Die Tote auf dem Opferstein: Kriminalroman
kamen. Eine gelbe Wachstuchdecke mit Blümchenmuster lag auf dem Gartentisch, der zwischen den knorrigen Birnbäumen gedeckt worden war. Da Astrid immer sagte, sie seien 1769 gepflanzt worden, nahm Vendela an, dass es jemand irgendwo aufgeschrieben hatte.
»Perfektes Timing. Wenn ihr Getränke aus dem Keller geholt habt, könnt ihr euch hinsetzen.« Rickard hasteteins Haus und kehrte zwei Minuten später mit einer dampfenden Auflaufform aus der Küche zurück.
»Aua, verdammt, diese Topflappen sind viel zu dünn. Macht mal schnell Platz auf dem Tisch, damit ich das Ding abstellen kann. So ein Mist!«
Vendela schob die Gläser beiseite, und Rickard stellte die Form ab.
»Wir haben Astrid getroffen. Es ist doch verrückt, dass sie eine Leiche im Alten Moor gefunden haben. Erinnerst du dich noch an das Pärchen, das jeden Sommer mit dem Zelt kam? Du weißt schon, wir fanden die Leute etwas merkwürdig. Stell dir vor, die Tote wäre sie, und er hätte sie im Moor ersäuft!« Vendela lachte gespenstisch.
»Hör auf, Schwesterchen. Wenn sonst keiner anfängt, tu ich es, denn ich brauche jetzt was zu essen. Pellkartoffeln mit überbackenem Kassler. Ich habe diese gelbe Sauce nach Mutters Rezept dazu gemacht, und wer möchte, kann eine Scheibe Ananas aus der Dose dazu haben.«
»Jetzt hast du dich fast so angehört wie Mama, wenn sie gekocht hat.« Vendela nahm sich ein bisschen Sauce.
»Stimmt. Vielleicht hätte ich noch erwähnen sollen, dass dies ihr einziges Rezept war. Eine gelbe Sauce. Stundenlang zerbrach sie sich den Kopf darüber, was man dazu essen könnte.«
»Ich könnte mich nur von Butter und Astrids neuen Kartoffeln ernähren.« Vendela begann mit Appetit zu essen. »Hm, wie lecker!«
»Wie könnt ihr einfach dasitzen und euch übers Essen unterhalten, nachdem so etwas Schreckliches passiert ist?«
»Essen müssen wir trotzdem, Jessica. Möchtest du ein Glas Wein?« Rickard beugte sich nach vorn.
»Ja, das kann ich jetzt gebrauchen.«
Rickard füllte nacheinander die Gläser.
»Das Alte Moor liegt vollkommen abgeschieden. Der perfekte Ort«, sagte Charlie.
»Jetzt hör endlich auf«, rief Jessica.
»Wir können ja mal hinterm Haus nachsehen, wer fehlt. Bei Anderssons sind alle fünf noch da, abgehakt. Edman ist auch da, aber bei Lindströms sind nur drei Personen anwesend … wo ist die vierte abgeblieben? Hm.«
»Lass das, Charlie«, sagte Jessica.
»Er scherzt doch nur«, wandte Rickard ein.
»Aber ich habe ihn doch gebeten, damit aufzuhören. Ich finde das gar nicht witzig. Begreift ihr denn nicht, dass hier ein Mörder frei herumläuft?«
»Davon hat niemand etwas gesagt. Man hat eine Leiche gefunden. Es könnte sich auch um eine Pilzsammlerin handeln, die im Moor eingesunken ist.« Rickard griff nach dem Salzfass.
»Hör mal, du Städter, um diese Jahreszeit gibt es hier keine Pilze«, bemerkte Vendela.
»Okay. Dann eben eine Beerensammlerin.«
»Das Essen war superlecker, Brüderchen. Verrätst du mir dein Geheimnis?«
»Reifer Käse. Eine dicke Schicht reifer Käse und eine Prise Oregano auf dem Kassler, natürlich vor dem Käse.«
»Aha. Was habt ihr eigentlich für Pläne? Werdet ihr diesen Sommer viel Zeit hier verbringen? Ihr habt noch gar nicht darüber gesprochen.«
»Nein, es ist nämlich so … ach, nichts.«
»Jetzt komm schon, was wolltest du sagen?«
»Wir wollen vielleicht nach Italien fahren.«
»Und euch den schwedischen Sommer entgehen lassen, seid ihr verrückt? Ist es in Italien um diese Jahreszeit nicht tierisch heiß?« Vendela schüttelte den Kopf.
»Wo in Italien warst du denn schon?«, fragte Jessica.
»Um ehrlich zu sein, nirgendwo.«
»Wie kommst du dann darauf, dass ein Sommer hier auf der Insel besser ist als Urlaub in Italien?«
»Weil es für mich nichts Schöneres gibt als einen Sommer auf dem Bremsegård. Sonne und Salzwasser.«
»In schwedischen Sommern hat man allerdings oft Dauerregen bei neun Grad Celsius«, stellte Jessica nüchtern fest. »Wie aufregend ist es dann hier? Man kann doch überhaupt nichts machen.«
»Dann spielt man eben Spiele, liest oder sieht sich Papas alte Fotoalben aus unseren ersten Sommern hier an. Oder man sitzt mit Astrid am Kachelofen und plaudert. Sie hat mir beigebracht, dem Seufzen und Knacken des Hauses zu lauschen. Und wenn man Hummeln im Hintern hat, macht man einen Spaziergang oder einen Ausflug nach Marstrandsö. Dort gibt es meistens Fotoausstellungen im Rathaus. Oder man besucht eine der Galerien und
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