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Die Tote ohne Namen

Die Tote ohne Namen

Titel: Die Tote ohne Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Dann sah man ein rot glühendes Lämpchen.
    »Vielleicht hat er ein bißchen gekokst und beschlossen, es mit jemandem zu treiben«, sagte Marino. »Und irgendwann ist er aufgestanden und hat überprüft, ob die Kamera läuft.«
    »Vielleicht«, sagte ich. »Wann können wir die Bänder sehen?«
    »Ich will sie nicht hier ansehen.«
    »Kann ich verstehen. Die Kamera ist außerdem so klein, daß man eh nicht viel erkennen wird.«
    »Sobald wir hier fertig sind, lass' ich sie untersuchen.«
    Es gab hier nichts mehr für uns zu tun. Vander fand Rückstände im Waffenschrank, aber nirgendwo im Haus waren weitere Blutspuren. Die Nachbarn zu beiden Seiten von Sheriff Brown lebten zurückgezogen und versteckt zwischen Bäumen und hatten nichts gesehen und nichts gehört.
    »Setz mich bei meinem Wagen ab«, sagte ich, als wir losfuhren.
    Marino warf mir einen argwöhnischen Blick zu. »Wo willst du hin?«
    »Nach Petersburg.«
    »Wozu?«
    »Ich muß mit einem Freund über Stiefel reden.«
    Auf der Schnellstraße nach Süden, einer Strecke, die ich stets als trostlos empfand, waren viele Lastwagen unterwegs, zudem behinderten Baustellen den Verkehr. Der Anblick der PhilipMorris-Fabrik war auch keine Freude, weil mir der Geruch von frischem Tabak schwer zusetzte. Ich hätte zu gern geraucht, vor allem wenn ich an einem Tag wie diesem allein im Auto saß. Meine Gedanken schweiften ziellos umher, während ich ständig in die Spiegel blickte und nach einem dunkelblauen Kombi Ausschau hielt.
    Der Wind peitschte die Bäume, blies über die Sümpfe, und Schneeflocken wirbelten durch die Luft. Als ich mich Fort Lee näherte, sah ich Baracken und Lagerschuppen, wo früher, während der für unser Land grausamsten Zeit, Brustwehren auf Leichenbergen errichtet worden waren. Dieser Krieg schien nicht so lange her, wenn ich an die Sümpfe und Wälder von Virginia und die vermißten Toten dachte. Es verging kein Jahr, in dem ich nicht alte Knöpfe und Knochen untersuchte und alte Geschosse im Labor abgeliefert wurden. Ich war mit den Geweben und Gesichtern längst vergangener Gewalttätigkeit wohlvertraut, und sie fühlten sich anders an als das, womit ich jetzt zu tun hatte.
    Das US Army Quartermaster Museum befand sich in Fort Lee, gleich hinter dem Kenner-Armeekrankenhaus. Langsam fuhr ich an Büro- und Schulungsräumen vorbei, die in Reihen weißer Wohnwagen untergebracht waren, und an Gruppen junger Männer und Frauen in Kampfanzügen und Sportkleidung. Vor einem Backsteingebäude mit blauem Dach und Säulen davor hielt ich an. Links neben der Tür befand sich ein Wappen mit Adler und gekreuztem Schwert und Schlüssel. Ich stieg aus, ging hinein und machte mich auf die Suche nach John Gruber.
    Das Museum war die gute Stube des Quartermaster Corps, das seit der Revoltition gewissermaßen der Wirt der Armee war. Truppen wurden eingekleidet, verpflegt und vom QMC beherbergt, das außerdem Buffalo-Soldaten mit Sporen und Sätteln und General Patton mit Megaphonen für seinen Jeep versorgt hatte. Ich kannte das Museum, weil das Corps auch dafür verantwortlich war, die Toten der Armee nach Hause zu bringen, zu identifizieren und zu begraben. In Fort Lee befand sich die einzige Division des Landes, welche die Gefallenengräber registrierte. Offiziere dieser Division suchten mich regelmäßig auf.
    Ich ging an Schaukästen mit Uniformen und Eßgeschirr vorbei, am Nachbau eines Schützengrabens aus dem Zweiten Weltkrieg mit Sandsäcken und Granaten. Vor Uniformen aus dem Bürgerkrieg, von denen ich wußte, daß sie echt waren, blieb ich stehen und fragte mich, ob die Risse von Schrapnellen oder vom Alter herrührten. Ich dachte an die Männer, die sie getragen hatten.
    »Dr. Scarpetta?«
    Ich drehte mich um. »Dr. Gruber«, sagte ich erfreut. »Ich war auf der Suche nach Ihnen. Was ist das für eine Flöte?« Ich deutete auf einen Schaukasten mit Musikinstrumenten.
    »Die stammt aus dem Bürgerkrieg«, sagte er. »Musik war damals sehr wichtig. Damit wurde die Tageszeit verkündet.«
    Dr. Gruber war der Kurator des Museums, ein älterer Mann mit buschigem, grauem Haar und einem Gesicht wie aus Granit gehauen. Er liebte weite Hosen und Fliegen. Er rief mich stets an, wenn eine Sonderausstellung anstand, die etwas mit Kriegstoten zu tun hatte, und ich suchte ihn auf, wenn mit einer Leiche ungewöhnliche militärische Objekte auftauchten. Er konnte so gut wie jede Gürtelschnalle, jeden Knopf, jedes Bajonett auf einen Blick identifizieren.
    »Ich

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