Die Tore Der Finsternis
wurde. Dann ließ sie sich in den Sessel neben Siobhan fallen.
»Pass auf, Suzy, steck dich nicht an.« Das kam von der Frau auf dem Sofa, die noch immer in ihrer Zeitschrift blätterte.
Suzy musterte Siobhan. »Ich bin Polizistin«, erklärte Siobhan.
»Und, hat sie Recht? Ist das ansteckend?«
Siobhan zuckte mit den Achseln. »Angeblich habe ich ein ansteckendes Lachen.«
Suzy lächelte. Siobhan bemerkte einen blauen Fleck auf ihrer Schulter, den das Negligee nicht verdecken konnte. »Ziemlich ruhig heute«, stellte Siobhan fest.
»Wenn die Pubs schließen, ist eine Weile was los, danach flaut es wieder ab.Wollen Sie mit einer von uns Frauen sprechen?«
»Mit Laura.«
»Sie ist gerade mit einem Mann unten.«
Siobhan nickte. »Wie kommt es, dass Sie mit mir reden?«, fragte sie.
»So wie ich das sehe, machen Sie auch bloß Ihren Job, genau wie ich.« Suzy führte den abgestoßenen Becher an die Lippen. »Kein Grund, sauer auf Sie zu sein.Wollen Sie Laura verhaften?«
»Nein.«
»Nur ein paar Fragen stellen?«
»So was Ähnliches.«
»Sie haben keinen schottischen Akzent.«
»Ich bin in England aufgewachsen.«
Suzy betrachtete sie eingehend. »Ich hatte mal eine Freundin, die redete so ähnlich wie Sie.«
»Wieso ›hatte‹?«
»Das war auf der Uni. Ich bin ein Jahr lang auf die Napier University gegangen. Ich hab vergessen, wo sie herkam … irgendwo aus den Midlands.«
»Könnte stimmen.«
»Stammen Sie auch von dort?« Suzy trug zerschlissene, mokassinartige Slipper. Sie hatte die Beine übereinander geschlagen und ließ den einen Mokassin an ihren lackierten Zehen baumeln.
»In etwa«, antwortete Siobhan. »Kennen Sie Laura?«
»Wir arbeiten manchmal zur selben Zeit.«
»Ist sie schon lange hier?«
Suzy schaute Siobhan wortlos an.
»Schon gut«, meinte Siobhan. »Und Sie?«
»Fast ein Jahr. Aber ich hör bald auf. Ein Jahr und keinen Tag länger, hab ich mir geschworen. Ich hab jetzt genug gespart, um wieder zur Uni zu gehen.«
Die Frau auf dem Sofa schnaubte verächtlich.
Suzy achtete nicht darauf. »Verdient man gut bei der Polizei?«
»Ganz ordentlich.«
»Wieviel denn … fünfzehn-, zwanzigtausend?«
»Ein bisschen mehr.«
Suzy schüttelte den Kopf. »Das ist nichts im Vergleich zu dem, was man hier verdienen kann.«
»Ich könnte das aber trotzdem nicht.«
»Das hab ich auch immer gedacht. Aber als ich dann von der Uni abgegangen bin -« Ihr Gesicht nahm einen abwesenden Ausdruck an. Die Frau auf dem Sofa verdrehte die Augen. Siobhan wusste nicht, wie viel sie Suzy glauben sollte. Sie hatte immerhin ein Jahr Zeit gehabt, sich die Geschichte auszudenken. Vielleicht war das ihre Methode, um es in der Sauna Paradiso auszuhalten.
Plötzlich kam ein Mann hinter dem Vorhang hervor. Er ließ den Blick durch den Raum schweifen und war sichtlich überrascht, außer Ricky keinen weiteren Mann zu entdecken. Siobhan erkannte ihn wieder: Es war einer der beiden Geschäftsleute von ihrem ersten Besuch, derjenige, der weniger betrunken gewesen war und nach Laura gefragt hatte. Mit gesenktem Kopf eilte er zur Tür und verschwand.
»Lässt er anschreiben?«, wollte Siobhan wissen.
Suzy schüttelte den Kopf. »Wir kassieren das Geld und rechnen dann später mit Ricky ab.«
Siobhan sah hinüber zum Tresen, wo Ricky stand und sie
beobachtete. »Wollen Sie denn nicht bei Cafferty anrufen und ihm erzählen, dass ich hier bin?«, rief sie ihm zu.
»Was haben Sie denn immer mit dem?« Ricky grinste. »Ich sag’s Ihnen noch mal: Der Laden gehört mir .«
»Na klar«, sagte Siobhan und zwinkerte Suzy zu.
»Einen Monat noch, dann bin ich hier weg«, sagte Suzy, fast wie zu sich selbst. Siobhan stand auf und ging auf den Vorhang zu.
Nur eine Kabinentür war geschlossen. Sie klopfte an und trat ein. Hinter einer Milchglasscheibe hörte sie die Dusche rauschen. In dem Raum stand eine breite Bank mit einer Matratze, und in einer Ecke war ein Whirlpool eingelassen. Ansonsten war er fast leer. Siobhan versuchte, möglichst wenig von der stickigen Luft einzuatmen.
»Laura?«, rief sie.
»Wer ist da?«
»Siobhan Clarke. Kann ich kurz mit Ihnen sprechen?«
»In zwei Minuten bin ich so weit.«
»Okay, ich warte draußen auf Sie.«
Siobhan verließ das Zimmer. »Sagen Sie Laura, ich bin direkt vor der Tür im Auto«, ließ sie Ricky wissen. Das Auto stand allerdings auf der anderen Straßenseite. Sie setzte sich hinein, schaltete das Radio ein und kurbelte das Fenster herunter. Ein paar Wagen
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