Die Toechter Egalias
einfinden müsse, um das Kind zur Welt zu bringen. Er werde hingehen, um der Zeremonie beizuwohnen und das Kind entgegenzunehmen, aber er wolle kein Vaterschaftspatronat haben.
Das verstieß zwar gegen das allgemeine Taktgefühl und den guten Ton, doch gab es keine Regelung, daß Väter vaterschaftspatroniert sein mußten, wenn sie in den Gebärpalast kamen. Es war nur ein ungeschriebenes Gesetz. Aber im Grunde wünschte er sich das Kind. Und weil Gro dies wußte, hatte sie ihm öfter mit Abtreibung gedroht. Offenbar ging es ihr nur dämm, daß er sie in seiner Verzweiflung anflehen sollte, das Kind auszutragen. Das hatte er ihr am Telefon gesagt.
„Aber ich will doch, daß du entscheiden sollst“, hatte Gro erwidert. „Ich will jetzt aber nicht bestimmen, damit du in Zukunft über mich bestimmen kannst“, hatte Petronius ihr entgegengehalten. Er kam sich hart vor, weil er bei seiner Meinung geblieben war. Er wollte sein eigenes Leben leben — und hatte deswegen ein schlechtes Gewissen.
„Daß sie mit uns ein Kind haben wollen, ist doch nur ein Vorwand, den sie als Waffe gegen uns richten“, sagte Baldrian. „Du darfst nicht nachgeben.“ Baldrian, der immer davon geträumt hatte, der Mann der Rektorinnentochter zu werden, war ebenfalls entschlossen, ein Vaterschaftspatronat aufzugeben. „Ich denke nicht daran, doppelt und dreifach zu arbeiten“, lautete Baldrians Argument. Das wirkte immer so befreiend einfach.
Petronius ging in eine Bibliothek. Er hatte noch viel Zeit, denn er brauchte erst am Abend zum vereinbarten Treffen zu kommen. Er konnte den Brief im Lesesaal schreiben. Dort war es immer so ruhig und friedlich. Doch als er den Lesesaal betreten hatte, gelang es ihm trotz allem nicht, sich zu konzentrieren. Etwas unentschlossen ging er an den Regalen entlang. Vielleicht sollte er sich doch zusammennehmen und sich in ein paar von diesen landwirtschaftlichen Fachbüchern vertiefen. Er und Baldrian bemühten sich, in den Landwirtschaftsgebieten Arbeit zu finden. Zwei Monate lang hatten sie auf der Warteliste gestanden und noch immer nichts gehört. „Es ist eben schwierig, Männer für solche Arbeiten zu vermitteln“, war ihnen von dem Herrn im Büro gesagt worden. „Leichter ist es, wenn Sie mit Frauen von dort fest zusammen sind.“ Sie hatten gehört, daß es zu wenig Arbeitskräfte gab. „Es ist unmöglich, eine gute Stelle zu finden, wenn dam keine Titten hat“, sagte Baldrian wütend. „Als ob Titten was mit der Arbeit zu tun hätten!“
Petronius wanderte an den Regalen entlang.
„Kann ich Ihnen behilflich sein?“ Es war der Bibliothekar.
„Ja. Haben Sie ein Buch über fallüstrische Männer?“
Der Bibliothekar errötete. „Nein“, sagte er. „Aber es gibt eins ,Tiefe der Erniedrigung’ von Amandus Amandastochter. Es erschien 508 unter einem Pseudonym. Soll ich das Buch für Sie von der Hauptbibliothek beschaffen?“
„Ja, seien Sie bitte so freundlich.“
Petronius verließ schnell den Raum und setzte sich in dem kleinen Bibliothekspark auf eine Bank. Das war doch eben ein merkwürdiger Einfall von ihm gewesen. Und jetzt traute er sich nicht, wieder hineinzugehen und nach den Landwirtschaftsbüchern zu fragen.
Eine alte Frau in zerlumpten Kleidern stand unter einem Baum. Sie hatte ihre Mütze vor sich auf dem Boden liegen und spielte entsetzlich falsch Mundharmonika. Männer, die große, schwere Taschen voll mit Lebensmitteln trugen, hasteten geschäftig vorüber. Viele von ihnen groß und dick, watschelten mühsam keuchend dahin auf geschwollenen Beinen und schwitzten in ihren Blusen, so daß unter den Achseln dunkle Flecke zu sehen waren. Die älteren Männer schwitzten unter ihrer Perücke. Warum müssen Männer, die immer so schwere Lasten schleppen, geschwollene Beine haben und Schmerzen, wenn sie sich fortbewegten? dachte Petronius. Oft schien es ihm, als hätten die Männer, nachdem sie alt und welk geworden waren, im Leben kein anderes Recht gehabt, als mit unzähligen großen und kleinen Paketen voller Lebensmittel und Überraschungen loszuziehen, nur um es sich ein bißchen gemütlich machen zu können.
Er zog die Zeitung heraus, die er gekauft hatte. Eigentlich war er zum Lesen gar nicht aufgelegt und schlug aufs Geratewohl die Witzseite auf. Gewöhnlich gab es eine Witzserie, in der riesige Männer kleine zerzauste Frauen anmeckerten. Donna Mutter, dachte Petronius. Die Männer in den Witzserien waren solche Riesen und Muskelprotze, daß dam schier nicht
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