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Die Tote in der Bibliotek

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Titel: Die Tote in der Bibliotek Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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zeigen, und deshalb muss der Fall unbedingt aufgeklärt werden. Das ist auch der Grund, warum ich eingewilligt habe, Mrs. Bantry hierher zu begleiten. Eine offene Anklage ist eine Sache, damit wird ein Soldat leicht fertig. Er ist empört, aber er kann kämpfen. Getuschel hinter seinem Rücken ist etwas ganz anderes – es wird ihn vernichten, ihn und seine Frau. Sie sehen also, Sir Henry, wir müssen die Wahrheit finden!»
    «Haben Sie eine Vorstellung, wie die Leiche in sein Haus gekommen sein könnte? Es muss doch irgendeine Erklärung dafür geben. Irgendeinen Zusammenhang .»
    «Aber sicher.»
    «Zum letzten Mal gesehen wurde das Mädchen um zwanzig vor elf hier im Hotel. Um Mitternacht war sie nach Aussagen des Arztes tot. Nach Gossington sind es von hier aus etwa achtzehn Meilen, und bis zu der Abzweigung nach sechzehn Meilen ist die Straße gut. Ein starker Wagen schafft das in weit weniger als einer halben Stunde; fünfunddreißig Minuten würde im Schnitt jedes Auto brauchen. Aber warum jemand Ruby entweder hier töten und die Leiche nach Gossington bringen oder mit ihr nach Gossington fahren und sie dort erwürgen sollte, ist mir schleierhaft.»
    «Verständlich – so ist es ja auch nicht gewesen.»
    «Sie meinen, irgendein Bursche hat eine Fahrt mit ihr unternommen, sie unterwegs erwürgt und sie dann ins nächstbeste Haus geschleppt?»
    «Ich meine nichts dergleichen. Meiner Ansicht nach war es ein minutiös geplanter Mord. Aber der Plan ist fehlgeschlagen.
    » Sir Henry starrte sie an. «Und warum?»
    «Es passieren ja die merkwürdigsten Dinge», sagte Miss Marple entschuldigend. «Wenn ich sagen würde, der Plan ist gescheitert, weil der Mensch nun einmal empfindsamer und verletzlicher ist als allgemein angenommen, dann würde sich das nicht sehr vernünftig anhören, nicht wahr? Aber genau das glaube ich, und…»
    Sie brach ab. «Ah, da kommt ja Mrs. Bantry.»

Neuntes Kapitel

I
     
    M rs. Bantry kam mit Adelaide Jefferson heran. Als sie Sir Henry sah, rief sie: «Sie hier?»
    «Höchstpersönlich.»
    Er nahm ihre beiden Hände und drückte sie voll Wärme. «Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie Leid mir das alles tut, Mrs. B.»
    «Nennen Sie mich nicht Mrs. B.!», rief Mrs. Bantry mechanisch und fuhr dann fort: «Arthur ist nicht hier. Er nimmt sich das alles so zu Herzen. Aber Miss Marple und ich wollen ein bisschen Detektiv spielen. Kennen Sie Mrs. Jefferson?»
    «Aber gewiss.»
    Man gab sich die Hand, und Adelaide Jefferson sagte: «Haben Sie schon mit meinem Schwiegervater gesprochen?»
    «Ja.»
    «Das ist gut. Wir machen uns solche Sorgen um ihn. Es war ein furchtbarer Schock für ihn.»
    «Wollen wir nicht auf der Terrasse etwas trinken?», fragte Mrs. Bantry, «dann können wir uns in Ruhe über alles unterhalten.»
    Sie gingen hinaus und gesellten sich zu Mark Gaskell, der allein am anderen Ende der Terrasse saß.
    Nachdem man ein paar Belanglosigkeiten ausgetauscht hatte und die Getränke gebracht worden waren, steuerte Mrs. Bantry in ihrer üblichen Direktheit geradewegs auf ihr Ziel zu.
    «Wir können doch darüber reden, nicht wahr?», fragte sie. «Schließlich sind wir ja alte Freunde, Miss Marple ausgenommen, aber sie ist die Expertin für Verbrechen. Sie möchte uns helfen.»
    Mark Gaskell sah Miss Marple ein wenig beunruhigt an und fragte skeptisch: «Schreiben Sie, äh, Kriminalromane?»
    Die merkwürdigsten Leute schrieben ja Kriminalromane, und Miss Marple sah in ihren altmodischen Altjungfernkleidern ganz besonders merkwürdig aus.
    «Aber nein, dazu fehlt mir das Talent.»
    «Sie ist großartig», sagte Mrs. Bantry ungeduldig. «Ich kann das jetzt nicht erklären, aber es ist so. Also, Addie, ich möchte alles wissen. Wie war sie eigentlich, diese Ruby Keene?»
    «Nun…» Adelaide Jefferson hielt inne, warf Mark einen Blick zu und musste ein wenig lachen. «Du bist so direkt», sagte sie.
    «Mochtet ihr sie?»
    «Nein, natürlich nicht.»
    «Wie war sie denn nun?» Mrs. Bantry verlagerte ihre Nachforschungen auf Mark Gaskell.
    «Gewöhnlich. War nur aufs Geld aus. Wusste genau, wie sie’s anstellen muss. Hatte Jeff fest am Haken.»
    Beide nannten ihren Schwiegervater Jeff.
    Taktloser Bursche, dachte Sir Henry mit einem missbilligenden Blick auf Mark. Etwas Zurückhaltung könnte ihm nicht schaden. Er hatte Mark Gaskell nie sonderlich gemocht. Der Mann war charmant, aber unzuverlässig, er redete zu viel, prahlte gelegentlich – nicht unbedingt jemand, dem man Vertrauen

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