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Die Tote am Watt

Die Tote am Watt

Titel: Die Tote am Watt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
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mit ihrem Mann Urlaub in Kampen, dann starb der reiche Kern. Übrigens nur vier Wochen später als mein Mann. Christa verkaufte irgendwann die Villa in Dortmund und zog ganz hierher, obwohl das Haus in Kampen eigentlich nur ein Ferienhaus sein sollte.« Sie kniff die Augen zusammen und überprüfte in Gedanken noch einmal ihre Angaben. »Ja, Christa war sechsundzwanzig, als sie heiratete. Ich war damals neunzehn und habe davon geträumt, auch einen reichen Mann zu finden.«
    Dass es ihr nicht gelungen war, sprach sie nicht aus. Erik und Sören wussten, dass sie mit einundzwanzig einen Sylter Matrosen geheiratet hatte, der seine ganze Heuer in das Häuschen gesteckt hatte, das Bernadette nun zu erhalten versuchte.
     »Ich hatte Christa lange nicht gesehen«, fuhr sie fort. »In die Villa in Dortmund war ich nie eingeladen worden. Unsere Eltern, die damals noch lebten, übrigens auch nicht. Wir waren nicht standesgemäß, mit uns musste man sich ja schämen.« Bernadette spuckte ein bitteres Lachen aus. »Aber als der reiche Kern ein Haus auf Sylt haben wollte, erinnerte sich Christa daran, dass sie eine Schwester in List hatte. Mein Mann lebte damals noch. Er hat das Haus in Kampen für sie gefunden, mein Schwager brauchte nur noch den Kaufvertrag zu unterschreiben. Immerhin hat er uns eine Provision gezahlt, der Kern war in solchen Sachen immer sehr korrekt.«
    »War die Ehe Ihrer Schwester glücklich?«, fragte Erik.
    »Glücklich?« Wieder dieses bittere Lachen. »In Christas Nähe konnte niemand glücklich sein. Warum mein Schwager es so lange mit ihr ausgehalten hat, weiß ich nicht. Sein Sohn ist jedenfalls zwei Jahre nach seinem Tod ausgezogen, sobald er volljährig war. Er hat sich nie wieder bei Christa blicken lassen.«
    »Haben Sie Kinder, Frau Frenzel?«, fragte Erik.
    »Nein, mir ist im Leben nicht viel geglückt. Christa hatte auch keine leiblichen Kinder. Nicht einmal darin habe ich sie übertrumpfen können.«
    »Wenn Sie nun tatsächlich das Erbe Ihrer Schwester antreten …«
    »Sie meinen, sie könnte es fertiggebracht haben, mich zu enterben?« Bernadette stieß sich vom Küchenschrank ab und machte einen Schritt auf das Fenster zu, das mit einer Häkelgardine zugehängt war. »Zuzutrauen wäre es ihr. Obwohl ich nicht wüsste, wem sie ihr Vermögen sonst vererben sollte. Aber es würde zu ihr passen, das Geld der Kirche zu vermachen, nur um mich zu ärgern.« Sie drehte sich um und sah Erik eindringlich an. »Bekommt man als Schwester einen Pflichtteil, wenn man enterbt worden ist?«
    Erik schüttelte den Kopf. »Pflichtteilberechtigt sind nur Kinder, Eltern und Ehegatten. Aber wie gesagt … ein Testament haben wir nicht gefunden. Natürlich könnte eins bei einem Notar oder beim Amtsgericht hinterlegt sein …« Er ließ den Satz durch die Küche schweben und beobachtete Christa Kerns Schwester, in deren Gesicht das Bemühen stand, ihre Geldgier nicht erkennen zu lassen. »Wo waren Sie am Sonnabend?«, fragte er.
    Bernadette Frenzel schreckte auf. »Ich brauche ein Alibi?«
    Erik nickte. »Alle, die von Christa Kerns Tod profitieren, werden nach ihrem Alibi gefragt.«
    »Das ist reine Routine«, ergänzte Sören versöhnlich.
    »Sonnabend …« Bernadette steckte die Nase in die Häkelgardine und sah, während sie überlegte, nach draußen, obwohl Erik gerne ihr Gesicht gesehen hätte. Schließlich drehte sie sich um. »Wann genau am Sonnabend?«
    »Der Zeitpunkt des Todes konnte noch nicht exakt bestimmt werden«, entgegnete Erik. »Also sagen Sie uns, wie Sie den Sonnabend verbracht haben.«
    Bernadette zupfte die Tischdecke zurecht, knipste ein paar Blätter von einem dürren Alpenveilchen, das auf der Fensterbank stand, rückte einen Salzstreuer, der auf dem Tisch stand, von links nach rechts und antwortete schließlich: »Ich war den ganzen Tag zu Hause. Ich habe neue Vorhänge für die Fremdenzimmer genäht. Im Winter konnte ich einen günstigen Stoff ergattern, und ehe die Saison beginnt …«
    »Das heißt, Sie haben am Sonnabend mit niemandem Kontakt gehabt? Niemand hat Sie gesehen? Sie waren nicht einkaufen?«
    »Nein.«
    »Kein Gespräch mit einem Nachbarn?«
    »Nein.«
    »Der Briefträger?«
    »Ich bekomme selten Post.« Sie stutzte, dann fuhr sie fort: »Aber ein Feriengast wohnt zurzeit bei mir, mit dem ich ein paar Worte geredet habe, als wir uns vor dem Haus trafen. Und ich habe ihn in seinem Zimmer gehört, da wird er wohl auch meine Nähmaschine gehört haben.«
    Erik

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