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Die Treibjagd

Die Treibjagd

Titel: Die Treibjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Kostümeball abgehalten werden. Das große Ereigniß desselben aber würde das Poëm »Die Liebe des schönen Narcisse und der Nymphe Echo« bilden, welches die Damen in drei Bildern darstellen sollten. Der Autor des Poëms, Herr Hupel de la None, reiste seit einem Monate unablässig zwischen seiner Präfektur und dem Hôtel des Monceau-Parkes hin und her, um die Proben zu überwachen und seine Meinung über die Kostüme abzugeben. Er hatte sein Werk zuerst in Versen schreiben wollen, sich aber dann für lebende Bilder entschieden; dies sei vornehmer, sagte er und komme der schönen Antike näher.
    Die Damen schliefen gar nicht mehr. Einzelne unter ihnen änderten dreimal das Kostüm. Endlose Sitzungen wurden abgehalten, bei welchen der Präfekt den Vorsitz führte. Lange konnte man sich über den Darsteller des Narziß nicht einigen. Sollte derselbe durch eine Frau oder einen Mann dargestellt werden? Auf die dringenden Bitten Renée's wurde die Rolle Maxime übertragen; doch sollte er der einzige Mann sein und selbst da sagte Frau von Lauwerens, daß sie dies nicht zugeben würde, wenn »der kleine Maxime nicht wirklich das Aussehen eines jungen Mädchens hätte«. Renée sollte die Nymphe Echo darstellen. Die Frage der Kostüme aber war bedeutend schwieriger zu entscheiden. Maxime stand dem Präfekten tapfer bei, der einen schweren Stand mit den neun Frauen hatte, deren zügellose Phantasie die Reinheit der Linien seines Werkes arg gefährdete. Hätte er ihnen Gehör geschenkt, so würden seine Olympier gepudertes Haar gehabt haben. Frau von Espanet wollte um jeden Preis ein Schleppkleid haben, um ihre etwas großen Füße zu verbergen, während Frau Haffner davon träumte, sich in ein Thierfell einzuhüllen. Nun wurde Herr Hupel de la Noue energisch, einmal sogar etwas grob; er sagte, daß er seine ursprüngliche Idee, in Versen zu schreiben, nur aufgegeben habe, um in seinem Stücke »geistreich kombinirte Stoffe und die schönsten Gestalten zu verwenden«, die er finden könnte.
    »Der Gesammteindruck, meine Damen, ist die Hauptsache,« erwiderte er auf jede neue Forderung, mit welcher man an ihn herantrat; »Sie vergessen den Gesammteindruck. .. Und ich kann mein Werk nicht all' dem Flitter opfern, welchen Sie begehren.«
    Die Berathungen fanden in dem kleinen goldenen Salon statt. Ganze Nachmittage wurden daselbst zugebracht, um den Schnitt eines Röckchens festzustellen. Worms wurde den Berathungen wiederholt zugezogen. Endlich war Alles erledigt, die Kostüme vereinbart und die Stellungen einstudiert, – Herr Hupel de la Noue erklärte sich für zufrieden. Die Wahl des Herrn von Mareuil hatte ihm bedeutend weniger Schwierigkeiten bereitet.
    Der Beginn der lebenden Bilder war für eilf Uhr angesetzt. Um halb eilf Uhr war der große Salon voll und da hernach getanzt werden sollte, so saßen die kostümirten Damen auf den Fauteuils, die im Halbkreise um das improvisirte Theater standen, welches von einer Estrade gebildet wurde, deren rothe Sammtvorhänge mit goldenen Fransen über Stangen liefen. Hinter den Damen befanden sich die Herren, die ab- und zugingen. Um zehn Uhr waren die Dekorateure mit ihrer Arbeit fertig geworden. Die Estrade erhob sich im Hintergrunde des Salons, wo sie ein ganzes Stück desselben in Anspruch nahm. Durch das Rauchzimmer, welches den Darstellern als Foyer diente, gelangte man auf das Theater. Außerdem standen den Damen im ersten Stock mehrere Räume zur Verfügung, in welchen eine Armee von Kammerfrauen die für die verschiedenen Bilder erforderlichen Toiletten vorbereitete.
    Es war halb zwölf Uhr und noch regten sich die rothen Sammtvorhänge nicht. Ein allgemeines Gemurmel ward im Saale vernehmbar. Die Fauteuilreihen wiesen das merkwürdigste Gemisch von Marquisen, Schloßfrauen, Milchmädchen, Spanierinen, Schäferinen, Sultaninen und anderen Kostümen auf, während die kompakte Masse der schwarzen Fräcke sich gleich einem großen schwarzen Fleck neben diesem Meer von hellen, leuchtenden Stoffen und nackten Schultern ausnahm, die im Feuer der Brillanten doppelt verführerisch erschienen. Nur die Damen waren kostümirt. Schon begann es sehr warm zu werden; die drei angezündeten Kronleuchter ließen das blendende Gold des Salons scharf hervortreten.
    Endlich sah man Herrn Hupel de la Noue zu einer kleinen Oeffnung herauskommen, die man zur Linken der Estrade freigelassen. Seit acht Uhr Abends war er den Damen bei der Toilette behilflich. Auf seinem linken Rockärmel waren die

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