Die tödliche Bedrohung
Er lehnte sich zurück, um ihr in die Augen zu schauen. Sie sieht so dünn aus, dachte er. So blass. Und er hatte noch viele Fragen. „Honey, du wirst noch eine kleine Weile durchhalten müssen. Wir verschwinden jetzt von hier und zwar schnell. Hast du einen Mantel? Schuhe?“
Sie schüttelte den Kopf. „Sie haben mir alles abgenommen, damit ich nicht weglaufen kann. Ich hätte es versucht, Colt, ich schwöre, dass ich es versucht hätte, aber …“
„Schon gut.“ Er presste ihr Gesicht beruhigend gegen seine Schulter, weil er befürchtete, sie könnte einen Weinkrampf bekommen. „Du wirst jetzt nicht daran denken, sondern einfach nur das tun, was ich dir sage, okay?“
„Okay. Gehen wir? Jetzt gleich?“
„Sofort. Warte, wir wickeln dich in die Decke hier ein.“ Er zog mit einer Hand die Wolldecke vom Bett und versuchte sie ihr so gut es ging, um die Schultern zu legen. „Wir müssen vom Balkon springen, aber ich halte dich fest. Wenn du einfach ganz fest deine Arme um meinen Hals legst und dich so locker wie möglich machst, wird es nicht schlimm werden.“ Er trug sie zum Fenster, um mit ihr durch das Loch nach draußen zu klettern. „Wenn du meinst, schreien zu müssen, mach es bloß im Kopf, keinesfalls laut, hast du mich verstanden? Es ist wichtig.“
„Ich schreie nicht.“ Mit hämmerndem Herzen presste sie ihren Kopf an seine Brust. „Bitte, bring mich einfach nur nach Hause. Ich will zu Mom.“
„Sie wünscht sich auch nichts mehr, als dass du endlich wieder bei ihr bist. Und dein alter Herr auch.“ Er redete weiter leise beruhigend auf sie ein, während er sich Zentimeter für Zentimeter mit ihr vortastete. „Sobald wir hier draußen sind, rufen wir sie an.“ Er sprach ein kurzes Gebet und sprang.
Man hatte ihm beigebracht, wie man sich fallen ließ, aus einem Gebäude, von einer Treppe, aus einem Flugzeug. Ohne das Mädchen hätte er einfach den Kopf eingezogen und sich abgerollt. Doch mit ihr drehte er sich in der Luft blitzschnell einmal um sich selbst, um die Wucht des Aufpralls abzumildern und auf dem Rücken zu landen, damit er ihr als Kissen diente, das den Stoß abfederte.
Bei dem harten Aufprall blieb ihm die Luft weg, durch seine Schulter zuckte ein stechender Schmerz. Aber sobald er gelandet war, war er auch schon wieder auf den Beinen, immer noch mit Liz im Arm, die er an seine Brust drückte. Er hatte bereits die Hälfte des Wegs zur Straße zurückgelegt, als er den Schuss hörte.
10. KAPITEL
Althea zog ihr Telefonat mit der Frau in der Polizeizentrale, die ihr sagte, dass in zehn Minuten Verstärkung eintreffen konnte, so weit wie möglich in die Länge. Sie hoffte zutiefst, dass es Colt gelungen war, Liz aus dem Haus herauszuholen, doch falls nicht, war nach ihrem derzeitigen Kenntnisstand trotzdem anzunehmen, dass die Befreiungsaktion wie am Schnürchen klappte.
„Danke, Fran. Ich freue mich auch schon, dich und Bob wiederzusehen. Sekunde, ich lasse mir nur noch schnell von Harry erklären, wo ich genau bin. Ich habe nämlich keinen Schimmer.“
Althea warf ein strahlendes Lächeln in Harrys Richtung und legte eine Hand über den Hörer. „Haben Sie hier eine Adresse oder sonst irgendeinen Anhaltspunkt? Bob will mich nämlich abholen.“
„Kein Problem.“ Er wandte den Kopf, als Tidal Wave aus der Küche ins Wohnzimmer kam. „Hoffentlich hast du für unseren Gast auch Frühstück gemacht“, sagte Harry zu ihm. „Sie hatte einen unruhigen Morgen.“
„Es reicht für alle.“ Tidal Wave drehte sich zu Althea, dann verengten sich seine harten braunen Augen. „Hey, zum Teufel! Was ist denn das?“
„Benimm dich“, ermahnte ihn Donner. „Hier ist eine Dame anwesend.“
„Was heißt denn hier Dame, verdammt? Die ist von den Bullen. Das ist Wild Bills Cop.“
Er stürzte sich auf Althea, aber die war darauf vorbereitet. Nachdem sie das Aufblitzen in seinen Augen gesehen hatte, hatte sie augenblicklich ihre Waffe gezogen. Sie hatte keine Zeit, sich um die beiden anderen Männer Gedanken zu machen, während zweihundertsechzig Pfund Muskelfleisch auf sie zuflogen.
Ihre erste Kugel ging ins Leere, als Althea mit voller Wucht gegen einen antiken Tisch geschleudert wurde. Dabei ging eine Sammlung mit kleinen bunten Glasflaschen zu Bruch, und rosa und blaue Scherben flogen durch die Luft. Althea hörte die Engel im Himmel singen. Durch einen Schleier sah sie, dass sich ihr Widersacher bereits wieder mit erhobenen Fäusten auf sie stürzte.
Instinktiv
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