Die tödliche Bedrohung
als sie im Flugzeug saßen. Oder zumindest musste er so tun, weil Liz bei ihnen war. Sie hatte sich an ihn geklammert und ihn angefleht, sie nicht mit der Polizei zurückzuschicken, bei ihr zu bleiben. Deshalb saß Liz jetzt neben ihm auf dem Kopilotensitz, während sich Althea hinten auf den Notsitz gesetzt hatte.
Liz, die in seiner Jacke ganz verloren wirkte, starrte schweigend aus dem Fenster. Obwohl Colt sie so warm eingepackt hatte, zitterte sie immer noch. Als sie oben waren und gen Osten flogen, begannen ihr die Tränen über die Wangen zu strömen. Ihre Schultern bebten heftig, aber sie gab keinen Laut von sich. Gar keinen.
„Na komm, Baby.“ Colt griff hilflos nach ihrer Hand. „Jetzt ist alles gut. Jetzt tut dir niemand mehr weh.“
Aber ihre Tränen versiegten nicht.
Althea stand wortlos auf, kam nach vorn und löste Liz’ Sicherheitsgurt. Immer noch schweigend veranlasste sie Liz, ein Stück zu rutschen, damit sie sich auf ihren Platz setzen konnte. Dann nahm sie das Mädchen auf den Schoß und drückte ihren Kopf an ihre Schulter. Teilte mit ihr ihren Kummer.
„Lass es alles raus“, murmelte sie.
Und dann hallte ganz plötzlich Liz’ lautes Schluchzen durch das Cockpit. Der Schmerz, der darin mitschwang, zerriss Althea fast das Herz, während sie das Mädchen in ihren Armen wiegte und an sich drückte. Colt hob eine Hand und fuhr Liz über das zerzauste Haar. Aber Liz schmiegte sich bei der Berührung nur noch enger an Althea.
Er ließ die Hand sinken und konzentrierte sich auf den Himmel.
Althea hatte ruhig, aber bestimmt darauf beharrt, dass es vernünftig war, zuerst ins Krankenhaus zu fahren, und schließlich hatte Liz es eingesehen. Obwohl sie ständig wiederholte, dass sie nur nach Hause wollte. Woraufhin sie von Althea wieder und wieder daran erinnert wurde, dass ihre Eltern bereits auf dem Weg nach Denver waren.
„Ich weiß, wie schwer es dir fällt.“ Althea ließ auch im Warteraum des Krankenhauses ihren Arm um Liz’ Schultern liegen. „Und ich weiß auch, dass es dir Angst macht, aber es muss einfach sein.“
„Ich will aber nicht, dass der Arzt mich anfasst.“
„Das kann ich gut verstehen.“ Oh, und wie gut sie das verstehen konnte! „Aber es ist kein Arzt, sondern eine Ärztin.“ Althea lächelte und fuhr Liz sachte mit einer Hand über den Arm. „Sie wird dir nicht wehtun.“
„Es wird sehr schnell vorbei sein“, versicherte Colt. Es fiel ihm schwer, sein entspanntes Lächeln beizubehalten. Am liebsten hätte er seinen Zorn laut herausgeschrien. Wild um sich geschlagen. Jemanden umgebracht.
„Okay.“ Liz schaute wieder argwöhnisch in die Richtung, in der das Untersuchungszimmer lag. „Bitte …“ Sie presste die Lippen zusammen und schaute Althea flehend an.
„Möchtest du, dass ich mit reinkomme? Bei dir bleibe?“ Als Liz nickte, zog sie das Mädchen enger an sich. „Klar, kein Problem. Colt, was hältst du davon, wenn du uns inzwischen etwas zu trinken holst? Und vielleicht ein paar Knabberriegel?“ Sie lächelte auf Liz hinunter. „Ich könnte gut ein paar Süßigkeiten vertragen. Du auch?“
„Ja.“ Liz holte zitternd Atem. „Ich denke schon.“
„Wir sind in ein paar Minuten wieder da“, sagte Althea zu Colt. Er konnte nichts in ihren Augen lesen. Mit dem Gefühl, nutzlos zu sein, schlenderte er den Flur hinunter.
Im Behandlungszimmer half Althea Liz, ihre ausgefransten Sachen auszuziehen und in ein Krankenhausnachthemd zu schlüpfen. Sie sah die Blutergüsse, mit denen der Körper des Mädchens bedeckt war, sagte jedoch nichts. Sie würden von Liz eine offizielle Aussage brauchen, aber das konnte noch warten.
„Das ist Dr. Mailer“, stellte sie die junge Ärztin vor, die an den Untersuchungsstuhl trat.
„Hallo, Liz.“ Dr. Mailer streckte ihrer Patientin weder die Hand hin noch berührte sie sie sonst in irgendeiner Weise. Sie war auf Traumapatienten spezialisiert und verstand die Ängste von Vergewaltigungsopfern. „Ich werde dir ein paar Fragen stellen und einige Untersuchungen machen müssen. Wenn du irgendetwas wissen willst, scheu dich nicht zu fragen. Und wenn du möchtest, dass ich eine kleine Pause mache, sag es einfach. Okay?“
„Okay.“ Liz legte sich zurück und schaute an die Decke. Aber Altheas Hand ließ sie nicht los.
Althea hatte sich an Dr. Mailer gewandt, weil sie den Ruf der Frau kannte. Und während die Ärztin jetzt Liz untersuchte, konnte Althea zu ihrer Erleichterung feststellen, dass sie diesem Ruf
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