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Die Tore Der Finsternis

Titel: Die Tore Der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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er sich auf den Bauch und lächelte. Die Sekretärin erwiderte sein Lächeln, wohl vor allem aus Erleichterung darüber, dachte Siobhan, dass Hynds nicht auf ihren Arbeitgeber angespielt hatte.
    Der ehemalige Laden hieß nun MGC Lettings. Quer über dem Fenster stand der Slogan »Wir lösen Ihre Wohnungsprobleme.« Draußen vor der Tür hatte Hynds gefragt, wozu ein »kriminelles Superhirn« eine so langweilige Tarnung benötigte. Siobhan war spontan keine Antwort eingefallen. Sie wusste, dass Cafferty noch andere Firmen in der Stadt besaß, vor allem ein Minicar-Unternehmen drüben in Gorgie. Die frische Farbe und der neue Teppich legten den Schluss nahe, dass MGC Lettings ein relativ junges Unternehmen war.
    »Hoffentlich ist das keiner seiner Mieter, den er da bei sich drin hat«, sagte Hynds jetzt. Falls die Sekretärin es gehört hatte, ließ sie es sich nicht anmerken. Sie hatte Kopfhörer aufgesetzt und schien einen Brief vom Band zu tippen. Siobhan hatte sich ein paar Zettel von dem unaufgeräumten Tisch genommen. Es waren Listen mit Mietangeboten. Zumeist handelte es sich um Wohnungen in den weniger begehrten Stadtteilen. Einen der Zettel reichte sie Hynds.
    »Bei vielen Maklerbüros heißt es ›Keine Sozialhilfeempfänger‹. Davon ist hier keine Rede.«
    »Und?«
    »Schon mal von Vermietern gehört, die ihre Wohnungen nur an Sozialhilfeempfänger vergeben und sie dann abzocken?« Hynds schaute sie verständnislos an. »Die armen Leute müssen ihre Bargeldgutscheine abgeben. Der Vermieter löst sie ein und behält fast alles für sich. Das kann sich für ihn richtig lohnen.«
    »Aber das hier ist ein Maklerbüro. Jeder kann hier nach einer Wohnung fragen.«

    »Das bedeutet nicht, dass auch jeder eine bekommt.«
    Hynds brauchte einen Moment, um das zu begreifen, dann schaute er sich die Wände an. Zwei Kalender und eine Wochenübersicht. Keine Originalkunstwerke.
    Die Tür zum hinteren Büro ging auf, und eine rattig aussehende Gestalt schlurfte hastig zum Ausgang. Dann erschien ein imposanter Mann in der Tür. Sein weißes Hemd war so neu, dass es fast schimmerte, und seine Seidenkrawatte hatte die Farbe von frischem Blut. Die Ärmel waren hochgekrempelt, seine Arme sahen dick und behaart aus. Der große Schädel war rund wie eine Bowlingkugel, das borstige, silbergraue Haar kurz geschoren. Seine Augen funkelten finster.
    »Entschuldigen Sie, dass ich Sie habe warten lassen«, ließ er sich vernehmen. »Ich bin Morris Cafferty. Was kann ich für Sie tun?«
    Als Siobhan und Hynds sich erhoben, fragte Cafferty, ob sie Tee oder Kaffee wollten. Beide schüttelten den Kopf.
    »Donna könnte kurz rüber zum Bäcker gehen«, versicherte er ihnen. »Wär kein Problem.«
    Da keine Reaktion erfolgte, führte er sie in sein Büro. Es machte nicht viel her: ein Schreibtisch, der bis auf ein Telefon leer war; ein grauer Aktenschrank mit vier Schubfächern; ein kleines Mattglasfenster. Es brannte Licht, und der Raum vermittelte die Atmosphäre einer sauberen, hell erleuchteten Höhle. Ein Hund, ein braun-weiß gescheckter Spaniel, lief schnurstracks auf Siobhan zu, schnüffelte an ihren Schuhen und rieb seine feuchte Nase an der Hand, die sie ihm entgegenhielt.
    »Sitz, Claret!«, befahl Cafferty. Der Hund zog sich in seine Ecke zurück. »Netter Hund«, bemerkte Siobhan. »Wieso Claret?«
    »Ich bin Rotweinliebhaber«, erwiderte Cafferty lächelnd.
    An einer Wand lehnten drei oder vier in Blasenfolie gehüllte Gegenstände, vermutlich gerahmte Bilder. Siobhan
musste bei dem Anblick an die Gemälde in Marbers Haus denken. Hynds ging schnurstracks auf die Bilder zu, obwohl Cafferty auf die Stühle vor seinem Tisch wies.
    »Noch keine Zeit gehabt, die hier aufzuhängen?«, fragte Hynds.
    »Vielleicht tu ich’s überhaupt nicht«, antwortete Cafferty.
    Siobhan hatte sich gesetzt, und wie von ihr beabsichtigt, war Cafferty unschlüssig, ob er seine Aufmerksamkeit auf sie oder auf Hynds richten sollte. Er konnte nicht beide gleichzeitig im Auge behalten.
    »DC Hynds ist ein kleiner Kunstkenner«, erklärte Siobhan, während Hynds nacheinander die Leinwände begutachtete.
    »Tatsächlich?«, knurrte Cafferty. Sein Jackett hing über der Lehne seines Stuhls, und er saß vorgebeugt da, so als habe er Angst, es zu zerknittern. Seine Schultern wirkten massig. Siobhan fand, er wirke wie ein eingesperrtes, bedrohliches Raubtier.
    »Das hier ist ein Hastie«, erklärte Hynds und hob eines der Bilder in die Höhe, damit Siobhan es

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