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Die Tote ohne Namen

Die Tote ohne Namen

Titel: Die Tote ohne Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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nehme an, daß Sie mir etwas zeigen wollen«, sagte er und deutete auf meine Aktentasche.
    »Die Fotos, die ich am Telefon erwähnt habe.«
    »Gehen wir in mein Büro. Oder wollen Sie sich noch ein bißchen umsehen?« Er lächelte wie ein verschämter Großvater, der über seine Enkelkinder spricht. »Wir haben eine ziemlich umfangreiche Ausstellung über den Golfkrieg. Und General Eisenhowers Gala-Uniform. Ich glaube, die war bei Ihrem letzten Besuch noch nicht da.«
    »Dr. Gruber, das würde ich gern aufs nächste Mal verschieben.« Ich machte ihm nichts vor, meinem Gesicht war anzusehen, wie ich mich fühlte.
    Er tätschelte mir die Schulter und führte mich durch die Hintertür hinaus zu einer Laderampe, neben der ein alter olivgrüner Armeewohnwagen stand.
    »Der gehörte Eisenhower«, sagte Dr. Gruber, als wir daran vorbeigingen. »Manchmal hat er richtig darin gewohnt, und es war auch gar nicht so übel, außer wenn Churchill zu Besuch kam. Der Zigarrenrauch. Fürchterlich. «
    Wir überquerten eine kleine Straße, der Schnee wehte uns ins Gesicht. Meine Augen begannen zu tränen, als ich an die Flöte im Schaukasten und an die Frau dachte, die wir Jane nannten. Ich fragte mich, ob Gault jemals hier gewesen war. Er schien Museen zu mögen, besonders wenn sie Artefakte der Gewalt ausstellten. Wir gingen zu einem kleinen beigefarbenen Gebäude, in dem ich schon öfter gewesen war. Während des Zweiten Weltkriegs hatte es eine Nachschubstation beherbergt, jetzt befanden sich dort die Archive des Quartermaster Corps.
    Dr. Gruber sperrte eine Tür auf, und wir betraten einen Raum voller Tische und Puppen in uralten Uniformen. Auf den Tischen lagen die Akten, in denen Neuerwerbungen katalogisiert wurden. Im hinteren Teil befand sich ein Lagerraum, wo in großen Metallschränken Kleidungsstücke, Fallschirme, Eßgeschirr, Schutzbrillen und normale Brillen aufbewahrt wurden. Es war kalt hier. Wonach wir suchten, fanden wir in einem Schrank an der Wand.
    »Darf ich sehen, was Sie mitgebracht haben?« fragte Dr. Gruber und schaltete ein Licht ein. »Tut mir le id wegen der Temperatur, aber hier drin muß es kalt sein.«
    Ich öffnete meine Aktentasche und holte einen Umschlag heraus, der mehrere große Schwarzweißfotografien von den Schuhabdrücken im Central Park enthielt. Es ging mir vor allem um die Abdrücke, von denen wir annahmen, daß sie von Gault stammten. Ich reichte Dr. Gruber die Fotos, und er stellte sich damit unter die Lampe.
    »Mir ist klar, daß nicht allzuviel zu erkennen ist, weil die Abdrücke im Schnee hinterlassen wurden«, sagte ich. »Ich wünschte, es wären mehr Schatten darin, dann wäre der Kontrast besser.«
    »Ist schon in Ordnung. Man kriegt eine ziemlich genaue Vorstellung. Das waren eindeutig Armeeschuhe. Das Firmenlogo ist hochinteressant.«
    Er deutete auf den Absatz mit dem Kreis, der auf einer Seite einen kleinen Schwanz hatte.
    »Und dann sind hier die erhabenen Rhomben und zwei Löcher, sehen Sie?« Er zeigte sie mir. »Die sollen das Klettern auf Bäume erleichtern.« Er gab mir die Fotos zurück. »Das Profil kommt mir sehr bekannt vor.«
    Er ging zu einem Schrank, öffnete die Doppeltür, hinter der reihenweise Armeestiefel standen. Einen nach dem anderen nahm er heraus und betrachtete die Sohlen. Dann ging er zu einem zweiten Schrank, öffnete die Türen und fing von vorne an. Von ziemlich weit hinten holte er einen grünen Stoffstiefel heraus mit braunen Verstärkungen aus Leder und zwei Lederstreifen mit Schließe am Schaft. Er drehte ihn um.
    »Kann ich bitte die Fotos noch einmal sehen?«
    Ich hielt sie neben die Stiefelsohle. Sie war aus schwarzem Gummi und wies mehrere unterschiedliche Muster auf. Darunter ein Wellenprofil. Am Fußballen befanden sich die Rhomben mit den zwei Löchern daneben, die so deutlich auf den Fotos zu erkennen waren. Auf dem Absatz war ein geflochtener Kranz mit einem Band, das konnte der im Schnee nahezu unkenntliche Schwanz sein, und das ganze paßte zu dem Abdruck auf Davilas Kopf, wo Gault ihn, wie wir glaubten, mit der Ferse getroffen hatte.
    »Was wissen Sie über diesen Stiefel?« fragte ich.
    Er betrachtete ihn von allen Seiten. »Der stammt aus dem Zweiten Weltkrieg und wurde hier in Fort Lee getestet. Hier wurden eine ganze Menge Profile entwickelt und getestet.«
    »Der Zweite Weltkrieg ist lange her«, sagte ich. »Wie kommt es, daß heute noch jemand solche Stiefel trägt?«
    »Diese Dinger halten ewig. Man findet sie in Armeeläden.

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