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Die Träume der Libussa (German Edition)

Die Träume der Libussa (German Edition)

Titel: Die Träume der Libussa (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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Lagerfeuern zurück, um nicht von ihm gesehen zu werden, als
sie plötzlich ein anderes, völlig unbekanntes Gesicht vor sich erblickte. Der
junge Mann mochte etwa in ihrem Alter sein und nahm vermutlich auch zum ersten
Mal an diesem Fest teil. Er hielt sich im Hintergrund und beobachtete
aufmerksam, wie aus dem Getümmel von Menschen bei den Feuern allmählich
einzelne Paare entstanden. Als Libussa an seiner Seite auftauchte, wirkte er
überrascht und lächelte sie verlegen an.
    „Gefällt dir
das Fest?“
    Die Frage
schien ihr unangemessen, denn Rituale sollten nicht gefallen, sondern die
Götter ehren.           „Ich
bin mir nicht sicher“, sagte sie daher ausweichend. „Ich habe noch nie zuvor
daran teilgenommen.“ Sie wollte nicht verraten, dass eben jener Teil des
Rituals, der am wichtigsten, am heiligsten war, ihr Unbehagen einflößte. Wie
kam es, dass Kazi davor flüchtete, während es Thetka doch zu gefallen schien?
      „Ich bin
auch zum ersten Mal hier“, bestätigte er ihre Vermutung. „Es ist, na ja, etwas,
an das man sich gewöhnen muss.“
    Einen Jungen an
ihrer Seite zu wissen, dem Kupala noch ebenso fremd war wie ihr, schien
beruhigend. Sie fühlte sich sicherer bei jemandem, der ihr Unbehagen teilte.
    „Wer bist du?
Kommst du aus einem Dorf in der Nähe?“, führte er die Unterhaltung beharrlich
fort, als sei dies ein ganz gewöhnlicher Tag, an dem Fremde nur miteinander
redeten. Er konnte nicht im Gebiet der Tschechen wohnen, sonst hätte er sie
gekannt. Libussa war erleichtert. Vermutlich war er im Gefolge des fürstlichen
Clans eines anderen Stammes gekommen. Der Junge trug die grobe Kleidung eines
Bauern, aber sein feines, nachdenkliches Gesicht verriet, dass er kein
einfältiger Mensch sein konnte. Aus den braunen Augen sprach völlige Offenheit,
vielleicht, weil ein Mann einfacher Herkunft nicht unter dem Druck stand,
unbedingt Eindruck machen zu müssen. Er hatte hellbraunes Haar, das ihm knapp
bis zu den Schultern reichte, denn nur Krieger wie Slavonik waren so eitel und verfügten
über die Muße, sich Zöpfe zu flechten oder das Haar mit Schweinefett kunstvoll
auf ihren Köpfen hochzutürmen, um den Frauen zu gefallen.
    „Es ist nicht
üblich, hier seinen Namen zu nennen“, beantwortete sie ausweichend seine Frage.
Der Rausch schien durch die kurze Unterhaltung bereits nachgelassen zu haben.
Warum nahm er sie nicht einfach an der Hand und zog sie mit zu den Feuern, wo
sich andere Paare bereits in den Armen lagen? Dort wäre es einfacher, nur Teil
eines Ganzen zu sein. Zu tun, was alle taten.
    „Ich glaube,
mir gefallen diese Feste nicht“, sagte er unerwartet. „Wir sind keine Tiere.“
    Zorn wallte in
Libussa auf, verstärkt durch die Wirkung des berauschenden Trankes. „Das ist
ein heiliges Ritual!“, zischte sie ihn an. „Du redest wie die Christen, die
sich ihrer Körper schämen, und beleidigst unsere Götter.“
    Er hob
abwehrend die Arme. „Darum geht es nicht. Ich finde nichts Verwerfliches an
diesem Fest. Nur gefällt es mir nicht, mich vor allen Leuten auf eine Fremde zu
stürzen. Das ist alles.“
    Wenn sie ihm
ihren Namen nannte, wären sie sich dann weniger fremd? Könnten sie mehr sein
als nur die Stellvertreter Jarilos und Moranas bei einem jährlichen Ritual? Der
Junge schien ein angenehmer Mensch. Doch sobald er wusste, wer sie war, würde
sich sein Verhalten vielleicht ändern. Dennoch gefiel es ihr, dass er so offen
mit ihr sprach.
    Lange Zeit
herrschte Schweigen. Libussa hatte Angst, den Fremden anzusehen. Er sollte
nicht merken, welche Gedanken ihr durch den Kopf gingen, wie wohl sie sich in
seiner Gegenwart fühlte, denn dadurch hätte sie mehr preisgegeben als bei einem
solchen Fest üblich war.
    „Willst du mit
mir in den Wald gehen, Mädchen ohne Namen?“, fragte er schließlich mit einem
verlegenen Grinsen und streckte ihr seine Hand entgegen. Sie reichte ihm die
ihre. Seine Handflächen waren rau vor Schwielen. Er musste wirklich ein Bauer
sein, doch in diesem Moment hatte das keine Bedeutung.
    Abseits vom
Lachen und Geschrei der Feiernden war der nächtliche Wald ein verzauberter Ort,
das Reich der Geister und Vilas, unsterblicher, wunderschöner Frauen, die über
ihn herrschten. Libussa mochte das Kratzen der Bauernhände, die sich auf ihr
Gesicht legten.
    „Das heilige
Ritual also?“, murmelte er. Seine Augen blitzten spöttisch auf und sie hörte
ihr eigenes nervöses Lachen.
    „Wie auch immer
du es nennen magst“, sagte

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