Die Tore Der Finsternis
Schultern und drückte sie rückwärts gegen das Auto. Dann hob er einen Arm, und obwohl Siobhan es nicht genau sah, wusste sie, dass er eine Waffe in der Hand hielt, vermutlich ein Messer. Sie stützte sich mit einer Hand auf der Kühlerhaube ab, flankte hinüber und trat ihn gegen die Hüfte. Der Stoß reichte jedoch nicht, um ihn aus dem Gleichgewicht zu bringen. Das Messer fuhr in Lauras Körper, mit einem Geräusch, das fast ein wenig vorwurfsvoll klang: Tsssk! Siobhan packte den Arm mit dem Messer und versuchte, ihn auf den Rücken zu drehen. Sie hörte, wie Laura einen langgezogenen Seufzer ausstieß, wie die Luft im selben Moment aus ihrem Mund entwich, in dem das Blut aus ihrer Wunde zu strömen begann. Dow versetzte Siobhan einen Kopfstoß und erwischte sie am Nasenrücken. Tränen stiegen ihr in die Augen, und für einen Moment verließ sie die Kraft.
Tsssk!
Das Messer fand noch einmal sein Ziel. Siobhan ließ den Arm los, nahm all ihre Kraft zusammen und rammte
Dow das Knie in den Unterleib. Dow taumelte zurück, vor Schmerzen aufjaulend. Siobhan sah, wie Laura zusammensackte. Ihre Knie gaben nach, aber sie hielt immer noch den Türgriff umklammert. Ströme von Blut rannen an ihr hinunter.
Ich muss das hier in den Griff kriegen!
Siobhan versuchte noch einmal, nach Dow zu treten, aber er wich aus, indem er sich einmal um die eigene Achse drehte. Das Messer - ein Teppichmesser, wie man sie in jedem Heimwerkerladen bekam - hielt er immer noch in der rechten Hand. Siobhan holte tief Luft und stieß einen Schrei aus, der ihm durch Mark und Bein gehen sollte.
»Hilfe! Hilfe! Sie stirbt! Donny Dow hat sie umgebracht!«
Beim Klang seines Namens hielt er inne. Vielleicht war es auch das Wort »umgebracht«. Er starrte Laura unverwandt an. Siobhan machte einen Schritt auf ihn zu, aber er wich zurück. Drei, vier, fünf Schritte.
»Du Scheißkerl!«, brüllte sie ihn an. Dann stieß sie nochmals einen Schrei aus, bis ihre Kehle brannte. In den Wohnungen über der Sauna gingen Lichter an. »Neun-neunneun… Krankenwagen und Polizei!« Gesichter tauchten in Fenstern auf, Vorhänge wurden beiseite gezogen. Dow wich immer weiter zurück. Sie musste ihn verfolgen. Aber was geschah dann mit Laura? Siobhan wandte sich um, und als der Blickkontakt abbrach, nutzte Dow die Gelegenheit, um stolpernd in der Dunkelheit zu verschwinden.
Siobhan hockte sich neben Laura, deren Lippen im Licht der Straßenlaternen fast schwarz aussahen. Vielleicht weil ihr Gesicht so weiß war. Sie stand unter Schock. Siobhan suchte nach den Wunden. Zwei mussten es sein … sie musste unbedingt den Blutfluss stoppen. Die Tür der Sauna blieb fest verschlossen.
»Scheißkerl«, zischte Siobhan. Sie konnte Dow nicht mehr sehen.Warmes Blut quoll zwischen ihren Fingern hindurch. »Halten Sie durch, Laura, der Krankenwagen ist gleich da.«
Das Handy steckte in ihrer Tasche, aber sie hatte keine Hand frei.
Scheiße, Scheiße, Scheiße!
Plötzlich stand einer der Nachbarn neben ihr. Er wollte wissen, ob alles in Ordnung sei.
»Drücken Sie hier drauf«, sagte sie und zeigte ihm die Stelle. Dann kämpfte sie mit ihrem Telefon, das ihr immer wieder aus den blutverschmierten Händen glitt. Der Mann schien gelähmt vor Entsetzen. Er war Ende fünfzig, mit schütterem Haar, das ihm in die Stirn fiel. Siobhan schaffte es nicht, die Tasten des Handys zu drücken; ihr Hände zitterten zu sehr. Sie lief hinüber zur Sauna Paradiso, versetzte der Tür einen Tritt und rammte die Schulter dagegen. Ricky machte auf. Er zitterte ebenfalls.
»Mein Gott... ist sie...?«
»Haben Sie neun-neun-neun angerufen?«, wollte Siobhan wissen.
Er nickte. »Ja, ich hab einen Krankenwagen gerufen und…« Er schluckte. »Nur einen Krankenwagen.«
Sie glaubte, eine Sirene zu hören - hoffentlich war sie auf dem Weg hierher. »Haben Sie ihm gesagt, dass sie hier draußen ist?«, fauchte Siobhan.
Ricky schüttelte den Kopf. »Der Typ ist völlig ausgerastet. Ich hab gesagt, sie hätte frei.« Er schluckte wieder. »Ich dachte, der macht mich gleich kalt.«
»Na, da haben Sie ja noch mal Glück gehabt, was?« Siobhan lief an der Frau vorbei, die vorhin auf dem Sofa gelegen hatte und nun aufgestanden war, die Arme schützend vor der Brust gekreuzt. Siobhan fand das Regal mit den Handtüchern und Bademänteln. Aus den hinteren Räumen war Schluchzen zu hören; ihr blieb keine Zeit, um nachzusehen, aber das musste Suzy sein, die verängstigt in einer Ecke kauerte. Siobhan
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