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Die Tore der Welt

Titel: Die Tore der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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triumphierendes Lächeln spielte um seine Lippen.
    Edmund konnte sich
kaum noch beherrschen. »So wird nicht gehandelt, Godwyn!«, sagte er mit
zitternder Stimme. »Du weißt, worauf wir uns geeinigt haben!«
    »Ich weiß gar
nichts! Und sagt gefälligst Vater Prior zu mir!« Edmund hob die Stimme. »Dann
sind wir genau wieder an dem Punkt angelangt, wo wir mit Prior Anthony vor drei
Monaten waren! Nur haben wir jetzt keine unzureichende Brücke, wir haben gar
keine Brücke mehr. Denk bloß nicht, dass der Bau dich nichts kosten wird.
    Die Bürger mögen
der Priorei ja ihre lebenslangen Ersparnisse gegen die Sicherheit des
Brückenzolls leihen, aber sie werden ihr Geld nicht verschenken … Vater
Prior.« »Dann müssen sie eben ohne Brücke zurechtkommen. Ich bin gerade erst
Prior geworden.
    Soll ich meine
Amtszeit vielleicht damit beginnen, ein Recht wegzugeben, das meine Priorei
seit Hunderten von Jahren besitzt?«
    »Aber das ist doch
nur vorübergehend!«, explodierte Edmund.
    »Und wenn du es
nicht tust, wird niemand Brückenzoll bekommen, weil es dann nämlich keine
Brücke gibt!« Caris war außer sich vor Wut, biss sich jedoch auf die Zunge und
versuchte zu ergründen, was Godwyn im Schilde führte. Er nahm Rache für den
gestrigen Abend, gewiss, aber meinte er es wirklich ernst? »Was willst du?«,
fragte sie ihn.
    Edmund schaute ob
der Frage überrascht drein, sagte aber nichts. Der Grund, warum er Caris häufig
zu solchen Treffen mitnahm, war einfach: Sie sah oft Dinge, die ihm entgingen,
und stellte Fragen, an die er nicht gedacht hatte.
    »Ich weiß nicht,
was du meinst«, erwiderte Godwyn.
    »Du hast uns
überrascht«, sagte sie. »Du hast uns auf dem falschen Fuß erwischt. Also gut.
Wir geben zu, dass wir etwas vermutet haben, was vielleicht nie so gewesen ist.
Aber was ist dein Ziel?
    Willst du damit
bloß erreichen, dass wir uns dumm vorkommen?«
    »Ihr habt um dieses
Treffen gebeten, nicht ich.« Edmund platzte heraus: »Was ist das für eine Art,
mit deinem Onkel und deiner Base zu reden?« Caris musterte Godwyn. Der Prior
hatte einen geheimen Plan, da war sie sicher, nur wollte er es nicht zugeben.
Na schön, dachte sie bei sich, dann muss ich eben raten. »Lass mir einen Moment
zum Nachdenken«, sagte sie zu Edmund. Godwyn wollte noch immer eine Brücke — es
konnte nicht anders sein; alles andere ergab keinen Sinn. Sein Beharren auf
uralten Rechten der Priorei war bloße Rhetorik, jene Art hochmütiges Geschwätz,
das man die Studenten in Oxford lehrte. Wollte er, dass Edmund nachgab und
Elfrics Entwurf übernahm? Caris glaubte es nicht. Wahrscheinlich missfiel es
Godwyn, wie Edmund sich über seinen Kopf hinweg an die Bürgerschaft gewandt
hatte — aber auch er würde in Betracht ziehen, dass Merthin für fast das
gleiche Geld das Doppelte bot. Was also konnte es sonst sein? Vielleicht wollte
er einfach nur einen besseren Handel.
    Godwyn hatte sich
die Finanzen der Priorei wahrscheinlich schon genau angeschaut, vermutete
Caris. Nachdem er über viele Jahre hinweg aus einer bequemen Position heraus
gegen Prior Anthonys schlechte Führung gewettert hatte, musste er sich nun der
Aufgabe stellen, es besser zu machen. Und das war womöglich nicht so leicht,
wie er es sich vorgestellt hatte. Vielleicht war Godwyn, was geldliche und
organisatorische Dinge betraf, doch nicht so klug, wie er geglaubt hatte. In
seiner Verzweiflung wollte er nun die Brücke und die Zolleinnahmen. Aber wie
wollte er das durchsetzen?
    Caris fragte: »Was
könnten wir dir anbieten, damit du deine Meinung änderst?«
    »Baut die Brücke,
ohne den Zoll einzustreichen«, antwortete er sofort.
    Das also war sein
Plan. Du warst schon immer ein wenig hinterlistig, Godwyn, dachte Caris.
    Ihr kam eine Idee.
»Über wie viel Geld reden wir?«, fragte sie.
    Godwyn blickte sie
misstrauisch an. »Warum willst du das wissen?« Edmund sagte: »Das können wir
ausrechnen. Bürger nicht mitgezählt, die keinen Zoll zahlen, überqueren an jedem
Markttag gut hundert Leute die Brücke, und Karren zahlen zwei Pennys. Natürlich
ist das jetzt mit der Fähre viel weniger geworden.« Caris rechnete: »Sagen wir
120 Pennys die Woche, zehn Shilling, was ungefähr auf 26 Pfund im Jahr
hinausläuft.« Edmund sagte: »Und während der Wollmarktwoche sind es ungefähr
tausend am ersten Tag und noch einmal zweihundert an jedem folgenden.« »Das
sind 2200 plus Karren  …  das macht 2400

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