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Die Tote im Badehaus

Die Tote im Badehaus

Titel: Die Tote im Badehaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sujata Massey
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Vernissage von Isamu Noguchi. Sie hatten schnell geheiratet, mich aber erst ehrbare drei Jahre später bekommen. Ich hatte schwarzbraune Haare, eine kleine japanische Nase und mandelförmige Augen. Trotzdem war ich unbestreitbar konketsujin. Ich haßte das Wort, selbst wenn es ganz harmlos gemeint war.
     
    Die beiden Männer standen einander gegenüber und blockierten den Gang, als ich von meinem Bad zurückkehrte.
    »Wenn ich mein verdammtes Handy finden würde, könnten wir die Polizei anrufen.« Hugh Glendinnings Stimme klang so heiser, als wäre er eben erst geweckt worden. Über seinem Pyjama trug er eine yukata und stand barfuß auf dem kalten Holz.
    »Dafür gibt es nun wirklich keinen Grund«, sagte Mr. Nakamura, der ebenfalls seinen Bademantel, aber wenigstens Hausschuhe trug.
    »Sie sind ja schon auf, Rei.« Hugh wandte mir seinen schläfrigen Blick zu. »Haben Sie Setsuko, äh, Mrs. Nakamura gesehen?«
    »Zum letzten Mal habe ich sie gestern abend vor ihrem Bad gesehen. Sie waren dabei.«
    »Das war so gegen neun, oder?« Mr. Nakamura zögerte. »Jetzt fällt es mir ein. Ich war in meinem Zimmer und habe gelesen. Kurz vor Mitternacht bin ich nach unten gegangen und mit Yamamoto losgezogen.«
    »Moment. Haben Sie mir nicht gesagt, Ihre Frau hätte Kopfschmerzen und wolle nicht mit in den Tempel gehen? Wann hat sie das zu Ihnen gesagt?« Hugh rückte näher an seinen Kollegen heran, der rasch in meine Richtung zurückwich, um Distanz zu gewinnen.
    »Ich wollte niemanden aus der Gruppe mit meinem Problem belästigen.« Mr. Nakamura hustete, ein trockenes Geräusch, das von seiner Nikotinsucht zeugte.
    »Was war dann, nachdem Sie vom Tempel wiedergekommen sind? Haben Sie sie dann nicht gesehen?« fragte Hugh.
    »Sie waren so müde, daß ich Sie nicht stören wollte. Sie sollten schlafen, statt sich Sorgen zu machen.« Er hustete erneut.
    »Soll das heißen, Ihre Frau lag nicht in Ihrem Bett, und Sie fanden nichts dabei?« Hughs Stimme erhob sich zu einer für den Neujahrsmorgen recht unziemlichen Lautstärke.
    »In Japan haben Mann und Frau … sie haben mehr Abstand zueinander«, sagte Nakamura schwach.
    Hugh warf mir einen fragenden Blick zu, und ich nickte leicht. Meine Tante Norie hatte sich mit meinem Cousin Tom einen Futon geteilt, bis er sieben war, und viele Mütter, die in meiner Firma arbeiteten, taten das gleiche. Aber Mrs. Nakamura hatte kein Kind.
    »Sie hatten doch ein gemeinsames Zimmer hier gebucht, stimmt das?« Hugh hatte offenbar beschlossen, den Korridor in einen Gerichtssaal zu verwandeln.
    »Sicherlich, aber Glendinning-san, es wäre nicht höflich von mir gewesen, Sie gestern nacht zu stören!«
    Hugh blickte ein paar Sekunden lang zu Boden. Als er wieder sprach, hörte er sich müde an. »Wir fragen diese Frau.«
    »Mrs. Yogetsu«, half ich aus.
    »Ja. Mrs. Getsu. Und ich schlage vor, wir machen uns auf die Suche, wenn Mrs. Getsu Ihrer Frau nicht ein eigenes Zimmer gegeben hat.«
    Was würde eine Frau dazu veranlassen, am Silvesterabend getrennt von ihrem Mann zu schlafen? Ich machte mir Gedanken über Setsuko und ihren Mann, nachdem ich in mein Zimmer zurückgekehrt war und mir mit einem Kamm durch die Haare fuhr, in dem Versuch, Yukis fürsorgliche Bemühungen zunichte zu machen. Setsuko – seltsam, ihren Vornamen kannte ich, aber ich hatte keine Ahnung, wie ihr Mann hieß. Nicht, daß es mich interessiert hätte. Ich fand es brutal, wie er am vorigen Abend mit seiner Frau gesprochen hatte, und ich erinnerte mich auch, wie er am Tempel Hugh gegenüber ordinäre Witze über eine Gruppe Schulmädchen gerissen hatte. Nein, er hatte sich nicht die geringsten Sorgen um seine Frau gemacht.
     
    Es gelang mir kaum, das Frühstück zu genießen, obwohl es direkt meinen vegetarischen Zen-Träumen entsprungen war: z ō ni, eine spezielle Neujahrsgemüsesuppe, dampfender Reis und kleine Schälchen mit buntem eingelegten Gemüse. Dazu gab es mochi, einen klebrigen Reiskuchen.
    »Ich habe sie gebeten, mir Toast zu bringen, aber sie hat es wohl nicht verstanden.« Mrs. Chapman blickte unglücklich auf ihr Essen.
    »Probieren Sie es doch mal. Es schmeckt ziemlich gut«, riet ich ihr, bevor ich halbwegs der Wahrheit entsprechend hinzufügte: »Ich habe Sie vermißt gestern abend.«
    »Was haben Sie denn gemacht? Sind Sie um die Häuser gezogen?« Mrs. Chapmans scharfer Blick verriet mir, daß man ihr nichts vormachen konnte.
    »Nein, wir haben uns nur angesehen, wie das neue Jahr im

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