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Die Tote in der Bibliotek

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Titel: Die Tote in der Bibliotek Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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entgegenbrachte. Sir Henry hatte sich manchmal gefragt, ob Conway Jefferson nicht ebenso dachte.
    «Aber konnten Sie denn nichts tun?», fragte Mrs. Bantry.
    «Schon», erwiderte Mark trocken, «wenn wir es rechtzeitig gemerkt hätten.»
    Er warf Adelaide einen Blick zu, und sie errötete ein wenig. Ein Vorwurf lag in diesem Blick.
    «Mark meint, ich hätte es voraussehen müssen», sagte sie.
    «Du hast den alten Knaben zu viel allein gelassen, Addie. Die vielen Tennisstunden und das alles…»
    «Ich brauchte nun mal Bewegung», sagte sie entschuldigend. «Ich hätte ja nicht im Traum gedacht…»
    «Stimmt», unterbrach Mark, «wir beide hätten nicht im Traum daran gedacht. Jeff ist sonst ein so vernünftiger alter Knabe, bewahrt stets kühlen Kopf.»
    «Männer», schaltete sich Miss Marple ein, «sind oft bei weitem nicht so nüchtern, wie man glaubt.» Auf ihre altjüngferliche Art sprach sie vom anderen Geschlecht wie von einer Spezies wilder Tiere.
    «Da haben Sie Recht», sagte Mark. «Aber leider, Miss Marple, haben wir uns das nicht klargemacht. Wir haben uns nur gefragt, was der alte Knabe an diesem unscheinbaren, verlogenen kleinen Biest findet. Andererseits waren wir froh, dass er sich so gut amüsiert hat. Schaden kann es nichts, dachten wir. Von wegen! Ich wollte, ich hätte ihr den Hals umgedreht!»
    «Mark», sagte Addie, «du solltest wirklich aufpassen, was du sagst.»
    Er grinste sie freundlich an.
    «Sollte ich, ja. Sonst denkt man, ich hätte ihr tatsächlich den Hals umgedreht. Aber was soll’s, ich werde ja wohl sowieso verdächtigt. Wenn jemand ein Interesse am Tod des Mädchens hatte, dann Addie und ich.»
    «Mark!», rief Mrs. Jefferson halb lachend und halb ärgerlich. «Ich bitte dich!»
    «Schon gut, schon gut», beschwichtigte Mark Gaskell. «Ich sage nun mal gern, was ich denke. Fünfzigtausend Pfund wollte unser geschätzter Schwiegervater dieser halbgaren, durchtriebenen Mieze aussetzen!»
    «Mark, bitte! Sie ist tot.»
    «Ja, sie ist tot, das arme kleine Luder. Aber warum hätte sie nicht die Waffen einer Frau einsetzen sollen? Steht mir darüber ein Urteil zu? Hab in meinem Leben selbst genug Schandtaten begangen. Sagen wir also, Ruby hatte jedes Recht, ihr Süppchen zu kochen, wir waren nur zu dumm, es ihr rechtzeitig zu versalzen.»
    «Was haben Sie gesagt, als Conway Ihnen eröffnet hat, dass er das Mädchen adoptieren will?», fragte Sir Henry.
    Mark breitete die Arme aus. «Was sollten wir groß sagen? Addie ist ja immer ganz Dame und hat sich bewundernswert beherrscht. Hat sich nichts anmerken lassen. Und ich hab mich bemüht, ihrem Beispiel zu folgen.»
    «Also, ich hätte mich da furchtbar aufgeregt!», warf Mrs. Bantry ein.
    «Dazu hatten wir, offen gestanden, nicht das Recht. Es ist Jeffs Geld, und wir sind nicht blutsverwandt mit ihm. Er war immer verdammt nett zu uns. Wir konnten nichts tun als die Kröte schlucken.» Nachdenklich fügte er hinzu: «Aber begeistert waren wir natürlich nicht.»
    «Wenn es wenigstens jemand aus seinen eigenen Kreisen gewesen wäre», sagte Adelaide. «Jeff hat zwei Patenkinder. Wenn er sich eines von ihnen ausgesucht hätte – das hätte man ja noch verstanden.» Und mit leisem Groll setzte sie hinzu: «Und Peter hat er doch so gern.»
    «Ach, richtig», sagte Mrs. Bantry, «das hatte ich ganz vergessen. Peter ist ja dein Sohn aus erster Ehe. Für mich war er immer Mr. Jeffersons Enkel.»
    «Für mich auch», sagte Adelaide. Irgendetwas in ihrer Stimme veranlasste Miss Marple, sich ihr zuzuwenden.
    «An alldem ist nur Josie schuld», sagte Mark. «Die hat sie hierher gebracht.»
    «Aber du glaubst doch nicht im Ernst», sagte Adelaide, «dass sie darauf spekuliert hat? Du mochtest Josie doch immer so gern.»
    «Ja. Für mich war sie immer ein guter Kumpel.»
    «Es war reiner Zufall, dass sie ihre Kusine hergeholt hat.»
    «Josie ist aber nicht auf den Kopf gefallen, meine Liebe.»
    «Ja, sicher, aber sie konnte doch nicht voraussehen…»
    «Stimmt, konnte sie nicht. Ich sage auch nicht, dass sie das alles geplant hat. Aber ich bin mir sicher, dass sie lange vor uns gemerkt hat, woher der Wind weht, und dass sie hübsch den Mund gehalten hat.»
    «Das kann man ihr nicht zum Vorwurf machen», seufzte Adelaide.
    «Niemandem kann man etwas zum Vorwurf machen!»
    «War Ruby Keene sehr hübsch?», wollte Mrs. Bantry wissen.
    Mark sah sie groß an. «Ich dachte, Sie hätten sie…»
    «Ja, schon, aber nur ihre – ihre Leiche. Sie ist ja

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