Die Tote von Buckingham Palace
es nicht über sich bringen, die Worte zu sagen.
»… der Strang«, beendete sie den Satz für ihn. »Und die Schande für die Familie. Mein Vater hat ihn umgebracht, und du hast dich vor beide gestellt – warum? Um meinetwillen?«
»Selbstverständlich. Warum sonst?«
»Auch dann noch, wenn er dich für den Mord an der armen Frau in der Wäschekammer an den Galgen bringen würde?«
»Das wusste ich nicht.«
Ihr Blick ließ ihn nicht los. »Jetzt weißt du es aber.«
Zwei livrierte Lakaien kamen, öffneten die Türflügel und verkündeten, Seine Königliche Hoheit sei zum Empfang bereit.
Liliane warf einen Blick zu Pitt hinüber, und der Anflug eines Lächelns legte sich auf ihre Lippen. Dann nahm sie den Arm ihres Mannes, und gemeinsam betraten sie den Thronsaal.
Das Ehepaar Marquand folgte ihnen, und hinter ihnen ging Elsa an Sorokines Arm, wie es sich für die überlebenden Angehörigen Dunkelds gehörte.
Pitt bot Gracie den Arm. Unsicher, was sie tun sollte, zögerte sie einen Augenblick, nahm ihn dann aber.
Narraway betrat den riesigen Thronsaal als Letzter, ein wenig atemlos und in einem geliehenen Hemd.
Um sie herum schimmerte alles golden, und durch die hohen Fenster fiel so viel Sonnenlicht herein, dass die Luft förmlich zu glänzen schien. Das Prinzenpaar stand am hinteren Ende des Saales, dessen Größe dadurch betont wurde, dass kaum ein Möbelstück darin stand. Links und rechts hatten weitere Mitglieder des königlichen Haushalts sowie der Premierminister und mehrere Kabinettsmitglieder Aufstellung genommen.
Gracie war so in ihr Staunen und ihre Bewunderung versunken, dass sie fast über den Saum ihres Kleides gestolpert wäre. Sie blieb nur deshalb auf den Beinen, weil sie sich eisern an Pitts Arm festhielt.
Selbst Pitt war stärker beeindruckt, als er erwartet hatte. Seine Entschlossenheit geriet ins Wanken. Es war aberwitzig, auch nur an die Möglichkeit zu denken, die er erwogen hatte. Sicherlich würde er das Vertrauen enttäuschen, das Narraway in ihn setzte.
Watson Forbes stand seitlich vor dem Kronprinzen. Dessen Gemahlin, die wegen ihrer Schwerhörigkeit ohnehin von dem isoliert war, was um sie herum vorging, hielt sich ein wenig abseits.
Der Kronprinz bedeutete den Anwesenden, näher zu treten.
Gracies Hand krallte sich noch fester als zuvor in Pitts Arm. Sie blieben unmittelbar hinter Elsa Dunkeld und Julius Sorokine stehen. Pitt freute sich, dass sie einander so nahe waren. Sie waren unwillkürlich im Gleichschritt gegangen. Er dachte an Charlotte und wünschte, sie wäre ebenfalls da, doch diesmal hatte Gracie das Verdienst. Vielleicht war es auch besser, dass Charlotte nicht bei ihm war; wenn er noch mehr an sie dachte, würde er womöglich nicht den Mut aufbringen, sein Vorhaben zu Ende zu führen.
Das Ehepaar Marquand wurde dem Prinzen vorgestellt, und dieser dankte Simnel für die Treue und die der Krone erwiesenen Dienste.
Danach folgten Liliane und Hamilton Quase, dessen glänzende Fähigkeiten als Ingenieur der Prinz hervorhob.
Als Sorokine an der Reihe war, äußerte der Prinz, scheinbar einfühlsam, sein Verständnis dafür, dass sich dieser wegen des kurz zurückliegenden gewaltsamen Todes seiner Frau von seiner Aufgabe als diplomatischer Beauftragter des Projekts zurückgezogen habe. Elsa als seine Schwiegermutter wurde ebenfalls vorgestellt. Bei ihr betonte er, dass sie verständlicherweise gleichfalls in Trauer sei, ging aber mit keinem Wort darauf ein, dass sie die zweite Frau Dunkelds war, der im Übrigen mit keiner Silbe erwähnt wurde.
Narraway wurde als Leiter des Staatsschutzes vorgestellt, dessen Aufgabe im Palast es war, alle nötigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen. Auch ihm dankte der Kronprinz.
Jetzt war der Augenblick der Entscheidung gekommen. Pitt
stand seinem künftigen König von Angesicht zu Angesicht gegenüber. Es würde nie wieder geschehen. Wenn er seine Vorwürfe gegen Forbes jetzt nicht erhob, wäre dieser für den Rest seines Lebens in Sicherheit.
»Königliche Hoheit, Ma’am«, sagte Pitt, zum Prinzenpaar gewandt. Er bemühte sich, seine Stimme nicht zittern zu lassen, denn das schuldete er Gracie. »Darf ich Ihnen Ihre überaus treue und tapfere Dienerin vorstellen, Miss Gracie Phipps, die den Staatsschutz im Dienste der Krone unterstützt hat.«
Gracie stand vor Ehrfurcht wie erstarrt da. Sie sah aus wie höchstens dreizehn.
»Ach«, sagte der Prinz und schien überrascht. »Ich bin Ihnen aufrichtig verbunden, Miss
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