Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition)
schrie.
»… KÜMMERT MICH NICHT !«
Denaos flog.
Es war richtig so, das wusste er selbstverständlich. Er flog, um einer Gefährtin zu helfen und sie vor demselben Schicksal zu bewahren, vor dem er sie nur wenige Nächte zuvor nicht hatte retten können. Das war gut, höchst moralisch. Sehr vernünftig.
Was ihn nicht daran hinderte, wie verrückt zu kreischen.
Er landete mitten in einem Haufen purpurner Leiber, krachte in die Niederlinge, die gerade ihre Bogen geholt hatten, um auf seinen Gefährten zu feuern. Sie polterten über das Deck, ein Wirrwarr aus Gliedmaßen, Holz und Metall.
Denaos bildete sich ein, dass sie nicht einmal die Klinge bemerkt hatten, die ihnen die Gurgel durchtrennte, jedenfalls nicht, bis er aus dem Haufen von purpurnem Fleisch aufstand und davonging. Er hinterließ rote Fußstapfen.
Zuerst fiel Asper ihm ins Auge. Sie war bei Bewusstsein, hatte die Augen weit aufgerissen und sagte kein Wort, während ein gezacktes Messer sich an ihre ungeschützte Kehle drückte. Dann sah er Xhai, gleichgültig, mit toten weißen Augen. Sie hielt Aspers Haar in einer Hand und umklammerte mit der anderen den Griff des Messers. Beide Frauen sahen ihn an, beide sprachen zu ihm, die eine mit Worten, die andere ohne.
»Das funktioniert nicht«, meinte Xhai.
»Natürlich funktioniert das«, widersprach Denaos und ging langsam auf sie zu. »Du hasst sie viel zu sehr, um sie einfach so umzubringen. Du hast zu viele zu gute Gründe, um ihr einfach die Gurgel durchzuschneiden.«
Xhai sagte nichts. Ein Kloß verschwand in Aspers Kehle und kratzte sanft gegen die Klinge, als sie schluckte. Sie riss die Augen noch etwas weiter auf, was wohl bedeuten sollte, dass sie seine Zuversicht nicht in jeglicher Hinsicht teilte. Denaos ging weiter.
»Du wirst sie nicht töten«, sagte er. »Nicht, solange du ihr Schlimmeres antun kannst. Nicht wenn du mir zeigen musst, dass es Schlimmeres gibt.«
Xhai zog ihre Augen zu Schlitzen zusammen. Asper quiekte leise, mehr als bereit, ein paar Locken ihres Haares zu opfern, aber nicht ganz sicher, ob sie die Klinge nicht anschließend in ihrem Bauch wiederfinden würde. Denaos ging immer weiter auf die beiden zu und lächelte.
»Und weil du sie nicht töten wirst«, erklärte er, während er näher kam, »ist das hier der Ort, wo die letzten Leichen fallen. Hier werden du und ich sterben«, sagte er. Er griff an. »Hier werden …«
Wie auch immer er diesen Gedanken hatte beenden wollen, es hätte weit besser geklungen, wenn der Messergriff, der plötzlich hochschoss und gegen seinen Mund krachte, ihn nicht gezwungen hätte zu nuscheln. Auch dass Asper plötzlich mit einem wütenden Fauchen auf die Füße sprang, wäre wahrscheinlich wesentlich effektiver gewesen, wenn Xhai sie nicht einfach am Haar zurückgerissen und auf die Planken geschleudert hätte.
Denaos hätte all das trotzdem nicht gar so schlimm gefunden, hätte sein Kopf nicht plötzlich die Eigenschaften eines Bleigewichts angenommen: dumpf, unintelligent und zu nichts weiter gut, als ihn herunterzuziehen.
»Nicht so«, knurrte Xhai, als sie ihn hochhob und über ihren Kopf stemmte. »Nicht einfach so. Und nicht ihretwegen.«
Er registrierte undeutlich, dass sie ihn zur Reling trug. Ebenso undeutlich sah er, wie Dreadaeleon seine Arme nach hinten schwang. Er spürte vage, wie die Luft zu zerreißen schien, als der Sand hinter dem Jüngling hochflog und eine unsichtbare Macht ihn durch die Luft zum Schiff katapultierte. Dreadaeleons Augen glühten, und seine Mantelschöße peitschten hinter ihm.
»Du hättest mich töten sollen«, schnarrte Xhai. »Vorhin. Das wäre besser gewesen.«
Dann wurde Denaos daran erinnert, dass Bleigewichte noch einen weiteren Nutzen hatten.
Sie stieß die Arme vor, und er flog, taumelte hilflos durch die Luft. Er hörte Dreadaeleons Warnruf nicht, spürte kaum, wie er mit dem Jüngling zusammenprallte und sie beide in die Brandung stürzten.
Er erwachte erst aus seiner Betäubung, als ihm bewusst wurde, dass er nicht mehr atmete. Alles andere war vergessen: Dreadaeleon, Asper, Xhai, wer ihn ins Meer geworfen hatte. Er konnte nur an Flucht denken, an Luft.
Er schlug um sich, kämpfte gegen eine formlose, nicht fassbare Flut. Durch pures Glück erreichte er die Oberfläche und holte keuchend Luft. Mit noch mehr Glück und viel Wassertreten gelang es ihm, den Strand zu erreichen. Er kroch in seiner triefenden Lederkleidung ans Ufer und spuckte Meerwasser in den Sand.
Nachdem er
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