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Die Tote im roten Cadillac

Die Tote im roten Cadillac

Titel: Die Tote im roten Cadillac Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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hinein.
    Das Bett war leer und nicht benützt. Es roch ein wenig nach Parfüm, und an der offenen Schranktür hingen zwei Kleider über einem Bügel.
    Wir gingen ins Zimmer nebenan. Es war ein hübsches, kleines Wohnzimmer mit modernen Möbeln. An der einen Wand stand eine Couch, davor ein kleiner Tisch mit einer rosa Tischdecke, und wieder davor zwei kleine Sessel. Neben der Couch war ein hübscher, schmiedeeiserner Rauchtisch mit einer Stehlampe. Die Lampe brannte und beleuchtete das Mädchen, das auf der Couch lag und schlief. Es war Mabel.
    Auf dem Tisch standen eine fast leere Wermutflasche und ein leeres Glas. Auf einem Teilerchen aus buntem Porzellan lagen ein paar Scheiben Zitrone, und auf dem Boden stand ein Siphon mit Sodawasser.
    »Hübsch«, sagte ich zu McGorvyn. »Verdammt hübsch, was?«
    Mabel lag auf dem Rücken. Ihr linker Arm war herabgesunken, und die Hand berührte den Boden. Sie trug einen dünnen, weißen Pullover und den gleichen grauen Gabardinerock mit dem Schlitz drin. Sie hatte ihr linkes Bein angezogen und trug keine Strümpfe. Ein hellgrünes Pantöffelchen mit weißem Pelzbesatz lag auf der Couch.
    Ihr Mund war halb geöffnet, und sie schnarchte etwas lauter, als man es bei einem so hübschen Mädchen gerne sah.
    »Besoffen«, sagte McGorvyn leise. »Total besoffen. Na, desto besser. Aber wir müssen sie trotzdem wecken. Ich will jetzt wissen, was sie mit Robby Lermouth ...«
    Ich packte ihn hart am Arm und schrie:
    »Da! Schauen Sie sich das an!«
    Mit zwei Sätzen waren wir bei ihr und bückten uns. Zwischen zwei Fingern ihrer Hand, die auf dem Boden lag, steckte eine bis zur Haut hin abgebrannte Zigarette!
    Ich sauste hinaus. Die alte Dame war verschwunden.
    »Hallo!« rief ich. »Hallo! Haben Sie hier Telefon?«
    Sie kam aus einer der vielen Türen heraus, und aus einer anderen Tür steckte ein verschlafener Jüngling seinen Kopf.
    »Wie bitte — was ist los?«
    »Ob Sie Telefon haben?«
    »Ja, hier — in meinem Zimmer. Ist etwas passiert?«
    »Allerhand ist passiert«, sagte ich. Da kam auch schon Leutnant McGorvyn. Er führte das gleiche Gespräch wie vor ein paar Stunden, nur daß er vorher eine Ambulanz und einen Arzt herbeirief und mit dem Krankenhaus sprach. Er sagte, sie sollten sich dort vorbereiten, er würde ihnen eine Vergiftete schicken.
    Wir gingen wieder in Mabels Zimmer zurück.
    McGorvyn hob vorsichtig ihren Arm und nahm die verbrannte Zigarette aus den Fingern.
    »Sie hat geraucht und das Gift getrunken. Dann ist sie bewußlos geworden und hat den Brandschmerz nicht mehr gespürt. Es kann noch gar nicht so lange her sein. Wenn wir Glück haben, schaffen wir’s noch.«
    »Kann man denn gar nichts tun — jetzt gleich?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Wir haben ja keine Ahnung, was sie getrunken hat. Den Magen können wir ihr nicht auspumpen. Sie muß Spritzen bekommen.«
    Er beugte sich über den Tisch und schnupperte an dem Glas. Er zuckte mit den Schultern.
    »Zu riechen ist nichts — es könnte Atropin sein.«
    Das Schnarchen wurde lauter und glich nun schon verteufelt einem richtigen Röcheln. Wir standen da und starrten sie an. Ich zerbrach mir den Kopf, brachte aber nichts anderes zuwege, als den Gedanken an einen gedruckten Satz: >Erste Hilfe bei Vergiftungen!... Erste Hilfe bei Vergiftungen!<
    Gut, ich wußte, was man bei Verätzungen durch Laugen oder bei Verbrennungen durch Säuren tun konnte, aber ich wußte nicht, was man gegen ein Gift unternehmen mußte, das man nicht kannte. Jedenfalls war es entsetzlich, dabeizustehen und nichts tun zu können.
    Auch McGorvyns Gesicht war finster; wahrscheinlich dachte er das gleiche.
    Plötzlich sagte er:
    »Wir müssen sie zum Reden bringen, unter allen Umständen! Ein Wort nur müßte sie sagen können!«
    Wir starrten sie noch immer an und sahen, daß sich auf ihrer Stirne kleine Schweißtropfen bildeten.
    Ich ging zum Waschbecken, machte mein Taschentuch naß und legte es ihr auf die Stirn. Ihre Lippen fingen an zu zittern, und dann bewegten sie sich ein wenig.
    »Ruhig!« zischte McGorvyn. »Ganz ruhig — vielleicht sagt sie jetzt was.«
    Wir standen eine Weile und hielten den Atem an. Es waren Augenblicke der höchsten Spannung, und ich hörte mein Herz unwahrscheinlich laut klopfen.
    Aber Mabel sagte nichts.
    Sie sagte auch nichts, als der Arzt ihr wenige Minuten später vorsichtig die Augenlider hochzog.
    »Atropin«, nickte er. »Es ist eine Atropinvergiftung. Wenn wir großes Glück haben, kriegen wir

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