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Die Tote von Schoenbrunn

Die Tote von Schoenbrunn

Titel: Die Tote von Schoenbrunn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Kneifl
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Diener die kaiserlichen Gemächer betreten. Das Opfer dürfte die Wanne selbst mit Wasser gefüllt haben. Die Frage ist, woher sie das heiße Wasser hatte. Wahrscheinlich hat ihr doch jemand von der Dienerschaft geholfen. Wir werden uns das gesamte Personal vornehmen müssen. Mir graut davor, wie du dir sicher vorstellen kannst. Der Mörder hat ein richtiges Gemetzel angerichtet. Der Boden, das Äußere der Wanne, ja selbst die Wände, der Kachelofen und die Waage Ihrer Majestät haben Blutspritzer abbekommen …“
    „Was für eine Schweinerei!“
    „Du sagst es. Der Anblick war unbeschreiblich. Im Spiegel in der Ecke, neben dem hübschen Kachelofen, der übrigens ganz ähnlich aussieht wie der Ofen im Zimmer deiner Tante, hat sich das Grauen verdoppelt. Das Wasser in der vergoldeten Wanne war blutrot gefärbt. Die Wände sind mit hunderten Maiglöckchensträußchen, den Lieblingsgestecken der Monarchin, bemalt. Sie haben rötlich geschimmert und die weißen Blüten rosarot. Übrigens hat sogar der Stuck im Boudoir Ihrer Majestät die Form von Maiglöckchensträußen. Ich hab mir eingebildet, dass es in dem ganzen Raum nach Maiglöckchen gestunken hat.“
    Gustav rümpfte die Nase ob dieser kleinen Respektlosigkeit seines Freundes.
    „Die Decke im kaiserlichen Toilettezimmer ist übrigens voll Mythenmalerei – richtig schwülstig. Der Schönheitskult in der Antike, von der Toilette der Venus bis zum Urteil des Paris, alles sehr prunkvoll und prächtig. Bestimmt haben diese Darstellungen der Kaiserin geschmeichelt. Wahrscheinlich hat sie sich ebenso göttlich gefühlt wie die schönen Damen an der Decke. Sie war ja bekanntlich nicht ganz frei von Eitelkeit“, sagte Rudi augenzwinkernd und auf die Gefahr hin, sich den Zorn seines Freundes zuzuziehen. „Der Täter könnte übrigens auch eine Frau gewesen sein, die Tatwaffe, eine Schere, deutet jedenfalls auf das schwache Geschlecht hin.“
    Gut, dass Vera und Dorothea ihn nicht hören können, dachte Gustav, der die Interpretation: Schere ist gleich Frau, ziemlich platt fand. Aber so war Rudi eben manchmal.
    Gustav bat ihn, den Tatort aufzuzeichnen. „Ohne Maiglöckchen bitte“, fügte er hinzu.
    Rudi war kein schlechter Zeichner. Die Skizze, die er seinem Freund kurz darauf unter die Nase hielt, erinnerte Gustav an das berühmte Bild des großen französischen Malers Jacques-Louis David: „Der Tod des Marat“.
    Rudis Beschreibung der Position der Toten verstärkte diesen Eindruck noch: „Ein zu einem Turban geschlungenes Handtuch hat ihr langes Haar bedeckt. Ihr Gesicht war kreidebleich, ihr Kopf auf die rechte Schulter gesunken. Der rechte Arm hing aus der Wanne, der linke war ins Wasser gefallen, samt dem Briefpapier, das ihre Finger fest umklammert hielten. Die Worte waren leider nicht mehr lesbar, die Tinte hat sich im Wasser aufgelöst. Die Pulsadern beider Hände waren durchgeschnitten und zwar der Länge nach. Der Gerichtsmediziner meinte, sie hätte sich zuerst mit der Schere zu erstechen versucht. Auf ihrer linken Schulter war ein bisschen Blut. Und als sie bemerkt hat, dass der Stich nicht zum Ziel führt, die Pulsadern aufgeschnitten. Aber der Doktor ist völlig vertrottelt. Kein Mensch nimmt ihn mehr ernst.“
    „Sein Name ist nicht zufällig Professor Abendrot?“ Gustav dachte an Dorotheas verehrten Herrn Professor.
    „Nein, der alte Herr heißt Mayringer. Warum?“
    „Ach nichts.“
    „Die blutverschmierte Schere lag übrigens auf der Psych, mindestens drei Meter von der Wanne entfernt. Fragt sich, wie die Sterbende sie dahin befördert haben soll.“
    Gustav entkam ein unpassendes Grinsen.
    „Ihre Brust war übrigens unverletzt. Sie hatte, wie gesagt, nur relativ harmlos aussehende Einschnitte an der linken Schulter, aber die hat sie sich bestimmt nicht selbst zugefügt.“
    „Wer war die Tote?“
    „Jetzt halt dich fest, Gustl. Du kennst sie. Hattest selbst mal ein Aug auf sie geworfen. Das war, bevor sie den Grafen von Reichenbach geheiratet hat. Sie war damals erst siebzehn, erinnerst du dich?“
    „Waaas? Die Clementine? Nein, nein, das kann nicht sein.“ Gustav erbleichte. Seine Knie begannen zu schlottern und seine Hände krampften sich um die Tischkante.

10
    Drei Tage später empfing Vera von Karoly einen hohen Gast in Gustavs Zimmer. Er hatte in der Früh einen Boten mit seiner Karte geschickt und schriftlich darum gebeten, sie heute noch aufsuchen zu dürfen.
    Sie musterte Graf Batheny unauffällig. Der ehemalige Geliebte

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