Die Tote auf dem Opferstein: Kriminalroman
Johansson strömten die hellen Töne von »Glanz über See und Strand« und schwebten durch die hohen Kirchenfenster, am Hexenviertel vorbei und hinauf in den sternenklaren Winterhimmel.
Nachwort
Dichtung wird oft von der Wirklichkeit übertroffen, und auch während der Entstehung von
Die Tote auf dem Opferstein
bin ich viele Male über die unwahrscheinlichsten Zufälle gestolpert.
Einer ereignete sich, als ich gerade ein geeignetes Haus für meine wegen Hexerei angeklagte Frau gefunden hatte. Um meine Geschichte glaubwürdig erzählen zu können, sah ich mir die Besitzverhältnisse der umliegenden Gebäude an. Ein paar Häuser weiter, in der Hospitalsgatan 7, las ich Folgendes: »Der Legende nach wohnte hier Marstrands letzte Hexe.« Ich bekam eine Gänsehaut. Das ist doch verrückt, dachte ich. Ich änderte die Adresse und ließ meine angebliche Hexe in ihr eigenes Haus einziehen. Die »echte« Hexe war die Mutter von Pfarrer Fredrik Bagge, der später Gemeindepfarrer in Marstrand wurde. Die Familie lebte hier, lange bevor das Haus, das heute auf dem Grundstück steht, schriftlich erfasst wurde.
Auf ein anderes merkwürdiges Zusammentreffen stieß ich während der Suche nach einem guten Wohnort für meine Figur Kristian. Die Journalistin Jenny Johansson und der Fotograf Jerry Lövberg besuchten mich, um eine Reportage über mein erstes Buch
Die Tochter des Leuchtturmmeisters
zu machen, und erzählten mir von Gut Nygård. Nygård ist ein Schloss auf der Insel Vargön nördlich von Trollhättan, in dem es angeblich spukt. Da ich mich ohnehin in diesem Gebiet bewegte, las ich einiges über das Schloss. Ich staunte nicht schlecht, als ich die Verbindungen nach Marstrand entdeckte, ein Zweig der Familie Bagge war nach Nygård gezogen … Natürlich musste Kristian dort wohnen.
Ich nahm Kontakt mit Lillemor und Kurt Blennermark auf, denen das Schloss heute gehört, und fragte sie, ob ich ihr Zuhause in meinem Buch verwenden darf. An einem winterlichen Samstag werde ich zum Kaffee eingeladen und darf einen Blick in Kurts Ordner werfen. Darin hat er alle unerklärlichen Ereignisse auf Nygård gesammelt. Gewissenhaft hat er jeweils das Datum, die Uhrzeit und den Vorfall selbst festgehalten.
Es ist schon merkwürdig, wenn man in der hellen Küche dieses riesigen Gebäudes sitzt und einem zwei so freundliche und vernünftige Personen – sie ist Pferdezüchterin und er leitet ein Unternehmen – ganz sachlich von all den rätselhaften Dingen erzählen, die sich dort abspielen. Schwere Schritte auf der gusseisernen Treppe ins Obergeschoss. In den neuen Kleiderschränken riecht es plötzlich so durchdringend nach Pferdemist, dass Kurt seine Kleider woanders aufhängen muss. Der alte Besen wandert manchmal über den Hof zum Stall, in dem Lillemors Pferde stehen. Einmal hat eine der Töchter Kurt hinter einem Fenster stehen sehen und ihm im Vorbeireiten zugewinkt, obwohl er zu diesem Zeitpunkt einen Spaziergang machte und das Haus leer war.
Der Friedhof der Familie Bagge befindet sich auf den Ländereien des Guts, und als Kurt und Lillemor einzogen, wurden sie gefragt, ob sie sich um die Gräber kümmern würden. Sie richteten Steine wieder auf, beschnitten Bäume und Büsche und mähten das Gras, zündeten Kerzen an und legten Kränze auf alle Gräber.
»An dem Abend war vielleicht was los!«, erzählte Lillemor, als ich da mit meiner Kaffeetasse in der Küche saß. Ein einziges Mal haben unsere Töchter Anna und Julia richtig Angst bekommen, da waren sie allein zu Hause und durften fernsehen. Plötzlich hob sich ein Stein aus der Steinsammlung von einer der beiden Töchter in die Luft,wurde über die Köpfe der Mädchen hinweggeschleudert und landete krachend auf dem Fußboden. Die Eltern verließen sofort das Weihnachtsfest, auf dem sie sich befanden, und fuhren nach Hause. Kurt blättert zurück zu einem der ersten Ereignisse. Laut liest er mir vor: »Heute Nacht haben mich seltsame Geräusche auf dem Dachboden geweckt. Es hörte sich an, als rutschten Schneemassen vom Dach oder als würde etwas über den Fußboden geschleift. Ich ging hinauf, um nachzusehen, doch da verstummten die Geräusche. Kaum lag ich im Bett, ging es wieder los. Am besten erzähle ich der Familie nichts davon, denn sonst wollen die anderen wahrscheinlich umziehen. Verdammt unheimlich!« Kurt blickt von seinen Aufzeichnungen auf.
Alle Beschreibungen von Dingen, für die sich später eine logische Erklärung fand, sind aus dem Ordner entfernt
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