Die Traumfängerin - Roberts, N: Traumfängerin
aufzuhalten. Machtlos und innerlich tobend vor Zorn, beobachtete sie, was nun geschah.
„Gibt es ein Problem?“
Sie fuhr herum, denn sie hatte nicht gehört, dass David zurückgekehrt war. Schäumend vor Wut und voller Verachtung musterte sie ihn kurz, ehe sie ihre Aufmerksamkeit wieder dem Set zuwandte. „Das war nicht abgemacht.“
„Die Karten?“ Überrascht von ihrer heftigen Reaktion, sah auch David zum Set. „Mit Clarissa war es abgesprochen.“
A. J. biss die Zähne zusammen. „Das nächste Mal, Brady, wird so etwas mit mir geklärt.“
Noch während David eine scharfe Erwiderung auf der Zunge lag, drang Alex Marshalls sonore Stimme klar und deutlich zu ihnen herüber. „Miss DeBasse, ist es allgemein üblich, die Karten zu benutzen, um außersinnliche Wahrnehmungen zu testen?“
„Gelegentlich greift man da rauf zu rück, das stimmt. Siewerden auch benutzt, um telepathische Fähigkeiten zu erforschen.“
„Sie haben an solchen Untersuchungen teilgenommen, sowohl in England als auch an Universitäten hier in den USA, beispielsweise an der Stanford University, an der Columbia University in New York und der University of California hier in Los Angeles.“
„Das ist richtig.“
„Können Sie den Zuschauern erklären, wie so etwas funktioniert?“
„Selbstverständlich. Die Karten, die für Forschungszwecke benutzt werden, haben grundsätzlich zwei Farben und normalerweise fünf verschiedene Symbole. Vierecke beispielsweise, Kreise, Wellenlinien. So lässt sich berechnen, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, Farbe und Symbol einer Karte zu erraten. Die Chance, die richtige Farbe zu nennen, liegt bei zwei Farben bei fünfzig Prozent. Erreicht jemand sechzig Prozent, liegt er schon über dem Durchschnitt.“
„Das klingt recht einfach.“
„Mit den Farben allein, ja. Doch die Symbole machen die Vorhersage schwieriger. Wenn, sagen wir, fünfundzwanzig Karten mit zwei Farben und fünf Symbolen im Spiel sind, und die Versuchsperson nennt fünfzehn Karten richtig, kann man davon ausgehen, dass seine außersinnliche Wahrnehmung äußerst hoch ist.“
„Sie ist verdammt gut“, flüsterte David.
„Allerdings.“ Verärgert verschränkte A. J. die Arme vor der Brust. Hatte David daran gezweifelt? Niemand war besser als Clarissa.
„Können Sie erklären, wie das funktioniert?“ Scheinbar unbeteiligt mischte Alex die Karten, während er sprach. „Haben Sie ein Gefühl, wenn jemand eine Karte hochhält?“
„Ein Bild“, berichtigte Clarissa. „Man hat ein Bild vor Augen.“
„Sie haben also ein ganz genaues Bild von der Karte, die ausgesucht wurde.“
„Nein, Mr Marshall. Das genaue Bild sehen Sie “, erklärte Clarissa geduldig und lächelte. „Ich vermute, Sie lesen viel?“
„Ja, natürlich.“
„Die Worte, die Sätze, lassen in Ihrem Kopf ein Bild entstehen. Ganz ähnlich ist es mit den Karten.“
„Ich verstehe.“ Sein Gesichtsausdruck ließ keinen Zweifel daran, dass er ihrer Antwort misstraute.
Perfekt reagiert, dachte David, der ihn genau beobachtete.
„Außersinnliche Wahrnehmung erfordert eine genaue Kontrolle der Vorstellungskraft und eine unglaubliche Konzentration“, fuhr sie unbeirrt fort.
„Gibt es wirklich Menschen, die diese Gabe haben?“
„Niemand weiß das genau, die Forschung liefert bisher keine eindeutigen Ergebnisse. Es gibt zwei Meinungen: Die einen glauben, außersinnliche Wahrnehmung könne erlernt werden, die anderen halten sie für eine angeborene Fähigkeit. Meine eigene Meinung liegt irgendwo dazwischen.“
„Das müssen Sie näher erklären.“
„Ich denke, jeder von uns hat die Fähigkeit, unerklärliche Dinge wahrzunehmen. Wie weit sie entwickelt ist, hängt von jedem Einzelnen ab. Die meisten Menschen ignorieren sie einfach, wieder andere spüren sie, wollen sie aber nicht zu las sen.“
„Sie haben unter Beweis gestellt, dass Sie übersinnliche Fähigkeiten haben. Wenn Sie erlauben, möchten wir den Zuschauern eine Kostprobe geben.“
„Gern.“
„Wir haben hier ein handelsübliches Kartenspiel. Einer unserer Mitarbeiter hat es heute Morgen gekauft, und Sie hatten es noch nicht in der Hand, nicht wahr?“
„Das stimmt. Ich bin keine Spielernatur.“ Halb entschuldigend, halb amüsiert lächelte sie. Der Regisseur war begeistert.
„Wenn ich jetzt eine Karte aus dem Stapel nehme …“ Alex zog eine Spielkarte aus der Mitte und hielt sie verdeckt. „… können Sie mir sagen, welche es ist?“
„Nein.“ Der
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