Die Tote ohne Augen
erst
gar nicht zu stellen, aber ich tu es trotzdem. Mit was?“
„Ich hatte eine kleine Flasche
Tetraindexalsäure in der Tasche. Ein Pferd hat mich getreten und die Flasche
ist zerbrochen.“
„Was tun Sie denn mit
Tetraindexalsäure? Diese Säure wird benutzt, um Wassertests durchzuführen. Was
hat eine solche Flasche in der Veterinärmedizin verloren? Geben Sie doch
einfach auf“, schnauzte Maria ihn an.
„Das würde mich auch
interessieren“, sagte der Staatsanwalt.
Dr. Lomesch schwieg. „Na gut“,
sagte der Staatsanwalt. „Herr Lomesch, ich erkläre Sie hiermit für vorläufig
festgenommen wegen des dringenden Tatverdachtes des Mordes an Frau Kathia
Momsen.“
„Das hatte ich ja noch nie“,
dachte Sven, „zwei Hauptverdächtige in einem Fall.“ Dr. Lomesch wurde ins
Gefängnis verbracht.
Kapitel 15
Der Staatsanwalt hatte sofort dem
Haftrichter angerufen und eine Verhandlung für den darauffolgenden Tag
arrangiert. Maria und Sven erschienen in Zivil. Dr. Root trug natürlich seine
Robe. Um 11.00 Uhr ging es los. Richter Bauer kam in den Saal herein. Da die
Presse vorab von der Staatsanwaltschaft informiert worden war, saßen einige
Reporter im Zuschauerraum. Ansonsten platzte der Saal aus allen Nähten, da
viele Schaulustige sich versammelt hatten. Im beschaulichen Nietschtal ist ein
solcher Mordfall schon eher die Ausnahme. „Ruhe bitte!“, rief der Gerichtsdiener.
„Der Mordfall Kathia Momsen wird verhandelt unter dem Vorsitz von Richter
Winfried Bauer. Keine Handys, keine Fotos, keine Videoaufnahmen.“ Sein Ton war
forsch und er hatte so laut gesprochen, dass auch jeder im Saal es mitbekommen
hatte.
„Setzen Sie sich!“, schnaubte
Richter Bauer durch den Saal. Maria kannte ihn eigentlich nur aus Verhandlungen,
in denen sie als Zeuge geladen war. Es war ihr erster Fall, in dem sie die
Hauptermittlerin war. Sie wusste, dass Bauer sich nicht auf irgendwelche Spielchen
einließ und er es hasste, wenn es nicht schnell weiterging.
„Staatsanwaltschaft! Worum geht es denn jetzt hier? Ich hoffe, Sie haben einen
triftigen Grund dafür, dass Sie diese unorganisierte Aktion hier starten. Ich
hoffe für Sie, sie ist nicht unüberlegt.“
„Danke, Herr Präsident, dass Sie dieser
Verhandlung so kurzfristig zugestimmt haben“, fing Dr. Root an. „Es handelt
sich um den Fall der Ermordung an Kathia Momsen. Diese Frau wurde halb verwest
aus einem Weiher in Etteldorf gezogen. Ein Hauptverdächtiger sitzt schon seit
längerer Zeit ein. Es handelt sich um Herrn Mike Lüttich. Gestern aber ist uns
ein zweiter Verdächtiger ins Netz gegangen, nämlich Tierarzt Dr. Lomesch. Die
Staatsanwaltschaft ist der Meinung, dass diese zwei Herren ein Motiv haben,
dass alle beide zu der Tat fähig sind und dass gegen beide genug Beweise
vorliegen, um sie zu inhaftieren. Ob nun einer allein die Tat begangen hat oder
ob sie zusammengearbeitet haben, entzieht sich meiner Kenntnis.“
„Mein Gott“, dachte Maria, „was
erzählt der denn da, ich bin mir sicher, dass der Täter Dr. Lomesch ist.“
„Gerichtsdiener“, schrie der
Richter in den Saal, „führen Sie bitte den ersten Angeklagten, Mike Lüttich, in
den Gerichtssaal.“ Der Gerichtsdiener öffnete eine Seitentür zum Gerichtssaal.
Vor der Tür warteten ein paar Polizisten. Sie führten Mike Lüttich in
Handschellen herein. Das Bild erinnerte etwas an einen Hundebesitzer, der
seinen Hund an der Leine hinter sich herschleppt. Mike trug Gefängniskleidung.
Als Maria ihn sah, kamen ihr fast die Tränen. Er war weiß im Gesicht, sein
Blick nach unten gerichtet und man sah ihm an, dass er jeglichen Lebensmut
verloren hatte. „Die Herren von der Polizei mögen doch bitte dem Verdächtigen
die Handschellen abnehmen“, so Richter Bauer zu den beiden Polizeibeamten.
„Danke. Herr Lüttich, wir verhandeln heute Ihre Strafsache im Mordfall Momsen.
Ihnen wurde ein Pflichtverteidiger zur Verfügung gestellt, ist der hier?“ Es
erhob sich eine junge, kleine Frau mit langem blondem Haar von der Bank ganz
vorne links. „Mein Name ist Vanessa Flemisch. Ich wurde gestern Abend erst
davon in Kenntnis gesetzt, dass ich als Pflichtverteidigerin von Herrn Lüttich
hier sein soll. Ich bitte das hohe Gericht deshalb, die Verhandlung zu vertagen,
damit ich mich in den Fall einarbeiten kann. Ich sehe Herrn Lüttich hier zum
ersten Mal. Wir haben heute Morgen nur kurz telefoniert.“ Unter der schwarzen
Robe, die sie als Mitglied der Anwaltszunft erkenntlich machte,
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