Die Tränen der Justitia (German Edition)
Mädchen ist, konnten wir nicht erkennen.»
«Aber warum Marcel Wiedmer? Wieso entführt er ein Kind und begeht einen Mord?»
«Das wird er uns erklären müssen.»
Nach einer unendlich langen Wartezeit stürzte Georg ins Zimmer, völlig ausser Atem.
«Wir haben sie! Sie wollten nach Südamerika, aber der Flug wurde wegen schlechtem Wetter gecancelt. Daher übernachteten sie in einem Hotel in der Nähe des Flughafens. Die Zürcher Kollegen haben zugeschlagen. Und das Beste, Lena lebt!»
Ein Schrei der Erleichterung, der ungeheuren Freude erfüllte den Raum. Julia umarmte Lukas, beim Versuch aufzustehen, brach sie weinend zusammen. Es waren Tränen des Glücks, das vollkommener nicht sein konnte.
Borer lehnte sich in seinem Büro ans Fenster. Endlich, der Spuk ist vorbei. Julia ist mit Lukas nach Zürich gefahren. Bald schon werden sie Lena in die Arme schliessen können. Gott sei Dank! Wie alles zusammenhängt, welche Motive hinter diesem Drama stecken, wer Josef Doppler ermordet hat, all diese Fragen werden Ferrari und Frau Kupfer klären. Ein gutes Team, das habe ich immer gewusst.
«Dürfen wir eintreten?»
«Setzen Sie sich.»
«Haben Sie schon etwas von Julia und Lukas gehört?»
«Sie sind noch in Zürich.»
«Wollen Sie am Verhör teilnehmen?»
«Das überlasse ich Ihnen, Ferrari.»
«Das mit der Kündigung, haben Sie es sich nochmals überlegt?»
«Ich brauche etwas Distanz, Frau Kupfer. Das Grauen hat jetzt zwar ein Ende, doch wer garantiert mir, dass sich die Geschichte nicht wiederholt?»
«Niemand.»
«Was würden Sie an meiner Stelle tun, Ferrari?»
«Mich erst einmal erholen und danach eine Entscheidung treffen. Wir hoffen natürlich, dass Sie uns erhalten bleiben.»
Ein leises Lächeln umspielte Borers Lippen.
«Auf jeden Fall wird Fabian in diesem Fall die Anklage vertreten. Ich bin befangen. Was geschieht mit Heller?»
«Wir werden ihn besuchen und eine Partie Schach mit ihm spielen.»
«Das verstehe ich nicht.»
«Das müssen Sie auch nicht … Geben Sie uns kurz Bescheid, wenn Julia mit Lena zurück ist?»
«Selbstverständlich. Ich rufe Sie an», antwortete der Staatsanwalt. Er trat auf Nadine zu und küsste sie auf beide Wangen. «Danke! Danke für alles.»
20. Kapitel
Marcel Wiedmer sass in sich versunken im Verhörraum. Er wirkte angespannt und ängstlich. Irgendwie verloren. Nachdem Ferrari ihm seine Rechte erklärt hatte, begann das Verhör.
«Sie wissen, weshalb wir Sie verhaftet haben?»
«Ja.»
«Geben Sie zu, Lena Doppler entführt zu haben?»
«Ja.»
«Aus welchem Grund?»
«Mein Anwalt riet mir, Ihnen die Wahrheit zu erzählen. Ich wünsche, dass Sie dies protokollieren.»
«Wir nehmen Ihren Wunsch zur Kenntnis.»
«Es blieb uns nichts anderes übrig, als Lena zu entführen. Aber ich schwöre bei Gott, wir hätten der Kleinen nichts getan. Wir wollten sie lediglich als Druckmittel einsetzen.»
«Gegen Josef Doppler?»
«Ja. Ein uneinsichtiger, sturer, alter Mann. Geradezu verbohrt.»
«Er fand heraus, dass Sie hinter dem Wettbetrug steckten. Richtig?»
«Wir waren unvorsichtig, vor allem Mike. Er liess den Kaufvertrag eines Mehrfamilienhauses vor einem Match in der Garderobe liegen. Josef, der zu diesem Zeitpunkt schon misstrauisch war, fand den Vertrag und zählte eins und eins zusammen. Ihm war klar, dass Mike eine Anzahlung leisten musste, die sein Einkommen bei Weitem überstieg.»
«Von wem erfuhren Sie das?»
«Von Josef selbst. Im Vertrauen erzählte er mir von seinem Verdacht gegen Mike. Er schoss sich voll auf ihn ein und bat mich, Nachforschungen anzustellen. Ich sagte ihm, dass das nicht einfach sei, versprach aber, die Augen offen zu halten.»
«Dann ist Ihnen die perverse Idee gekommen, Lena zu entführen und so Josef Doppler zu erpressen.»
«Es war Mikes Idee. Ich wusste, dass Julia jeden zweiten Freitag eine Freundin besucht. Wir nutzten die Chance.»
«Trummer und Sie?»
«Ja.»
«Warum meldeten Sie sich erst so spät, nach mehr als einer Woche?»
«Wir wollten noch einmal gross abkassieren. Und durch die Entführung trat der Wettskandal in den Hintergrund. Besser konnte es nicht laufen. Einerseits hielt mich Josef auf dem Laufenden über seine Bemühungen, Mike zu überführen, andererseits Sie und Frau Kupfer.»
«Clever. So waren Sie als Entführer immer auf dem neusten Stand.»
«Eine profitable Situation, Frau Kupfer.»
«Was ging schief?»
«Plötzlich tauchte dieser Franz Heller auf. Wie aus dem Nichts. Und Josef
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