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Die Tote am Watt

Die Tote am Watt

Titel: Die Tote am Watt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
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eiskalten Bommerlunder, während er sich anhörte, dass Mamma Carlottas Schwiegertochter mit großem Erfolg die Touristen frisierte, die sich gelegentlich in das kleine Bergdorf verirrten.
    »Sicherlich kannten Sie meine Tochter Lucia?«, fragte Mamma Carlotta den Wirt.
    Aber Tove Griess bedauerte. »Nur vom Hörensagen. Natürlich weiß hier jeder, dass der Hauptkommissar mit einer Italienerin verheiratet war. Aber ich habe niemals mit ihr gesprochen.«
    »Davvero?« Mamma Carlotta konnte es kaum glauben. »War sie denn niemals hier, um einen Vino rosso zu trinken?«
    Tove Griess schüttelte den Kopf, und Fietje Tiensch antwortete: »Wahrscheinlich hatte es ihr Mann verboten. Tove hat nämlich, während sein Schiff vor Gibraltar sank, in Wirklichkeit in Niebüll im Gefängnis gesessen, jawoll. Und Ihr Schwiegersohn höchstpersönlich hat für seine Verhaftung gesorgt, Signora.«
    Mamma Carlotta war sehr betroffen. Sie starrte so lange in Toves Gesicht, bis sie darin lesen konnte, dass Fietjes Behauptung nicht von der Hand zu weisen war. Dann leerte sie ihr Glas in einem Zug und meinte mit klarer Stimme: »Wenn Enrico so etwas getan hat, dann wird es richtig gewesen sein.«
    Tove warf Fietje einen vernichtenden Blick zu. »Was redest du für einen Unsinn?«
    »Keinen Unsinn, sondern die Wahrheit, jawoll.«
     Während Mamma Carlotta gewissenhaft das Geld auf die Theke zählte, fing sie einen Blick zwischen den beiden auf, der nicht von Einverständnis zeugte.
    Tove strich die Münzen so zögernd ein, als überlegte er, ob man der Schwiegermutter des Hauptkommissars überhaupt Geld abnehmen dürfe. Er hatte Hände, die viel zu breit und zu kräftig für die zarten Münzen waren, mit dichter Behaarung, die bis in die Hemdsärmel wuchs. Seine Schultern waren breit genug für einen Käpten, aber zu breit für einen Currywurstverkäufer. Sein Hals gehörte zu einem Mann, der sich vor Gibraltar schwimmend an den Strand rettete, sein Mund zu einem Kerl, der unflätig fluchen und schimpfen konnte. »Besser, Sie erzählen Ihrem Schwiegersohn nichts von Ihrem Besuch hier«, sagte er zum Abschied.
    »Aber kommen Sie ruhig wieder her«, rief Fietje ihr nach. »Italienische Signoras haben wir hier selten.«
    Als Mamma Carlotta wieder vor Käptens Kajüte stand und den Hochkamp entlangblickte, wunderte sie sich ein weiteres Mal über die Breite des Weges und seine Endlosigkeit. In Umbrien gab es keine einzige Gasse, die direkt in den Himmel führte. Die Dämmerung war bereits zu erahnen. Und sie wollte doch noch zum Friedhof, bevor es dunkel wurde.
    Mamma Carlotta beugte sich vor, schlug die Arme um ihren Körper, schützte sich, so gut es ging, vor dem Wind, der heftiger und noch kälter geworden war. Wie hatte Lucia, die an heiße Tage und warme Sommernächte gewöhnt gewesen war, diesen Wind ertragen?
    Mamma Carlotta blickte nur kurz auf, als sie die Bewegung hinter Käptens Kajüte bemerkte, dann schritt sie forsch aus. Ein Mann mit einer roten Schirmmütze erhob sich. Menschen, die bei diesem Wetter im Gras hockten, waren ihr genauso rätselhaft wie die, die sich in der Mittagshitze unter der Sonne ausstreckten, um braun zu werden. Besser, man kümmerte sich nicht um sie.
    Erik lief Mamma Carlotta durch den Vorgarten entgegen. »Endlich! Wo warst du nur so lange? Stimmt es, was Felix sagt? Du warst allein am Meer?«
    Mamma Carlotta betrachtete ihren Schwiegersohn verdutzt. »Du hast dir Sorgen um mich gemacht?« Prompt ging über ihr Gesicht das Leuchten, das Erik von jeher eine Warnung gewesen war. Trotzdem gelang es ihm diesmal nicht, durch abwehrende Gebärden anzuzeigen, dass er weder geherzt noch geküsst werden wollte. Mamma Carlotta wurde von ihren Gefühlen überwältigt, zerrte ihn in ihre Arme und schaffte es, seinen Rücken weich und rund zu machen. Dann schob sie ihn wieder von sich und strahlte ihm ins Gesicht. »Lass uns reingehen, Enrico. Diese Kälte, dieser Wind … nicht auszuhalten! Ich muss all meine Pullover übereinander ziehen, wenn wir zum Friedhof gehen.«
    Erik folgte ihr, ging zur Garderobe und nahm eine Jacke vom Haken. Er hielt sie Mamma Carlotta hin. »Die dürfte dir passen. Ich habe noch eine andere warme, winddichte Jacke.«
    Mamma Carlotta nickte strahlend und strahlte noch, während sie sich abmühte, über ihrer Oberweite die Knöpfe zu schließen, denen über Eriks Brust nie eine besondere Verantwortung aufgebürdet worden war. Sie strahlte auch noch, als sie in die Küche ging und sich

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