Die Tore der Welt
Scheit nach ihm.
Joby wich zurück,
doch Gwenda stürmte ihm hinterdrein, halb wahnsinnig vor Wut. Skip kläffte wie
verrückt. Joby hob die Arme, um sich zu schützen, und versuchte, das Scheit beiseitezuschlagen,
doch die Wut verlieh Gwenda zusätzliche Kraft. Es gelang Joby nicht, ihren
Ansturm aufzuhalten, und so rammte sie ihm das glühende Holz ins Gesicht. Joby
schrie vor Schmerz, als die Glut ihm die Wange verbrannte. Sein schmutziger
Bart fing Feuer, und der scheußliche Geruch von verbrannter Haut erfüllte den
Raum.
Dann wurde Gwenda
von hinten gepackt: Jonah hatte die Arme um sie geschlungen und hielt sie in
eisernem Griff. Gwenda ließ das brennende Scheit fallen. Sofort loderten
Flammen aus dem Stroh am Boden. Skip flitzte winselnd aus dem Haus. Gwenda wand
sich in Jonahs Griff, warf sich von einer Seite zur anderen, doch er war
erstaunlich stark. Mühelos hob er sie hoch.
Plötzlich erschien
eine große Gestalt in der Tür. Gwenda sah nur die Umrisse; dann verschwand die
Gestalt auch schon wieder.
Gwenda wurde zu
Boden geworfen und war für einen Moment benommen. Als ihr Kopf wieder klar
wurde, kniete Jonah auf ihr und fesselte ihr die Hände.
Dann erschien die
Gestalt erneut, und Gwenda erkannte Wulfric.
Diesmal hielt er
einen großen Eimer aus Eiche in der Hand. Rasch leerte er ihn auf das brennende
Stroh und löschte die Flammen.
Dann schwang er den
Eimer herum und traf den knienden Jonah mit einem wuchtigen Schlag am Kopf.
Jonahs Griff um Gwenda
lockerte sich. Sie riss ihre Hände auseinander und spürte, wie die Fesseln sich
lösten. Wieder schwang Wulfric den Eimer und traf Jonah ein zweites Mal,
diesmal noch härter. Jonah schloss die Augen und kippte zu Boden.
Joby löschte seinen
brennenden Bart, indem er seinen Ärmel darauf drückte. Er sank auf die Knie und
stöhnte gequält.
Wulfric riss den
bewusstlosen Jonah am Kittel in die Höhe. »Wer ist das?« »Er heißt Jonah. Mein
Vater wollte mich an ihn verkaufen.« Wulfric packte den Mann am Gürtel, schleppte
ihn zur Tür und warf ihn auf die Straße.
Joby stöhnte. »Hilf
mir! Mein Gesicht ist verbrannt!« »Dir helfen?«, entgegnete Wulfric. »Du hast
Feuer in meinem Haus gelegt und meine Magd angegriffen, und jetzt willst du,
dass ich dir helfe?
Raus mit dir!« Joby
rappelte sich auf. Er stöhnte erbärmlich und wankte zur Tür. Gwenda suchte in
ihrem Herzen, fand aber kein Mitleid für ihn. Die wenige Liebe, die sie noch
für ihren Vater gehabt hatte, war heute Nacht zerstört worden. Als Joby zur Tür
hinaus taumelte, hoffte Gwenda, ihn nie wiederzusehen.
Perkin erschien an
der Hintertür, eine Reisigfackel in der Hand.
Gwenda sah, dass
Annet hinter ihm stand. »Was war hier los?«, fragte er. »Ich dachte, ich hätte
einen Schrei gehört.«
Wulfric sagte:
»Joby war mit irgendeinem Gauner hier. Sie wollten Gwenda entführen.«
Perkin grunzte.
»Wie ich sehe, hast du das Problem gelöst.« »Das war nicht schwer.« Wulfric
bemerkte, dass er noch immer den Eimer in der Hand hielt, und stellte ihn ab.
Annet fragte: »Bist
du verletzt?«
»Nicht ein
Kratzer.«
»Brauchst du
etwas?«
»Ich will nur
schlafen.«
Perkin und Annet
verstanden den Wink und verschwanden. Außer ihnen schien niemand den Tumult
bemerkt zu haben. Wulfric schloss die Tür und musterte Gwenda im Feuerschein.
»Wie fühlst du dich?«
»Ein bisschen
wackelig auf den Beinen.« Sie setzte sich auf die Bank und stützte sich mit den
Ellbogen auf den Küchentisch.
Wulfric ging zum
Schrank. »Trink einen Schluck Wein, damit du wieder zu Kräften kommst.« Er
holte ein kleines Fass, stellte es auf den Tisch und nahm zwei Becher vom
Regal.
Gwenda war auf
einen Schlag hellwach. War jetzt endlich ihre Chance gekommen? Sie musste rasch
handeln.
Wulfric goss Wein
in die Becher und legte das Fässchen in den Schrank zurück. Gwenda blieben nur
wenige Sekunden. Als Wulfric ihr den Rücken zuwandte, griff sie zwischen ihre
Brüste, holte die Phiole hervor, öffnete sie mit zitternder Hand und leerte sie
in seinen Becher.
Wulfric drehte sich
im selben Augenblick um, als Gwenda das Fläschchen wieder zwischen ihre Brüste
stopfte. Sie zupfte am Ausschnitt ihres Kleides, als wollte sie es richten. Wie
es bei Männern oft der Fall war, bemerkte Wulfric gar nicht, dass etwas nicht
stimmte, und setzte sich Gwenda gegenüber an den Tisch.
Gwenda nahm ihren
Becher und hob ihn, um einen Trinkspruch
Weitere Kostenlose Bücher