprechen. »Wir waren ganz oben im Himmel, und ich konnte die Wolken sehen und das Meer, und dann haben wir einen Orangensaft und einen Apfel bekommen. Sadie hat in ihr Brötchen gebissen, und da war was drin, eine violette Flasche – Was, was, Sadie?« Maggie machte eine Pause. »Sadie sagt, das darf ich dir nicht erzählen. Ist in Hobart immer noch heute?« Sie hörte eine Weile zu. »Ich geb sie dir.«
Sadie nahm den Hörer. »Hi, ja, es ging super mit ihr. Nein, überhaupt keine Angst.« Sie hörte lange zu. »Meinst du, das wüsste ich nicht? Ich mach besser Schluss, das kostet ein Vermögen.«
Sie fuhren lange mit dem Bus und gingen dann ein Stück bis zu Mirandas Wohnung. Maggie konnte es kaum fassen. Sie lag wirklich sehr hoch und man konnte meilenweit sehen. Miranda hatte ein Schild an Maggies Tür gehängt, auf dem »Maggies Palast« stand. Sie hatte einen Korb mit ihrem Lieblingsessen in den Kühlschrank gestellt – Fischstäbchen, Bohnen, Eis, Lutscher und Sandwiches mit Vegemite. Daneben lag ein Zettel. Sadie las laut vor.
»WILLKOMMEN IN MEINER BESCHEIDENEN HÜTTE, MISS MAGGIE UND SADIE. FÜHL DICH WIE ZU HAUSE, MAGGIE, WAS MEINS IST, IST AUCH DEINS. SADIE, FÜHL DICH BITTE AUCH WIE ZU HAUSE, ABER WAS MEINS IST, IST NICHT DEINS, OKAY? ICH RUFE AN, SOBALD ICH KANN. VIEL SPASS! ALLES LIEBE, MIRANDA XX«
Liebe Mum , schrieb Maggie an ihrem dritten Tag in Melbourne. Es dauerte sehr lange, denn Sadie musste ihr erst zeigen, wie man jeden einzelnen Buchstaben schrieb. Wir haben ganz viel Spaß. Wir fahren jeden Tag mit der Straßenbahn.
»Braves Mädchen. So eine schöne Schrift. Und jetzt gehen wir damit zum Briefkasten«, sagte
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