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Die Treibjagd

Die Treibjagd

Titel: Die Treibjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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habe.
    Langsam gingen die Vorhänge auseinander und gedämpft begann das Piano von Neuem den sinnlichen Walzer zu spielen. Ein Murmeln ward in dem Salon vernehmbar, die Damen neigten sich vor, die Herren reckten die Hälse, während sich die Bewunderung hier und dort durch ein zu laut gerathenes Wort, einen unbewußten Seufzer, durch ein ersticktes Lachen Bahn brach. Dies währte gute fünf Minuten, während die drei Kronleuchter ein blendendes Licht verbreiteten. Beruhigt lächelte Herr Hupel de la Noue behaglich über sein Werk. Er vermochte der Versuchung nicht zu widerstehen, den ihn umgebenden Personen zu wiederholen, was er seit einem Monate sagte:
    »Ich wollte Dies ursprünglich in Verse bringen ... Doch, nicht wahr, so nimmt es sich vornehmer aus?«
    Und während der Walzer seine endlosen, wiegenden Rythmen vernehmen ließ, lieferte der Autor die erforderlichen Erklärungen. Die Herren Mignon und Charrier waren dicht herangekommen und hörten ihm aufmerksam zu.
    »Sie kennen doch die den Bildern zu Grunde liegende Handlung, nicht wahr? Der schöne Narziß, Sohn des Flusses Céphisos und der Nymphe Liriope, verachtet die Liebe der Nymphe Echo ... Echo gehörte zum Gefolge der Juno, die sie mit ihren Erzählungen unterhält, während sich Jupiter in der Welt herumtreibt ... Echo, die wie Sie wissen, die Tochter der Luft und der Erde war ...«
    Und er that sich nicht wenig zugute auf seine Kenntniß der Fabel. Darauf fuhr er vertraulicheren Tones fort:
    »Ich glaubte meiner Phantasie freien Lauf lassen zu sollen ... Die Nymphe Echo führt den schönen Narziß zu Venus in eine unterirdische Grotte, damit ihn die Göttin durch ihr Feuer entflamme. Doch die Macht der Göttin erweist sich als wirkungslos und der junge Mann bezeugt durch seine Haltung, daß er nicht gerührt ist.«
    Die Erklärung war nicht überflüssig, denn nur wenige der in dem Salon anwesenden Personen verstanden den genauen Sinn der verschiedenen Bilder. Als der Präfekt halblaut die Personen beim Namen genannt hatte, bewunderte man aufrichtiger. Die beiden Herren Mignon und Charrier aber machten nach wie vor große Augen; sie hatten eben gar nichts verstanden.
    Auf der Estrade, zwischen den rothen Sammtvorhängen war eine Höhle dargestellt. Dieselbe bestand aus gespannter Seide, welche in große, gebrochene Falten gelegt war, die die Risse und Krümmungen des Felsens darstellten und mit Muscheln, Fischen und großen Wasserpflanzen bemalt waren. Der unebene Boden wölbte sich zu einem Hügel, der mit derselben Seide und einem feinen Sande bedeckt war, welchen der Dekorateur mit Perlen und Silberfäden bestreut hatte. Dies bildete den Aufenthaltsort der Göttin. Auf der Spitze des Hügels stand Frau von Lauwerens aufrecht als Venus; sie war ein wenig stark und trug ihr fleischfarbenes Tricot mit der Würde einer Fürstin des Olymp, die sich mit ihren strengen, verzehrenden Augen in den Dienst der Liebe stellt. Hinter ihr wurden der schelmisch lächelnde Kopf, Flügel und Köcher des liebenswürdigen Knaben Cupido sichtbar, den die kleine Frau Daste trefflich repräsentirte. An der Seite des Hügels sah man die drei Grazien, Frau von Guende, Teissiere und von Meinhold, die in weiße Mousseline gehüllt sich lächelnd umschlungen hielten, wie es in dem Bildwerke von Pradier zu sehen ist, während auf der anderen Seite die Marquise von Espanet und Frau Haffner, die von einer Wolke von Spitzen umgeben, sich an einander schmiegten, während ihr Haar wirr herabhing, eine gewagte Anspielung, eine Erinnerung an Lesbos bildeten, welche Herr Hupel de la Noue mit gedämpfter Stimme und nur den Herren erklärte, hinzufügend, daß er damit nur die Macht der Venus habe dokumentiren wollen. Am Fuße des Hügels stellte die Gräfin Vanska die Wollust dar; wie in höchster Verzückung lag sie da mit halbgeschlossenen Augen und erschlaffenden Gliedern. Sehr brünett, hatte sie ihr schwarzes Haar aufgelöst und ihre mit fahlem Flammenmuster gestreifte Tunika ließ stellenweise die heiße Haut sehen. Die Abstufung der Farben, vom Schneeweiß des Schleiers der Venus bis zum Dunkelroth der Tunika der Wollust, war eine glückliche, so daß ein gedämpfter rosenfarbener Ton, die Farbe lebenden Fleisches vorherrschte. Und unter den Strahlen des durch ein Fenster des Gartens sehr gewandt auf die Bühne geleiteten elektrischen Lichtes verschwammen Spitzen, Gaze, all' diese leichten, durchsichtigen Stoffe so innig mit den Schultern und Tricots, daß die rosig-weißen

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