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Die Tote am Watt

Die Tote am Watt

Titel: Die Tote am Watt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
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erhob sich und sah auf Sören hinab, der sich noch eifrig Notizen machte. »Wir werden das überprüfen, wenn wir den genauen Todeszeitpunkt kennen.«
    Bernadette strich sich nervös die spröden Haarsträhnen zurück, die sie im Nacken mit einem Band zusammengefasst hatte. »Sie glauben, ich habe meine Schwester umgebracht?« Ihre Stimme zitterte, und die Empörung war schlecht gespielt. »Nur, weil ich sie nicht gut leiden konnte, bringe ich sie doch nicht um. Und nur, weil ich nach ihrem Tod eine reiche Frau sein werde …«
    »Das ist ja noch nicht raus«, warf Erik ein. »Oder?«
    Bernadette Frenzel antwortete nicht. Sie nickte nur, als Erik und Sören sich erhoben, und reichte ihnen auch nicht die Hand, als sie sich verabschiedeten. Wortlos schloss sie die Tür hinter ihnen. Erik war sicher, dass sie ihnen durchs Fenster nachblickte.
    Weder er noch Sören redete ein Wort, bis sie auf der Listlandstraße Richtung Wenningstedt fuhren. Die großen, dunklen Wohnhäuser waren genauso hässlich wie die Kasernen. Durch sie würde List immer die arme Schwester von Westerland und Wenningstedt bleiben.
    »Sie glauben, dass sie es gewesen ist?«, fragte Sören. »Die arme Schwester erwürgt die reiche, um an ihr Geld zu kommen?«
    »Könnte sein. Ein Motiv hat sie jedenfalls. Und kein Alibi.«
    »Aber sie weiß ja gar nicht, ob sie ihre Schwester überhaupt beerbt.«
    »Angeblich!«, korrigierte Erik. »Vielleicht weiß sie es doch. Wenn sie die einzige Verwandte ist, wird sie Christa Kern beerben, sofern kein Testament vorliegt. Fragen Sie beim Amtsgericht in Niebüll nach, Sören. Vielleicht liegt dort ein Testament vor. Oder beim Amtsgericht in Dortmund, wo die Kerns früher lebten. Und sehen Sie nach, ob es in den Akten einen Schriftwechsel mit einem Notar gibt. Möglicherweise ist dort ihr Testament hinterlegt. Eine reiche Frau wie Christa Kern hat sicherlich ein Testament gemacht. Obwohl sie erst sechsundvierzig Jahre alt war. Das Testament ist wichtig!«
    Sören schwieg eine Weile. »Nicht unbedingt. Die Frenzel könnte ihre Schwester auch umgebracht haben, um an die vierzigtausend Euro zu kommen, die jetzt fehlen.«
    »Stimmt. Trotzdem könnte das Testament ein wichtiger Hinweis sein. Zum Beispiel, wenn Christa Kern erst jetzt die Absicht hatte, eins zu errichten. Oder wenn sie plante, ihr Testament zu ändern.«
    »Um das Geld der Kirche zu vermachen?«
    »Zum Beispiel.«
    »Dann wäre die Frenzel noch verdächtiger.«
    »Genau. Also kümmern Sie sich darum, Sören.«
    »Und die Putzfrau? Wann werden wir die nach ihrem Alibi fragen?«
    »Wenn der Todeszeitpunkt exakt feststeht. Ich hoffe, Dr. Hillmot ist bald so weit.«
    »Heide Pedersen ist mindestens ebenso verdächtig wie Bernadette Frenzel. Stellen Sie sich vor, Sie machen einer Frau den Dreck weg, die viel mehr Geld hat, als sie braucht, und überdies ihr Geld nutzt, um andere zu demütigen. Kämen Sie dann nicht auch irgendwann auf die Idee, sich einen Teil dieses Geldes anzueignen? Vierzigtausend Euro! Heide Pedersen kann davon gewusst haben. Mit vierzigtausend Euro könnte ihr Sohn endlich den Computerladen eröffnen und würde ihr nicht mehr auf der Tasche liegen. Und er würde seine Mutter sicherlich auch nicht mehr schlecht behandeln. Oder …«
    »Sie haben Recht, Sören«, warf Erik ein. »Erkundigen Sie sich nach Heide Pedersen und ihren wirtschaftlichen Verhältnissen. Vielleicht hat die Familie Schulden? Dann brauchen wir nur abzuwarten, ob sie demnächst bezahlt werden. Und wenn der Sohn herumerzählt, dass er nun bald ein Intercafé eröffnet …«
    »Aber so dumm wird die Familie Pedersen nicht sein«, ergänzte Sören.
    »Also werden wir erst mal die Alibis von Heide Pedersens Mann und ihrem Sohn überprüfen.«
    Damit war alles gesagt. Der Motor brummte, gelegentlich knirschte die Bremse. Erst als sie nach Wenningstedt hineinfuhren, fragte Sören: »Wie gefällt es eigentlich Ihrer Schwiegermutter auf Sylt?«
    Erik hob die Schultern und ließ sie wieder fallen. Wie sollte es ihr schon gefallen? Sie hatte ja noch nichts von Sylt gesehen. Mamma Carlotta würde wohl in diesem Augenblick ihre Koffer auspacken und damit das ganze Haus durcheinanderbringen. Und wenn sie jetzt bereits mit der Zubereitung des Abendessens beschäftigt war, würde die Küche in einem chaotischen Zustand sein. Zwischen den Kochtöpfen würde es Mamma Carlotta so gut gefallen wie in Umbrien, und Erik hielt es für möglich, dass sie während ihres Besuchs kaum mehr

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