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Die Tore der Welt

Titel: Die Tore der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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einst entdeckt, erzählte sie
Merthin.
    Nun fragte er
träge: »Warum wolltet ihr auch diese Insel haben?« »Ich weiß nicht … Sie ist
nicht so wertvoll wie das Land zu beiden Seiten der Brücke. Anpflanzen kann man
dort nichts, aber sie könnte ausgebaut werden. Ich habe die Insel wohl nur
genommen, weil Godwyn nichts dagegen hatte.« »Wirst du eines Tages den Wollhandel
deines Vaters übernehmen?« »Nein.« »Bist du sicher? Warum nicht?«
    »Es ist zu einfach
für den König, den Wollhandel zu besteuern. Er hat gerade erst eine
Zusatzsteuer von einem Pfund pro Wollsack verkündet — die kommt noch einmal auf
die bestehende Steuer von zwei drittel Pfund obendrauf. Der Wollpreis ist jetzt
so hoch, dass die Italiener sich in anderen Ländern nach Wolle umschauen, in
Spanien zum Beispiel. Das Geschäft hängt ganz und gar von der Gnade des Königs
ab.«
    »Trotzdem kann man
sich damit seinen Lebensunterhalt verdienen. Außerdem — was willst du sonst
tun?« Merthin versuchte, das Gespräch in Richtung Ehe zu lenken. Caris sprach
dieses Thema von sich aus nie an.
    »Ich weiß es
nicht.« Sie lächelte. »Als ich acht war, wollte ich Arzt werden. Ich dachte,
ich hätte meine Mutter retten können, hätte ich mehr über Medizin gewusst. Alle
haben mich ausgelacht.
    Mir war nicht klar,
dass nur Männer Ärzte werden können.«
    »Du könntest eine
weise Frau werden, wie Mattie.« »Da wäre meine Familie aber geschockt! Stell
dir nur mal vor, was Petronilla sagen würde. Und Mutter Cecilia glaubt, es sei
mein Schicksal, Nonne zu werden … « Merthin lachte. »Wenn sie dich jetzt
sehen könnte!« Er küsste die weiche Innenseite ihrer Schenkel.
    »Dann würde sie
vermutlich gerne tun, was du gerade tust«, erwiderte Caris. »Du weißt, was man
über Nonnen so sagt.«
    »Wie kommt Mutter
Cecilia auf die Idee, dass du dem Konvent beitreten willst?«
    »Ich habe ihr nach
dem Brückeneinsturz bei der Versorgung der Verletzten geholfen. Sie meint, ich
hätte eine natürliche Gabe dafür.«
    »Hast du auch. Ich
hab‘s selbst gesehen.« »Ich habe nur getan, was Cecilia gesagt hat.«
    »Aber die Leute
schienen sich besser zu fühlen, kaum dass du mit ihnen gesprochen hast. Du hast
dir immer zuerst angehört, was sie zu sagen hatten, bevor du ihnen gesagt hast,
was sie tun sollen.«
    Caris streichelte
ihm übers Haar. »Ich könnte niemals Nonne werden. Dafür habe ich dich zu gern.«
    Merthin starrte auf
das rotbraune Dreieck zwischen ihren Beinen. »Du hast da ein kleines
Muttermal«, sagte Merthin. »Genau da, links, neben der Spalte.«
    »Ich weiß. Das habe
ich schon, seit ich ein kleines Mädchen war.
    Früher habe ich es
für hässlich gehalten. Ich war froh, als mir dort Haare gewachsen sind, weil
mein zukünftiger Mann das Muttermal dann nicht sehen würde. Dass jemand so
genau hinschaut wie du, daran habe ich nie gedacht.«
    »Friar Murdo würde
dich wegen dieses Muttermals eine Hexe nennen. Nicht, dass er mal davon
erfährt!«
    »Nicht mal, wenn er
der letzte Mann auf Erden wäre.« »Wärst du Muselmanin, würde dieser kleine
Makel dich vor Blasphemie bewahren.« »Wie meinst du das?«
    »In der arabischen
Welt wird jedes Kunstwerk mit einem kleinen Makel behaftet, damit sein Schöpfer
nicht das Sakrileg begeht, in Wettbewerb mit der Vollkommenheit göttlichen
Schaffens zu treten.«
    »Woher weißt du
das?«
    »Einer der
Florentiner hat es mir erzählt. Übrigens … Glaubst du, dass der Rat die Insel
haben will?« »Warum fragst du?« »Weil ich sie gerne hätte.« »Vier Morgen Felsen
und Hasen? Warum?«
    »Ich würde dort
eine Anlegestelle und einen Bauhof errichten.
    Dann könnte man
Holz und anderes Material direkt über den Fluss zu der Anlegestelle bringen.
Und wenn erst die Brücke fertig ist, würde ich gerne ein Haus auf der Insel
bauen.«
    »Das ist eine feine
Idee, nur wird der Rat dir die Insel nicht kostenlos überlassen.«
    »Wie wär‘s, wenn
ich mit einem Teil meines Lohns dafür bezahle? Sagen wir, die Hälfte meines
Lohns für zwei Jahre.«
    »Du willst vier
Pennys pro Tag — dann würde die Insel knapp über fünf Pfund kosten. Ich könnte
mir vorstellen, dass es dem Rat gefallen würde, so viel für ein kahles Stück
Land zu bekommen.«
    »Du findest also
auch, dass es eine gute Idee ist?« »Ja. Du könntest auf der Insel Häuser bauen
und sie vermieten, sobald die Brücke fertig ist.« »Stimmt«, sagte Merthin

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