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Die Totenleserin1

Die Totenleserin1

Titel: Die Totenleserin1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: franklin
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wollte eigentlich heute Nacht auf Sauhatz gehen.
    Meint Ihr, es ist zu spät dafür? Haben sich die Tiere schon zur Ruhe begeben?«
    Die Priorin war verwirrt, aber entzückt. »Noch nicht, Mylord. Wenn ich Euch eine Empfehlung geben darf, setzt Eure Hunde Richtung Babraham auf die Fährten an, dort ist der Wald …« Ihre Stimme erstarb, als sie zur Besinnung kam. »Ich wiederhole nur, was man mir erzählt hat, Mylord. Ich selbst habe kaum Zeit für die Jagd.«
    »Tatsächlich, Madam?« Henry wirkte ehrlich überrascht. »Ich dachte, Ihr steht in dem Ruf, eine waschechte Diana zu sein.« Ein Hinterhalt, dachte Adelia. Ihr wurde klar, dass sie ein Manöver beobachtete, das, erfolgreich oder nicht, Schlitzohrigkeit zur Kunst erhob.
    »Also …«, sagte der König mit vollem Mund. »Ich danke Euch, Prior. Also habe ich Aaron gefragt: ›Wo beim Teufel soll ich denn einen Meister in der Kunst des Todes finden?‹ Und er hat gesagt: ›Nicht beim Teufel, Mylord, in Salerno …‹ Er ist gerne geistreich, unser Aaron. Offenbar bringt diese vorzügliche Medizinschule in Salerno Männer hervor, die sich auf diese dunkle Wissenschaft verstehen. Nun, um es kurz zu machen, ich schrieb an den König von Sizilien …« Er strahlte die Priorin an. »Er ist mein Vetter, müsst Ihr wissen. Ich schrieb ihm und bat um die Dienste von Simon aus Neapel und einem Meister des Todes.«
    Der König hatte sich verschluckt und musste husten; Hubert Walter half ihm mit kräftigen Schlägen auf den Rücken aus der Bredouille.
    »Danke, Hubert.« Er wischte sich die Augen. »Tja, und dann gingen zwei Dinge schief. Erstens war ich nicht in England, als Simon aus Neapel hier eintraf, weil ich die verdammten Lusignans zur Räson bringen musste. Zweitens werden in Salerno anscheinend auch Frauen in der Medizin ausgebildet – istdas zu fassen, Mylords? –, und irgendein Idiot, der Adam nicht von Eva unterscheiden konnte, schickte uns keinen
Meister
in der Kunst des Todes, sondern eine
Meisterin.
Und das ist sie.« Er sah Adelia an, doch außer ihm tat das keiner. Alle hatten nur Augen für den König. »Ich fürchte also, Mylords, wir können sie nicht aufhängen – und wenn wir es noch so gerne täten. Sie gehört uns nicht, versteht Ihr, sie ist Untertanin des Königs von Sizilien, und Vetter William will sie wohlbehalten zurückhaben.«
    Er war jetzt vom Tisch gesprungen, ging durch den Raum und säuberte sich die Zähne, als wäre er tief in Gedanken versunken. »Was meint Ihr, Mylords? Denkt Ihr, in Anbetracht der Tatsache, dass diese Frau und ein Jude gemeinsam offenbar weitere Kinder vor einem schlimmen Tod durch die Hand eines Herrn gerettet haben, dessen Kopf gerade in der Burg in Salzlake eingepökelt wird …«, er holte verwundert Luft, schüttelte den Kopf, »können wir sie da auch nur auspeitschen?« Niemand sagte etwas; sollten sie auch nicht.
    »Nein, Mylords, Vetter William wäre verstimmt, wenn Mistress Adelia irgendeine Unbill zustieße, wenn man zum Beispiel versuchen würde, sie der Hexerei zu bezichtigen oder irgendeines anderen Vergehens.« Die Stimme des Königs war peitschend geworden. »Und ich wäre das auch.«
    Ich bin Eure Dienerin bis ans Ende meiner Tage. Adelia war schwach vor Dankbarkeit und Bewunderung. Aber kannst du, selbst du, großer Plantagenet, die Nonne vor Gericht bringen? Rowley war jetzt im Raum, groß, verbeugte sich vor dem sehr viel kleineren Henry und übergab ihm irgendwelche Dinge. »Es tut mir leid, dass ich Euch warten ließ, Mylord.« Die beiden wechselten einen Blick, und Rowley nickte. Sie steckten unter einer Decke, er und der König.
    Er schritt durch das Refektorium und stellte sich neben PriorGeoffrey. Sein Umhang war dunkel vom Regen, und er roch nach frischer Luft; er
war
frische Luft, und auf einmal freute sie sich über alle Maßen darüber, dass ihr Mieder knapp war und ihr Kopf unbedeckt wie der einer Dirne. Am liebsten hätte sie sich wieder ganz für ihn ausgezogen. Ich bin deine Dirne, wann immer du willst, und stolz darauf.
    Er sagte etwas. Der Prior gab Bruder Gilbert Anweisungen, der daraufhin den Raum verließ.
    Henry hatte wieder seinen Platz auf dem Tisch eingenommen. Er winkte der dicksten der drei Nonnen in der Mitte der Halle. »Ihr, Schwester. Ja, Ihr. Kommt her.«
    Priorin Joan beobachtete argwöhnisch, wie Walburga zögernd auf den König zuging. Veronicas Augen blickten weiter zu Boden, ihre Hände so ruhig wie zu Anfang.
    Der König sprach jetzt sanfter, aber noch

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