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Die Totenleserin1

Die Totenleserin1

Titel: Die Totenleserin1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: franklin
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immer war jedes Wort zu verstehen: »Sagt mir, Schwester, was macht Ihr so im Kloster. Sprecht frei heraus, es wird Euch nichts geschehen, versprochen.«
    Sie begann, zunächst atemlos, doch nur wenige konnten Henry widerstehen, wenn er freundlich war, und Walburga zählte nicht zu ihnen. »Ich denke über die Heilige Schrift nach, Mylord, wie die anderen auch, und spreche die Gebete unserer Gründerin. Und ich bringe mit dem Kahn Vorräte zu den Einsiedlern …« Das klang ein wenig unsicher.
    Adelia merkte, dass Walburga mit ihren spärlichen Lateinkenntnissen durch die Verhandlung so verwirrt worden war, dass sie das meiste gar nicht mehr richtig mitbekommen hatte.
    »Und wir halten auch die Andachtsstunden ein, beinah fast immer …«
    »Esst Ihr gut? Viel Fleisch?«
    »O ja, Mylord.« Das war für Walburga sicherer Boden, und sie wurde mutiger. »Mutter Joan bringt immer ein oder zwei Rehevon der Jagd mit, und meine Tante macht viel Butter und Sahne. Wir essen mächtig gut.«
    »Was macht Ihr sonst noch so?«
    »Ich polier dem Kleinen St. Peter sein Reliquiar und flechte Andenken für die Pilger zum Kaufen, und ich …«
    »Ich wette, Ihr könnt von allen Nonnen am besten flechten.« Sehr jovial.
    »Na ja, ich bin ganz geschickt, Mylord, obwohl ich das ja nicht sagen sollte, aber vielleicht sind Schwester Veronica und die arme Agnes fast genauso gut.«
    »Da hat doch bestimmt jede ihren eigenen Stil, was?« Walburga blinzelte, und Henry formulierte die Frage um. »Nehmen wir an, ich wollte aus einem Berg Andenken eins kaufen, könntet Ihr mir da sagen, welches von Euch ist und welches von Agnes? Oder von Veronica?«
    Mein Gott. Adelias Haut begann zu prickeln. Sie versuchte, Rowleys Blick aufzufangen, aber er sah nicht zu ihr herüber. Walburga lachte leise. »Das müsst Ihr nicht, Mylord, ich mach Euch gern eins umsonst.«
    Henry lächelte. »Schade, jetzt hab ich gerade eben Sir Rowley losgeschickt, dass er mir ein paar holt.« Er hielt ihr einen der kleinen Gegenstände hin, ein paar Figürchen, ein paar Matten, die Rowley ihm gegeben hatte. »Habt Ihr das hier gemacht?«
    »O nein, das ist von Schwester Odilia, ehe sie gestorben ist.«
    »Und das hier?«
    »Von Magdalene.«
    »Und dies?«
    »Von Schwester Veronica.«

    »Prior.« Es war ein Befehl.
    Bruder Gilbert war zurück. Prior Geoffrey brachte andere Gegenstände, die Walburga sich ansehen sollte. »Und die hier,mein Kind? Wer hat die gemacht?« Sie lagen auf seiner ausgestreckten Hand, wie Sterne aus Binsen, schön und kunstvoll zu einer fünfzackigen Form geflochten.
    Walburga hatte Gefallen an dem Spiel gefunden. »Na, die sind auch von Schwester Veronica.«
    »Seid Ihr sicher?«
    »So sicher wie nur was, Mylord. Das ist ihr Zeitvertreib. Die arme Schwester Agnes hat immer gesagt, dass sie die besser nicht machen sollte, weil sie so heidnisch aussehen, aber wir fanden das nicht schlimm.«
    »Nicht schlimm«, sagte der König leise. »Prior?«
    Prior Geoffrey wandte sich den Richtern zu. »Mylords, diese geflochtenen Sterne lagen auf den Leichen der Wandlebury-Kinder, als wir sie fanden. Diese Nonne hat uns gerade versichert, dass sie von der angeklagten Schwester angefertigt wurden. Seht.«
    Stattdessen sahen die Richter Veronica an.
    Adelia stockte der Atem. Das ist nicht unwiderlegbar. Sie kann sich tausend Entschuldigungen ausdenken. Es war schlau, aber es ist kein
Beweis.
    Für Priorin Joan war es ein Beweis. Sie starrte ihren Schützling entsetzt an.
    Und für Veronica war es ein Beweis. Einen Moment lang schwieg sie. Dann kreischte sie auf, hob den Kopf und zwei bebende Hände. »Beschützt mich, Mylords. Ihr glaubt, er wäre von Hunden zerrissen worden, aber er ist dort oben.
Dort oben.«
    Alle Augen folgten ihr zu den Balken, wo die geschnitzten Fratzen sie aus der Dunkelheit angrinsten, dann blickten sie wieder auf Veronica. Sie lag auf dem Boden und wand sich. »Er wird Euch wehtun. Er tut mir weh, wenn ich ihm nicht gehorche. Er hat mir wehgetan, als er in mich eingedrungen ist. Er tut weh. Oh, errettet mich vor dem Teufel.«

Kapitel Sechzehn
    D ie Luft im Raum war heiß und schwül geworden. Die Augenlider der anwesenden Männer schlossen sich halb, ihre Münder wurden schlaff und ihre Körper steif. Veronica wälzte sich zwischen den Binsen auf dem Boden, riss an ihrem Habit, zeigte auf ihre Vagina und kreischte, dass der Teufel da in sie eingedrungen sei,
da
.
    Es war, als sähe sie eine schwere Schuld durch die federleichten Andenken

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