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Die Tote auf dem Opferstein: Kriminalroman

Die Tote auf dem Opferstein: Kriminalroman

Titel: Die Tote auf dem Opferstein: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Rosman
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Josefina immer das Brennholz brachte. Als die Frau die Tür zugemacht hatte, setzte sich Agnes auf das Bett. Erst jetzt kamen die Tränen. Vor und während der Reise war sie kaum zum Nachdenken gekommen, aber nun? War sie völlig verrückt geworden? Wenn Kapitän Wikström sie verriet,würde sie nicht mehr lange als Mann durchgehen. Sie trocknete ihre Tränen, nahm die Mütze ab, hängte Vaters Rock an einen Haken und legte sich mit den Stiefeln auf das Bett. Zu Hause wäre sie niemals auf die Idee gekommen, sich mit Schuhen an den Füßen hinzulegen, aber hin und wieder hatte sie es bei ihrem Vater gesehen. Die harte Matratze war, genau wie die Decke, aus getrocknetem Seegras. Der Geruch erinnerte sie an die Karlsvik, wenn bei Ebbe der Tang zum Vorschein kam. Oder wenn nach einem Sturm der ganze Strand voller Seegras und Strandgut war.
    Aus dem Wirtshaus waren Gebrüll und Gejohle zu hören. Agnes stand auf und trat an das Fenster. Ein leeres Bierfass wurde auf den Hof hinausgerollt und ein volles hereingeholt.
    Oben am Himmel begannen die Sterne zu leuchten. Das Haus erwachte zum Leben, die alten Bodenbretter knarrten, und wenn neue Gäste eintrafen, wurden Türen geschlagen. Einige Neuankömmlinge machten Lärm. Im Treppenhaus brach eine Schlägerei aus, die Streithähne schienen männlich zu sein, aber die schrillen Schreie stammten von einer Frau. Agnes versuchte, einzelne Worte zu verstehen. Sie sprach Schwedisch, aber in einem merkwürdigen Dialekt.
    Dann gab es andere Geräusche. Intime. Agnes schloss die Augen, wagte jedoch nicht einzuschlafen. Sie ging noch einmal zur Zimmertür und griff nach der Klinke. Es war eine einfache Holztür, die von innen mit einem Riegel verschlossen wurde. Erneut legte sie sich auf das Bett. Hinter den Wänden raschelte es, als ob dort etwas herumkrabbelte. Wahrscheinlich Ratten. Sie hoffte, dass die Wirtin bei den Gästen, die noch einen Abstecher zum Ausschank gemacht hatten, die Tranlampen eigenhändig ausmachte. Falls es brannte, würde sie es wohl kaum bis zur Treppe schaffen, und aus dem Fenster inden gepflasterten Hof zu springen, war vollkommen undenkbar. Sie fragte sich, ob Vater schlafen konnte und ob er jetzt an sie dachte. Und Mutter und Großmutter im Himmel, konnten die sie jetzt so einsam an diesem elenden Ort sehen? Sie meinte die Stimme ihrer Großmutter zu hören:
    Slaap er een nachtje over, je zult zien dat dam alles beter voelt.
    Vielleicht stimmte das, und vielleicht wäre alles nicht mehr so schlimm, wenn sie eine Nacht über die Sache geschlafen hatte.
    Ihr Körper war müde, aber der Verstand kam nicht zur Ruhe. Dies war kein sicherer Ort, und Schlafende waren leichte Opfer. Die ganze Nacht lag Agnes wach und lauschte. Einige Male döste sie für einen Augenblick weg, um kurz darauf mit einem Schreck zu erwachen. Als die Morgendämmerung kam, war sie erschöpft.
    Die Morgensonne wärmte ihr Gesicht. Agnes lächelte, bevor sie den Geruch der Seegrasmatratze wahrnahm und sich daran erinnerte, wo sie war. Sie betastete ihren Kopf und das kurze Haar. Was hatte sie getan?
    Wäre es wirklich so schlimm gewesen, Bryngels Frau zu werden und auf Gut Vese zu leben? Sie hätte ihr Elternhaus und das Grab ihrer Großmutter besuchen können. Hier hatte sie niemanden. Sie war ganz allein. Und es juckte. Sie betrachtete ihre zerbissenen Arme. Wanzen. Dann dachte sie an die nächtlichen Geräusche und all die Menschen, die vor ihr in diesem Zimmer gewohnt und in diesem Bett geschlafen und einige andere Dinge getan hatten. Bei diesen Gedanken stand sie unverzüglich auf. Es war kalt im Raum, und der Boden fühlte sich feucht und klebrig an.
    Agnes zählte ihr Geld, um ungefähr abzuschätzen, wie lang es reichen würde. Die Wahrheit war, dass sie keineAhnung hatte. Sie wusste, was ein Fass Tranöl kostete und was ein Fassmacher verdiente, doch wie viel musste man für eine Kanne Milch oder ein Mittagessen in einem Gasthaus bezahlen? Noch hatte sie ein Stück Käse und bisschen Brot übrig.
    Das Brot schmeckte wie zu Hause und rief ihr ins Gedächtnis, wie Josefina in der Küche auf Gut Näverkärr Brote aus dem großen Ofen zog. Der Käse erinnerte sie an den Kuhstall und das, was die Magd von Gut Vese über Bryngel und nicht zuletzt über seinen Vater gesagt hatte. War er der Grund dafür gewesen, dass die junge Frau ins Wasser gegangen war? Agnes steckte sich noch ein Stück Brot in den Mund. Es gab keinen anderen Weg für sie außer dem, den sie eingeschlagen

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