Die Tote im Badehaus
Land unternahm einen gründlichen Neujahrsputz. Andererseits hatte Mr. Yogetsu ja auch nicht mit einer Katastrophe gerechnet.
Okuhara überprüfte meine Aufenthaltserlaubnis. Sie enthielt meinen Namen, ein Foto und einen Abdruck des rechten Daumens sowie Angaben zu meiner Arbeitsstelle und die Gültigkeitsdauer meines Visums. Dann schaltete er einen Kassettenrecorder ein und erkundigte sich nach allem, was passiert war, seit ich die Haustüre geöffnet hatte.
»Wie unangenehm für Sie, am Neujahrstag solchen Ärger zu haben«, sagte er, als ich meinen Bericht beendet hatte.
»Für sie war es schlimmer.« Setsuko hatte ausgesehen, als hätte sie schon stundenlang im Schnee gelegen.
»Etwas wundert mich allerdings, Miss Shimura.« Sein Tonfall änderte sich deutlich. »Weshalb sind Sie vor der Pension herumgelaufen? Finden Sie das nicht ein bißchen merkwürdig?«
Ich erstarrte, antwortete aber unbestimmt, daß ich zu den Ruinen des Kastells gehen wollte, dann aber beschlossen hatte, mir zuerst den Garten anzusehen. »In Tokio gab es – ich meine gibt es – schließlich nicht viele Gärten.« Ich stolperte über eine völlig einfache Satzkonstruktion und blamierte mich.
»Woher wußten Sie, daß hinter dem Haus ein Garten ist?« Er strich über einen großen, teuer aussehenden Füller, ohne sich Notizen zu machen. Trotzdem war mir nur allzu bewußt, daß der kleine Kassettenrecorder auf dem Tisch stand.
»Ich wußte nicht, daß dort ein Garten ist, aber ich habe Tierfüße entdeckt und bin ihnen gefolgt.« Zu dumm, daß ich das Wort für Fußspuren nicht wußte.
»Haben Sie sich nun für das Tier interessiert oder für den Garten? Sie widersprechen sich.« Er redete langsam, damit ich ihn auch sicher verstand.
»Für die Katze. Ich mag Katzen«, fügte ich hinzu.
»Wo haben Sie die Leiche berührt?«
»Ich habe die Blätter zur Seite geschoben, aber die Leiche habe ich nicht berührt. In den Vereinigten Staaten mischen sich Zivilisten nie in die Arbeit der Polizei ein.« Ich bemühte mich, seiner autoritären Haltung gerecht zu werden.
»Aber woher haben Sie gewußt, wer die Frau war? Als Mrs. Yogetsu bei uns angerufen hat, hat sie gesagt, Sie hätten sie identifiziert.«
»Ich habe ihren Mann sagen hören, daß sie vermißt wird. Das hatte ich noch im Kopf.« Ich überlegte, ob ich etwas zu ihrem haarlosen Arm und den manikürten Fingernägeln sagen sollte, aber ich schwieg, denn ich wollte nicht übereifrig wirken.
»Ach so?! Wann hat er denn gesagt, daß sie verschwunden ist?« Der Polizeichef fing an zu schreiben.
»Kurz bevor ich zum Frühstück hinunter bin. Ich bin nach dem Baden in mein Zimmer gegangen. Mr. Glendinning und er haben sich im Gang unterhalten und mich angesprochen.«
»Der Engländer.« Captain Okuhara nickte. »Seine Aufenthaltserlaubnis habe ich ebenfalls sichergestellt. Und was hatten Sie für eine Beziehung zu der Verstorbenen?«
»Es gab überhaupt keine Verbindung zu Mrs. Nakamura.« Ich starrte auf ein paar Kerben in dem Holztisch. »Ich bin gestern abend um sechs angekommen. Sie und ihre Mitreisenden waren etwa fünf Minuten später hier. Ich habe ihre Stimme unten gehört. Beim Abendessen sind wir am selben Tisch gesessen. Gegen neun Uhr habe ich sie ins Bad gehen sehen. Das ist alles.«
»Wie lange haben Sie vor, in Shiroyama zu bleiben?«
»Bis nächsten Sonntag.« Ich fragte mich, ob er versuchen würde, mich hierzubehalten. Er hatte das Recht dazu, so wie Nichiyu das Recht hatte, einen Ersatz für eine freie Mitarbeiterin wie mich zu suchen, sollte ich nicht erscheinen, um meine Englischkurse zu halten.
»Was ist mit den anderen Ausländern?«
»Mrs. Chapman ist offenbar allein unterwegs, aber von Mr. Glendinning weiß ich nichts. Da er mit Mr. Nakamura und Mr. Yamamoto reist, werden sie wohl gemeinsame Pläne gehabt haben.«
Captain Okuhara legte seinen Stift weg und musterte mich prüfend. »Für eine Amerikanerin sprechen Sie ziemlich gut Japanisch.«
»Danke«, sagte ich, verwundert über seine plötzlich veränderte Art.
»Ja, Sie geben eine gute Übersetzerin ab.«
»Ich? Aber ich habe keine Dolmetscherprüfung abgelegt. Ich bin nur Englischlehrerin.«
»Unser englischsprechender Polizist hat Urlaub. Falls die anderen Ausländer nicht lieber im Gefängnis warten, bis ein Dolmetscher kommt, würde ich gerne Ihre Hilfe in Anspruch nehmen. Die Befragungen sind verfahrenstechnisch unabdingbar. Das verstehen Sie doch, nicht wahr?«
In Anbetracht
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