Die Treibjagd
als Geliebte entzückend spielte, schmachtenden Tones. »Ich habe das Häuschen in Louveciennes gewählt und auch die Besitzurkunde durch seinen Bevollmächtigten erhalten ... Im Uebrigen haben wir mit einander gebrochen und ich empfange ihn nicht mehr.«
Luise besaß ein besonderes Talent solche Dinge zu hören und zu sehen, die vor ihr geheim bleiben sollten. Sie blickte den Baron Gouraud mit echt pagenhafter Kühnheit an und fragte dann Frau Michelin:
»Sie finden nicht, daß der Baron abscheulich ist?«
Und lachend fügte sie hinzu:
»Wahrhaftig! Man hätte die Rolle des Narziß ihm übergeben sollen. Er hätte sich in den apfelgrünen Tricots prächtig ausgenommen.«
Der Anblick der Venus und dieses wollüstigen Stück Olymps schien den alten Senator zu neuem Leben erweckt zu haben. Er machte ganz verzückte Augen und wendete sich halb zu Saccard, um diesem ein Kompliment zu machen. Inmitten des allgemeinen Stimmengewirrs, welches den Salon erfüllte, fuhren die ernsten Männer fort, über Geschäfte und Politik zu plaudern. Herr Haffner erwähnte, er sei soeben zum Präsidenten einer Jury ernannt worden, die in Sachen der Entschädigungen zu urtheilen haben werde. Nun glitt die Unterhaltung auf die öffentlichen Arbeiten von Paris hinüber und man sprach über den Boulevard du Prince-Eugéne, von welchem auch das große Publikum Kenntniß zu erhalten begann. Saccard erfaßte die Gelegenheit, um von einer ihm bekannten Person, einem Grundbesitzer zu sprechen, der ohne Zweifel expropriirt werden würde. Und dabei blickte er die Herren forschend an. Der Baron schüttelte langsam den Kopf, während Herr Toutin-Laroche die Kühnheit so weit trieb, zu sagen, daß es nichts Unangenehmeres gebe, als expropriirt zu werden, Herr Michelin stimmte ihm bei und blickte verliebten Auges sein rothes Bändchen an.
»Die Entschädigungen können niemals zu hoch gegriffen sein,« schloß Herr von Mareuil belehrend, da er Saccard angenehm sein wollte.
Sie hatten einander verstanden. Die Genossen Mignon und Charrier begannen über ihre eigenen Geschäfte zu sprechen. Sie gedachten sich demnächst zurückzuziehen und in Langres niederzulassen; in Paris würden sie blos ein Absteigequartier haben. Sie entlockten den Herren ein vielsagendes Lächeln, als sie erwähnten, daß sie, als der Bau ihres herrlichen Hôtels auf dem Boulevard Malesherbes vollendet war, dasselbe so schön fanden, daß sie der Lust, es zu verkaufen, nicht zu widerstehen vermochten. Ihre Diamanten bildeten offenbar den Trost, den sie sich vergönnt hatten. Saccard lachte gezwungen; seine ehemaligen Verbündeten hatten aus einem Geschäfte, in welchem er der Geprellte gewesen, ungeheuren Gewinn gezogen. Und da die Zwischenpause noch immer nicht zu Ende ging, wurde das Gespräch der ernsten Männer durch begeisterte Bemerkungen über den Busen der Venus und über das Kostüm der Nymphe Echo unterbrochen.
Endlich, nach einer guten halben Stunde kam Herr Hupel de la Noue wieder zum Vorschein. Er schwelgte in Siegestrunkenheit und die Unordnung seiner Toilette hatte weitere Fortschritte gemacht. Als er seinem Platze zusteuerte, begegnete er Herrn von Mussy. Er drückte ihm im Vorbeigehen die Hand, kehrte dann aber zurück, um ihn zu fragen:
»Sie haben das Scherzwort der Marquise nicht gehört?«
Und ohne seine Antwort abzuwarten, wiederholte er es ihm. Er würdigte die reizende Bemerkung immer mehr, er kommentirte dieselbe und sah in derselben den Ausdruck köstlicher Naivität. »Ich habe darunter noch ein viel hübscheres!« Es war das ein aus vollem Herzen kommender Aufschrei.
Herr von Mussy aber war nicht dieser Ansicht; er fand, die Bemerkung sei unschicklich. Er war soeben der englischen Botschaft zugetheilt worden, wo sein Chef ihm gesagt hatte, daß ein tadellos sittenstrenges Verhalten unerläßlich sei. Er verweigerte es, den Kotillon anzuführen, gab sich den Anschein, als wäre er ein alternder Mann und sprach auch nicht mehr über seine Liebe zu Renée, die er zeremoniell grüßte, wenn er ihr begegnete.
Herr Hupel de la Noue schloß sich der hinter dem Fauteuil des Barons stehenden Gruppe an, als das Piano einen Triumphmarsch anstimmte. Mächtige Akkordfolgen, die aus den Tasten herausgehämmert wurden, leiteten einen breiten Gesang ein. Nach jedem Satze nahm eine höhere Stimme denselben unter scharfem Accentuiren des Rythmus von Neuem auf, was sich heiter und unternehmend ausnahm.
»Sie sollen sehen,« murmelte Herr Hupel de la Noue;
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