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Die Tote im roten Cadillac

Die Tote im roten Cadillac

Titel: Die Tote im roten Cadillac Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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sie noch lebend bis zum Krankenhaus.«
    Er jagte ihr eine Spritze direkt ins Herz, und dann wurde sie auf die Trage gelegt.
    Wir rasten mit heulenden Sirenen hinter dem Ambulanzwagen zum Main-Krankenhaus.
    Drei Ärzte bemühten sich, Mabel zu retten. Sie gaben ihr Spritzen, und sie ließen sie Sauerstoff einatmen, und sie massierten sie, und sie taten, was Ärzte nur irgend tun können.
    Plötzlich bäumte sich der Körper des Mädchens auf, und Mabel sagte, mit einer vom Röcheln entstellten, rasselnden Stimme und schwerer, halbgelähmter Zunge, aber doch uns allen gut verständlich:
    »Schnell! Ich kann nicht mehr länger so stehen!«
    Dann ging ein krampfartiges Zittern durch ihren Körper. Der Arzt stellte den Tod fest.
    »Wir haben alles versucht«, sagte er.
    McGorvyn nickte.
    »Danke, Doktor.«
    Noch steckte uns das Grauen in den Knochen. Ihre Worte hatten geklungen, als wären sie aus dem Jenseits gekommen. Aber wir konnten nichts damit anfangen. Schließlich sagte ich:
    »Sie war Fotomodell — vielleicht hatte es damit was zu tun.«
    »Ach so«, nickte der Arzt. »Dann versteh’ ich das schon. Es kommt häufig vor, daß der Tod noch einmal Erinnerungsfetzen an die Oberfläche des Bewußtseins spült. Sie werden damit nicht viel anfangen können?«
    McGorvyn schüttelte ärgerlich den Kopf.
    »Ich glaube nicht, Doktor. Warum, zum Henker, hat sie keinen Namen gesagt?«
    Wir fuhren anschließend in die Chapman Street zurück, wo die Mordkommission noch an der Arbeit war. Diesmal hatten sie einen anderen Staatsanwalt mitgebracht, einen jungen Kerl, der seine Arbeit sehr ernst nahm und enorm eifrig war.
    Auf dem Tisch lag ein kleines, rotes Notizbuch. Ich schlug es auf und hielt die abgerissene Seite dran. McGorvyn schaute mir dabei über die Schulter. Ich legte beides schweigend wieder hin.
    Das einzige, was sie sonst noch herausfanden, war die Tatsache, daß Mabel sechs Schnapsgläser besessen hatte, während jetzt nur noch fünf vorhanden waren.
    Schon eine flüchtige Probe ergab, daß der ganze Rest Wermut mit Atropin versetzt war.
    Morgen würden wir genau wissen, wieviel sie trinken mußte, um die tödliche Dosis in den Leib zu bekommen; aber was half uns das?
    Offenbar war sie nicht allein gewesen, als sie angefangen hatte zu trinken; der Mörder hatte der Einfachheit halber sein Glas gleich mitgenommen.
    Weder die Wohnungsinhaberin noch der verschlafene junge Mann hatten von einem Besuch etwas gemerkt. Sie konnten nicht einmal sagen, ob irgend jemand regelmäßig zu Besuch kam. Sie behaupteten nur, daß in letzter Zeit ab und zu eine Dame zu ihr gekommen sei, mit der sie manchmal ziemlich laute Gespräche geführt habe. Worüber? Das wußten sie angeblich nicht.
    Wenn man’s einmal braucht, dann sind merkwürdigerweise alle gar nicht neugierig gewesen!
    Als ich endlich aufbrechen wollte, um nach Hause zu fahren, sagte McGorvyn:
    »Und Sie wissen doch mehr als ich!«
    Er zog seine Brieftasche heraus und legte mir eine Zehndollarnote auf den Tisch.
    »Sie haben Ihre Wette gewonnen, Mister Scott! Aber nun sagen Sie mir bitte, was Sie wissen!«
    »Nicht, ehe ich Beweise habe, Leutnant! Geben Sie mir Zeit bis morgen abend.«
    Er schaute mich an.
    »Ich weiß nicht, ob ich das tun soll.«
    »Tun Sie’s. Und hier, nehmen Sie Ihre Dollar wieder. Die sind erst fällig, wenn ich den Mörder habe.«
    »Ich überlege, wie ich Sie dazu bringen kann, es mir doch zu sagen, Mister Scott.«
    »Es gibt kein Gesetz, das mich zwingt, der Polizei etwas zu sagen. Dafür ist nur das Gericht zuständig, und vorerst stehe ich noch nicht vor einem Gericht. Ich mag Sie gern, Leutnant McGorvyn, und wenn alle so wären wie Sie, wäre es für uns Detektive ein leichteres Arbeiten. Im Augenblick aber sind Sie für mich nicht der feine Kerl McGorvyn, sondern der Polizeileutnant. Und wenn ich Ihnen sagte, was ich vermute — oder vielleicht sogar weiß —, würden Sie mir wahrscheinlich vor lauter Diensteifer und Bürokratismus alles wieder verderben. Sie dürfen auch nicht vergessen, mein Lieber, daß ich für meine Arbeit nicht regelmäßig Geld vom Staat bekomme, sondern daß ich Kunden suchen und finden muß, die mir Honorare zahlen. Es wäre schlecht für mein Geschäft, wenn es sich herumspräche, daß meine Klienten hinterrücks ermordet werden und ich nicht in der Lage bin, den Mörder zu finden. Man schießt mir nicht ungestraft meine Kunden ab!
    Die Polizei ist eine anonyme Qualle, gegen die niemand etwas tun kann.

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