Die Tote im roten Cadillac
Randolph Scott aber ist eine Privatperson, über die die Presse und die Öffentlichkeit herfallen würden — begreifen Sie das, Leutnant?«
Er gähnte laut und herzhaft.
»Eine schöne Rede«, sagte er und gähnte anschließend gleich noch mal. »Eine verdammt feine Rede. Ich hab’ nicht ganz zugehört, aber es ist gut, Scott.« Er klopfte mir auf die Schulter. »Machen Sie Ihren Kram. Sie haben Zeit bis morgen abend.«
»Danke, Leutnant.«
Ich drehte mich um, aber McGorvyn hielt mich noch einmal zurück.
»Wo werde ich Sie morgen früh erreichen — das heißt natürlich heute früh —, wenn ich Sie brauchen sollte?«
Ich schaute ihn an und zwinkerte mit den Augen.
»Vergessen Sie’s, Leutnant, wenn ich es Ihnen sage?«
»Ehrenwort — ich vergesse es sofort.«
»Gut«, sagte ich. »Ich bin heute vormittag bei Mrs. Grace Carson, geborene Anderson.«
Ich sah, wie sich seine Augen vor Staunen weiteten, und ließ ihn stehen.
Der Morgen dämmerte bereits. Die Straßenkehrmaschinen und die Sprengwagen ratterten über den Asphalt. In den Bäumen am Tennisplatz machten die Vögel einen Mordskrach.
Ich ging bis zur Straßenkreuzung, wo ich ein Taxi erwischte, das mich nach Hause brachte.
Ohne mich auszuziehen, warf ich mich auf mein Bett, stellte den Wecker auf acht Uhr und schlief sofort ein.
13
Als ich aus dem Schlaf hochfuhr, war es erst halb fünf Uhr.
Ich hatte von einem Flugzeug geträumt, einem schönen, großen Flugzeug, das vom International Airport in Inglewood aufstieg.
Den Seinen gibt’s der Herr bekanntlich im Schlaf. Ich war schnell aus dem Bett und holte mir aus meinem Schreibtisch das Kursbuch mit den Fluglinien. Ich studierte eine Weile drin herum. Dann stellte ich meinen Wecker auf sechs Uhr, krabbelte wieder in mein Bett und schlief, bis mich das Gerassel aus den Federn hob.
Um sieben Uhr, zwanzig Minuten vor Abflug der Mexiko-Maschine, war ich auf dem Flugplatz. Ich ließ mir die Passagierliste zeigen, fand aber den gesuchten Namen nicht.
Das mochte etwas bedeuten — oder auch nicht. Jedenfalls blieb ich da und beobachtete, hinter einem Zeitungsstand verborgen, die Fluggäste. Der, den ich suchte, war nicht dabei.
Um halb acht Uhr fuhr ich vom Flugplatz weg. Die nächste direkte Maschine über Yuma startete erst nachmittags um halb drei. Ich hatte also noch etwa sieben Stunden Zeit, um das durchzuführen, was ich mir vorgenommen hatte.
Ich fuhr langsam, da ich nicht zu früh bei den Carsons eintreffen wollte. Unterwegs hielt ich an einer Telefonzelle und rief den Portier im IBM-Haus an. Ich sagte ihm, daß ich einen Schlosser bestellt hätte, der mein Türschloß auswechseln solle. Er könne den Mann ruhig arbeiten lassen und später die Schlüssel für mich in Empfang nehmen.
Es hatte sich in der Nacht, ohne daß ich es gemerkt hatte, doch etwas abgekühlt. Der Morgen war frisch und duftig, und in den tiefen Lagen verwehrte der Dunst die Sicht aufs Meer.
Wenige Minuten vor neun Uhr hielt ich bei Eddies Bungalow. Ich fuhr durch die Einfahrt in den Garten und parkte meinen Wagen vor der offenen Garage; Eddies Wagen war nicht zu sehen.
Ein paarmal drückte ich auf die Hupe, und als niemand erschien, kletterte ich aus meinem Wagen und ging zum Haus.
Die Haustür war verschlossen, und ich setzte den Klopfer in Bewegung.
Ein junges, hübsches Dienstmädchen in schwarzem Kleid öffnete mir.
»Ist Mister Carson noch da?« fragte ich.
»Nein, er ist vor acht Uhr schon in die Stadt gefahren.«
»Hat er was für mich hinterlassen? Ich bin Randolph Scott.«
Sie nickte.
»Ja, Sir. Er sagte mir, Sie würden wahrscheinlich anrufen. Ich soll Ihnen ausrichten, daß Mister Carson in der Stadt zu tun hat. Er wird Sie von der Stadt aus anrufen.«
»Wann kommt er zurück?«
»Ich nehme an, daß er zum Lunch da sein wird. Also etwa um ein Uhr.«
»Gut«, sagte ich. »Melden Sie mich jetzt bitte Mrs. Carson.«
Daß Eddie nicht da war, paßte mir ausgezeichnet in den Kram. Es hätte nicht besser kommen können.
Das Mädchen zögerte.
»Ich... ich weiß nicht — Mrs. Carson fühlt sich gar nicht wohl.«
Ich winkte ab.
»Ich weiß, ich weiß — sie hat Migräne! Sagen Sie ihr trotzdem, ich müßte sie sprechen.«
»Bitte«, sagte sie ein wenig spitz, »ich will es versuchen!«
Ich trat in den Vorraum. Nach einer knappen Minute kam das Mädchen zurück.
»Mrs. Carson läßt bitten.«
Ich folgte ihr in ein merkwürdiges Zimmer. In der einen Ecke stand eine riesenhafte Couch, auf
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